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Volume No. 79 (653-662), 19. November 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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Reihe von Jahren zu sichern. Im eigenen Interesse der Unternehmer 
liege eS nun, daß sie die Asphaltstraßen derartig herstellen, daß dieselben 
sich alS Fahrbahnen bewähren und sich durch sich selbst empfehlen. Ge 
schehe letztere«, dann sei es doch selbstverständlich, zumal ein Drängen 
der Bevölkerung nach geräuschlosem Pflaster unverkennbar sei, daß von 
Jahr zu Jahr immer mehr Straßen aSphaltirt werden, und dann sei 
eine BertragSbestimmung, welche dies ausdrücklich ausspricht, mindestens 
überflüssig. 
Der Antrag ad b., betreffend die Aufstellung einer Scala für die 
Reparaturkosten, wurde damit begründet, daß in den ersten Jahren nach 
Ablauf der fünfjährigen Untcrhaltungsfrist nur geringfügige Reparaturen 
vorkommen könnten, denen gegenüber eine Entschädigung von 30 pro 
Quadratmeter vollkommen genüge, wogegen mit der zunehmenden Re- 
paraturbedürstigkeit der Straßen auch die Höhe der Entschädigung wachse. 
Durch ein derartiges Verfahren werde da« Interesse der Stadtgemcinde 
dem Unternehmer gegenüber besser gewahrt, als bei der Zahlung einer 
alle Jahre hindurch gleichen Entschädigung von 50 /$ pro Quadratmeter. 
Für den Antrag «6 c. auf Annahme der Maglstratsvorlage wurde 
angeführt, daß daraus Nachtheile für die Commune nicht entstehen könnten, 
indem nach §. 10 des Vertragsentwurfs der Bauverwaltung das Recht 
zustehe', schlimmsten Falls von diesem Vertrage nach vorausgegangener 
einjähriger Kündigung zurückzutreten. Aber auch sachlich könne die Vor 
lage begründete Bedenken nicht hervorrufen, da das Asphaltpflaster sich 
sowohl in der ersten Anlage, als in der Unterhaltung billiger stelle, als 
Steinpflaster. 
Nach der Mittheilung des Herrn Stadtbauraths betragen nämlich, 
wenn man einen Zeitraum von 20 Jahren der Berechnung zu Grunde 
legt. die Kosten für Herstellung und Unterhaltung bei einem Steinpflaster 
I. Klasse pro Quadratmeter 36 c/fi, bei dem Asphaltpflaster dagegen 
pro Quadratmeter nur 25 
Hiernach glaubte die Majorität des Ausschusses die Annahme des 
Magistratsantrages um so mehr empfehlen zu können, als die Anlage 
von Asphaltstraßen den Wünschen der Bevölkerung am meisten entspricht, 
die Reparaturen dieser Straßen mit den geringsten Verkehrsstörungen 
verbunden sind und deren Reinigung am leichtesten und ordnungsmäßig 
sten auszuführen ist. 
Gegen die Hinzufügung der Bedingung, daß die Reparaturen mög 
lichst nur des Nachts ausgeführt werden sollen, wurde ein Widerspruch 
nicht erhoben, der bezügliche Antrag vielmehr allerseits empfohlen. 
Der Ausschuß beantragt sonach, wie folgt zu beschließen: 
Die Versammlung erklärt sich mit den vorliegenden Bedin 
gungen, betreffend die Unterhaltung des Asphaltpflasters auf 
den Fahrdämmen der hiesigen öffentlichen Straßen und Plätze, 
einverstanden und ermächtigt den Magistrat, auf Grundlage 
dieser Bedingungen, welchen noch die weitere Bedingung hin 
zuzufügen ist, daß die Reparaturen möglichst nur des Nachts 
ausgeführt werden, mit den Unternehmern von Straßcndamm- 
Asphaltirungen Verträge über die Unterhaltung der von ihnen 
ausgeführten resp. auszusührenden Arbeiten abzuschließen. 
Zum Berichterstatter ist der Stadtverordnete Krause gewählt wor 
den. Der Druck der Protokolle wurde beschlossen. 
. V. w. o. 
gez. Krause. 
«34. Protokoll des Ausschusses zurPrüfang der Rechte 
und Pflichten der Grundeigenthümer in An 
sehung der Bürgersteige. 
I. 
Verhandelt Berlin, den 21. October 1881. 
Anwesend: 
Stadtverordneter Scheiding, Vorsitzender, 
- Schultz II., 
- Meyer, 
- Fessel, 
- Langenbucher, 
- Teichert, 
- Bertheim, 
- Jacobs, 
- Geiter, 
- Diersch, 
- Gericke II. 
Herr Stadffyndicus, Stadtrath Zelle. 
Es fehlen: 
Herr Stadtverordneter Misch, entschuldigt, 
- - vr. Horwitz, entschuldigt, 
- - Namslau, entschuldigt, 
- - Gerth, durch eine Sitzung der Kanalisations 
Deputation am Erscheinen behindert. 
Am Beginn der heutigen Sitzung wurde zunächst sowohl von den, 
Referenten des Ausschusses, als auch von dem anwesenden SyndicuS die 
juristische Seite de« Antrages des Stadtverordneten Schulz I. und Ge 
nossen vom 19. Mai cr. beleuchtet und dabei namentlich hervorgehoben, 
daß nach dem Wortlaut des ß. 81 Th. I. Titelst des Allgemeinen Land 
rechts der Hausbesitzer nicht der Eigenthümer des Bürgersteiges sei, ihm 
vielmehr nur ein beschränktes Nutzungsrecht desselben, und zwar als 
Aequivalent für die Verpflichtung zur Unterhaltung des Pflasters, zustehe. 
