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Mitteln, und hat die Königliche Direction der Stadteisenbahn mit Rück
sicht auf die in Aussicht stehende Bctriebseröffnung der Bahn den Vor
schlag gemacht, daß die Stadtgemeinde den vorbezeichneten Theil der
Parallelstraßc mit von der Stadteisenbahn vorzuschießenden Geldmitteln
schleunigst regulire, pflastere und entwäffere. Die in dieser Beziehung
geführten Verhandlungen haben zu dem Resultat geführt, daß die König
liche Direction der Stadteisenbahn mit Ermächtigung des Herrn Mi
nisters der öffentlichen Arbeiten sich bereit erklärt hat, die Kosten der
Herstellung der qu. Straßenstrecke zinsfrei vorzuschießen, auch die Kosten
der Unterhaltung bis zur Uebernahme der Straße in die städtische Unter
haltung zu tragen, beziehungsweise zu erstatten. Diese Uebernahme, sowie
die Erstattung der Herstellungskosten soll erfolgen spätestens sobald die
Stadtgemeinde die Parallelstraße bis zur Kaiser Wilhelmstraße weiter
regulirt, jedoch soll die Stadtgemeinde, sofern sie schon vor der Weiter
führung der Straße bis zur Kaiser Wilhelmstraße in der Lage ist, von
einzelnen Adjacenten ortsstatutarische Beiträge zu den Kosten der ersten
Straßenanlage zu verlangen, diese Beittäge auf den seitens der Stadt-
eisenbahn zu leistenden Vorschuß abführen. Die Direction der Stadt
bahn hat hierbei vorausgesetzt, daß in die seiner Zeit zu erstattenden
Herstellungskosten der Straße auch eine angemeffene, später zu verein
barende Entschädigung für das in die Parallelstraße fallende, von der
Stadteisenbahn erworbene Terrain von ca. 3,« a eingerechnet werde.
Da nach §. 4 des Eingangs gedachten Vertrages über die Zu
schüttung des Königsgrabens die Stadteiscnbahnverwaltung nicht ver
pflichtet ist, zu den durch die Ausführung der Parallelstraße entstehenden
Kosten beizutragen, während andererseits die Stadtgemeinde sich den Zeit
punkt der Ausführung vorbehalten hat, die baldige Herstellung des be-
regten Straßentheils aber nicht allein im Jntereffe der Stadtbahn liegt,
sondern hieran offenbar auch die Stadtgemeinde ein lebhaftes Jntcresie
hat, so erscheint es wünschenswerth, auf den annehmbaren Vorschlag der
Königlichen Direction der Stadteisenbahn einzugehen.
Das Verlangen dieser Behörde auf spätere Zahlung einer Entschädi
gung für das in die Straße fallende eisenbahnfiscalische Terrain von
circa 3,4« a, dessen Lage aus anliegender Skizze ersichtlich ist, erachten
wir für völlig gerechtfertigt, da nach dem Ortsstatut die Herstellungs
kosten der Straße sich nicht nur aus den Kosten für die Regulirung,
Pflasterung und Entwäfferung zusammensetzen, sondern zu denselben
auch noch die Kosten für die Erwerbung des Grund und Bodens zu
rechnen sind.
Die Direction der Stadtbahn ist übrigens damit einverstanden, daß
die Feststellung des Werthes des qu. Terrains späterer Vereinbarung
vorbehalten bleibt, und hat in dieser Beziehung schon jetzt bemerkt, daß
sie davon Abstand nehme, den ihrerseits gezahlten Kaufpreis in Anrech
nung zu bringen, sie sich vielmehr mit einer angemeffenen Entschädigung
begnügeu wolle.
Wir beabsichtigen, die in Rede stehende Straßenstrecke mit Steinen
II. Klaffe auf Steinunterbcttung zu pflastern und sind die hierdurch,
sowie die durch die erste Einrichtung und Entwäfferung entstehenden Kosten
in dem abschriftlich anliegenden Kostenüberschlage auf zusammen 82 000 JC.
berechnet.
Die Stadtverordneten-Versammlung ersuchen wir daher, zu beschließen:
„Die Stadtverordneten-Versammlung erklärt sich damit ein
verstanden, daß die für die erste Einrichtung, Pflasterung und
Entwäfferung der Parallelstraße längs der Stadteisenbahn von
der Königsbrücke bis zur südlichen Ecke des Garnisonlazareths
erwachsenden und von der Königlichen Direction der Stadt
eisenbahn zinsfrei vorzuschießenden Kosten, einschließlich der
späterer Vereinbarung vorbehaltenen Entschädigungssumme für
das in die Straße fallende eisenbahnfiscalische Terrain von ca.
3,46 a, der Königlichen Stadtbahndirection erstattet werden spä
testens, sobald die Parallelstraße längs der Stadtbahn bis zur
Kaiser Wilhelmsiraße weiter regulirt wird; während die etwa
früher bereits von Adjacenten ortsstatutarisch zur Erstattung ge
langenden Bettäge alsbald nach dem Eingänge an die König
liche Stadtbahndirection abzuführen sind.
Mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Angelegenheit ersuchen wir
um schleunige Beschlußfaffung.
Berlin, den 18. Juni 1881.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
412. Protokolle deS Ausschusses zur Dorberathung
der Vorlage des Magistrats, betreffend die Er
richtung einer Markthalle in Verbindung mit
der Haltestelle Königsbrücke—Kaiser Wilhelm
stratze der Berliner Stadteisenbabn.
Anwesend:
Stadtverordneter Ur. Stryck, Vorsitzender,
- vr. Kürten, Vorsitzender Stellvertreter,
- l)r. Langerhans,
- Matthes,
- Büchtemann,
- Wienstruck,
- Loewe,
« Rumschoettel,
- Jacobs,
- Frentzel und
- Gertb.
Nicht anwesend:
Herr Stadtverordneter vr. Pflug,
. - Scheiding,
- - Diersch und
. - Talke.
Von Seiten des Magistrats waren anwesend:
Herr Stadtsyndicus, Stadtrath Eberty,
- Stadtbaurath Blankenstein,
- Stadtrath vr. Stört.
I.
Verhandelt Berlin, den 17. Juni 1881.
Dem durch Beschluß der Stadtverordneten-Versammlung vom gestrigen
Tage eingesetzten Ausschüsse zur Vorberathung obiger Vorlage, sind auch
die folgenden, aus der Mitte der Versammlung hervorgegangenen Anträge
zur Erwägung überwiesen:
1. des Stadtverordneten vr. Pflug:
a) ob es zweckmäßig erscheint, für die projectirte Markthalle die
Verbindung einer Central- mit einer Detail-Markthalle auf
recht zu erhalten, und
b) ob und welche Gründe etwa dafür sprechen, für die erstere
eine selbstständige Ausfübrung an einer anderen Stelle in
Aussicht zu nehmen und die Markthallenanlage an der
Königsbrücke auf eine Detail-Markthalle, vielleicht verbunden
mit einer großen Flcischverkaufshalle, zu beschränken;
2. die Anträge der Stadtverordneten Scheiding und vr. Kürten,
von denen Ersterer beantragt:
die Miethung der Viaductbögen der Stadteisenbahn in Ge
mäßheil des .Magistratsantrages, aber nur auf 5 Jahre, zu
genehmigen,
und Letzterer beantragt, dem Magistratsantrage hinzuzufügen:
„jedoch unter der Bedingung, daß der für das Unternehmen
erforderliche regelmäßige Eisenbahnverkehr in dem abzuschließen
den Vertrage gesichert wird.
Nachdem der Vorsitzende die Sitzung eröffnet hatte, wurde zunächst
in eine Generaldiscussion über die gesammte Vorlage eingetreten.
Einstimmig war man der Ansicht, daß es nunmehr endlich Zeit sei,
mit der Etablirung von Markthallen vorzugehen, und wurden folgende
Fragen im Laufe der Discussion des Näheren erörtert:
1. Welche Bedeutung hat die Errichtung einer Markthalle im An
schluß an die Eisenbahn?
2. Erscheint es zweckmäßig, die Verbindung der Central-Markthalle
mit einer Detail-Markthalle aufrecht zu erhalten?
3. Wie stellt sich die finanzielle Seite der Vorlage?
In Bezug auf Punkt 1 gab man der Ansicht Raum, daß, wenn
man überhaupt Markthallen errichte, es selbstredend nothwendig sei, diese
einer Eisenbahn anzuschließen, da ohne eine solche Verbindung die wün-
schenswerthe bessere Erschließung des gesummten Productionslandes für
den Lcbensmitteltransport nicht möglich, auch die Zufuhr gewisser, höchst
nothwendiger Artikel, die einen schleunigen Transport bedingen, wie be
stimmte Gemüsearten, Geflügel und namentlich Seefische, in Frage ge
stellt sei. Der angeregte Zweifel, ob auch die Stadteisenbahn einen den
Verhältnissen entsprechenden Transport werde bewältigen können, wurde
nicht getheilt, dagegen wurde von einer Seite verlangt, daß ein regel
mäßiger Eisenbahnverkehr contractlich durch Feststellung der Zeit und
des zuzuführenden Quantums gesichert werden müsse, wohingegen von
einer anderen Seite behauptet wurde, daß es der Abschließung eines be
sonderen Contracts in keiner Weise bedürfe, vielmehr das von dem Mi
nister in dem Recript vom 23. April cr. ausgesprochene Entgegenkommen
vollständig genüge, zumal bei dem Mangel jeglicher Erfahrung, in welcher
Weise und in welchem Umfange der Verkehr sich entwickeln wird, jeder
Anhalt zu den etwaigen Bedingungen deS Contracts fehle. Auch das
eigene pecuniäre Interesse erheische es, daß seitens der Eisenbahnvcr-
waltung dem Unternehmen nichts in den Weg gelegt werde.