Diese Ansicht habe das Königliche Obertribunal seit langen Jahren 
in verschiedenen Erkenntnissen übereinstimmend festgehalten und zur Gel 
tung gebracht, und insbesondere führe die unterm 17. Juli 1863 er 
gangene Entscheidung des genannten höchsten Gerichtshofes aus, daß der 
Bürgersteig zur Straße gehöre,^ aber nicht Pertinenz der Häuser sein 
müsse, daß der Eigenthümer der Straße voraussetzlich auch der des Bürger 
steiges sei, und daß von dem Hausbesitzer nur dann das Eigenthum des 
Bürgersteiges prätendirt werden könne, wenn er im Stande wäre, dessen 
Erwerb mittelst besonderen Titels nachzuweisen. 
In gleichem Sinne hätten sich verschiedene Ministcrialrescriptc aus 
gesprochen. 
Nach der Ansicht des Obertribunals (Erk. vom 11. November 1869) 
sei die Pflicht zur Unterhaltung des Bürgersteiges seitens des Hauseigen- 
thümerS nicht abhängig von der ihm factisch gewährten Nutzung desselben, 
sondern die landrechtliche Bestimmung setze die Unterhaltungspflicht des 
Eigenthümcrs ohne Weiteres voraus. 
Nach diesen Rechtsaussührungen wurde vom Vorsitzenden die all 
gemeine Discussion eröffnet. 
Die Verpflichtung der Grundstücksbesitzer zur Anlegung des Bürger 
steiges wurde mit Rücksicht auf die thatsächlichen Verhältnisse, insbesondere 
mit Rücksicht daraus, daß die vorschriftsmäßige Anlegung der Bürger 
steige in der Stadt fast vollendet sei, keiner Erörterung unterzogen. 
Dagegen entspann sich über die Verpflichtung zur Unterhaltung 
der Bürgersteige eine längere und lebhafte Debatte. 
Allseitig war man der Meinung, daß, wenn auch die heute noch zu 
Recht bestehende Bau-Polizeiordnung vom 12. April 1853 im §. 100 
bestimme: 
„Jeder Grundbesitzer hat den Bürgersteig vor seinem Grund 
stücke einschließlich des Rinnsteines nach näherer Anweisung der 
Polizeibehörde zu pflastern und das Pflaster zu unterhalten," 
gegenwärtig doch ganz veränderte Verhältnisse obwalten. 
Während früher zur Legung der Gas- und Wasserröhren, der Tele 
graphen rc. der Straßendamm benutzt wurde, gebrauche man zu diesem 
Zwecke, zur Schonung des Pflasters und um Verkehrsstörungen zu be 
seitigen resp. zu beschränken, jetzt den Bürgersteig, der von der Stadt 
gemeinde auf Grund ihres Eigenthumsrechtes ohne Weiteres und ohne 
erst die betreffenden Grundstücksbesitzer zu fragen, dazu in Anspruch ge 
nommen werde. 
Da dies Benutzungsrecht auch der englischen Gasgesellschaft ein 
geräumt worden sei und die Stadt dafür eine nicht unbedeutende Ein 
nahme erziele, da ferner das Nutzungsrecht des Hauseigenthümers ein 
kaum nennenswerthes wäre, der Bürgersteig aber dem allgemeinen Ver 
kehre ebenso diene, wie der Straßendamm, so erfordere es, wenn auch 
eine besondere gesetzliche Verpflichtung dazu nicht existiren sollte, doch die 
Billigkeit und die Gerechtigkeit, daß die Stadtgemcinde die Hausbesitzer, 
nachdem dieselben den Bürgersteig ordnungsmäßig hergestellt haben, von 
der ferneren Verpflichtung zur Unterhaltung befreie und diese Unterhal 
tung selbst übernehme. 
Hierdurch würde auch der ganz ungerechtfertigte Zustand beseitigt 
werden, daß in jedem einzelnen Falle, wenn es sich um die ordnungs 
mäßige Wiederherstellung des Bürgersteiges nach vorausgegangener Be 
nutzung desselben zur Legung von Röhren rc. handelt, der Hauseigen 
thümer in erster Linie von der Polizei dazu angehalten wird. 
Es wurde auch auf den Uebelstand hingewiesen, daß ohne Genehmi 
gung des Hauseigenthümers nicht nur der Bürgersteig von den Behörden, 
sondern auch von Privaten zur Aufstellung von Marktbuden und der 
gleichen benutzt und beschädigt werde. Wenn auch zweifellos der Eigen 
thümer ein Regreßrecht gegen den Schädiger habe, so sei dieses Recht 
doch nur ein illusorisches; in vielen Fällen werde er um so weniger wissen, 
von wem die Beschädigung verursacht sei, als dieselbe in der Regel erst 
nach Monaten erkennbar werde. 
Endlich wurde zur rechtlichen Begründung des Anspruchs auf Unter 
haltung des Bürgersteiges durch die Commune die Bestimmung des Ge 
setzes vom 2. Juli 1875: 
„Zu einer Straße im Sinne dieses Gesetzes gehört der 
Straßendamm und der Bürgersteig" 
herangezogen. 
Einem Vorschlage: 
„in die neue Baupolizeiordnung, deren Emanation bevorstände, 
die Unterhaltungspflicht der Commune aufzunehmen", 
wurde nicht beigetreten, vielmehr empfiehlt der Ausschuß der Versamm 
lung folgende Beschlußfassung: 
Die Stadtverordneten-Versammlung erachtet es für an 
gemessen, daß die Stadtgemeinde die Unterhaltung der ord 
nungsmäßig hergestellten Bürgersteige übernimmt, und ersucht 
den Magistrat um eine entsprechende Vorlage.
	        
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