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Volume No. 51 (346-350), 30. Mai 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

33«» 
347. Lchluffprotokoll des Ausschuffes zur Vor 
berathunfl der Vorlage, betreffend die Her 
stellung von «« überwölbten FilterbaffinS auf 
den Grundstücken der städtischen Wafferwerke zu 
Tegel (cfr. Drucksache 307). 
Verhandelt Berlin, den 27. Mai 1881. 
Anwesend: 
Stadtvcrordneten-Vorsteher Or. Straßmann, Vorsitzender, 
Stadtverordncten-Vorsteher-Stellvertreter l>r. Virchow, 
Stadtverordneter vr. Kürten, 
- vr. Hermes. 
- Fritze, 
- Scheiding, 
. Reichnow, 
- Namslau, 
- Grabö, 
- vr. Langerhans, 
- Salze. 
- vr. Schultz I., 
- Rumschoettel, 
- Gerth. 
Herr Stadtrath Haack als Magistratscommissarius. 
Es fehlte: 
Herr Stadtverordneter Zippel. 
Am Beginn der heutigen Sitzung theilte der Vorsitzende mit, daß 
er die von den Sachverständigen, den Herren Professor vr. Bereu dt, 
vr. Bischofs und Professor vr. Finken er, eingegangenen schriftlichen 
Gutachten habe drucken und die betreffende Druckvorlage 337 den Mit 
gliedern des Ausschusses habe zusenden lassen. Herr Baurath Ho brecht 
habe ein besonderes schriftliches Votum seinerseits nicht mehr für erforder 
lich erachtet, da dasjenige, worauf eS ihm wesentlich ankomme, in den 
stenographischen Berichten (Drucksache 307) enthalten sei. Herr Director 
Gill habe die im Ausschuß ausgeworfene Frage: 
Warum sind die Abessynier nicht tiefer als 22 m angelegt 
worden? 
welche gelegentlich der Anwesenheit der Sachverständigen nicht zur Be 
sprechung gelangt sei, schriftlich beantwortet, doch müsse er dazu bemerken, 
daß Herr Gill die Frage nicht so aufgefaßt zu haben scheine, wie sie 
emeint gewesen sei. Der Fragesteller habe nämlich wissen wollen, wcs- 
alb die für die neueren Untersuchungen angelegten Abessynier, nicht die 
den einzelnen Tiefbrunnen angehängten Abessynier, nicht tiefer gesenkt 
worden seien. Dieses Schriftstück befinde sich unter Nr. IV. der Druck 
sache 337. Ucberdies seien die stenographischen Berichte über die unter 
Zuziehung von Sachverständigen gepflogenen Verhandlungen des Aus 
schusses (Drucksache 307) bereits vor einiger Zeit sämmtlichen Mitgliedern 
der Versammlung zugestellt worden und sei mithin der Ausschuß im Besitz 
des gesammten vorhandenen Materials. 
Ferner machte der Vorsitzende Mittheilung von zwei, in der Vofsi- 
schen Zeitung vom 8. resp. 18. Mai er. enthaltenen Artikeln, über 
schrieben: „Die Filterbassins der Tegeler Wasserwerke*. Der erste dieser 
Artikel schließt folgendermaßen: 
Der Vorschlag, von der Erbauung der in Anlage und Be 
trieb so kostspieligen Filterbassins vorläufig noch Abstand zu 
nehmen, und eine Beseitigung der bisherigen Uebelstände in 
Tegel dadurch zu bewirken, daß das Grundwasser aus metalle 
nen Rohrbrunnen entnommen und in einer der Gesundheit 
zuträglichen Temperatur den Consumenten zugeführt wird, ist 
nach dem Gesagten einer ernstlichen Prüfung durch Ausführung 
eines oder mehrerer Bersuchsbrunnen wohl werth und es möchte 
sich wohl empfehlen, diese Versuche erst anzustellen, ehe man 
eine definitive Entscheidung in dieser für Berlin so wichtigen 
Frage trifft; — 
der andere, von dem Director der städtischen Wafferwerke, Henry Gill, 
unterzeichnet, dagegen: 
In dem Tegeler See ist daher für eine unabsehbare Zeit 
eine sichere und geeignete Quelle für die Wasserversorgung von 
Berlin gefunden, weil das Wasser desselben nach vorgenomme 
ner Filtration die nöthigen Eigenschaften besitzt, um allen An 
forderungen der Einwohnerschaft gerecht zu werde». Im Gegen 
satze zu der Ansicht, welche in dem Artikel in der Vossischen 
Zeitung und in dem Wochenblatte für Architekten geäußert 
worden ist, dürfte es sich empfehlen, die Erbauung der Filter 
nicht länger auszusetzen. 
Schließlich erwähnte der Vorsitzende noch eines Schreibens des 
Stadtverordneten Alfieri, mit welchem derselbe eine Flasche, enthaltend 
stark verunreinigtes Wasser aus dem Hause Kronenstr. 24, übersandt hat, 
und in welchem die Frage aufgeworfen ist, ob, wenn an Stellen des 
Rohrnetzes selbst solche Neubildungen stattfinden, dann nicht auch später 
das aus neuen Filtern stammende reine Wasser an solchen Stellen ver 
unreinigt werden könne? 
Bei der sodann eröffneten Diskussion wurde vielfach auf die Aus- 
laffnngen der Sachverständigen zurückgegriffen und dabei von der einen 
Seite die Ansicht vertreten, daß über die Entstehung der Crenothrix 
gegenwärtig noch eine ebensolche Unklarheit herrsche, wie vor zwei Jahren. 
Nach der Ansicht des Professors vr. Berendt lebe die Crenothrix weder 
im Grundwasser des Bodens, noch sei sie in Sporen innerhalb des Bo- 
dens ursprünglich vorhanden, und gegen die Annahme, daß sie durch die 
Luft den Brunnen zugeführt sei, spreche sich wieder der vr. Zopf in 
seinem Gutachten aus, weil ihr specifisches Gewicht dazu zu schwer sei. 
Woher komme die Crenothrix also denn und wie vermehrt sie sich? Darüber 
eben sei Zuverlässiges noch nicht ermittelt worden durch die vielfachen 
bisherigen chemischen und mikroskopischen Untersuchungen und werde des 
halb zur Erlangung einer positiven Grundlage, wenn anders die ursprüng 
liche Absicht, der Bürgerschaft ein gutes Trinkwasser zu liefern, aufrecht 
erhalten werden solle, nichts weiter übrig bleiben, als noch andere Ex 
perimente vorzunehmen, auch stehe nicht absolut fest, daß durch Filter eine 
Algenwucherung völlig ausgeschlossen werde. 
Indem nun von dieser Seite an der Hoffnung festgehalten wurde, 
doch noch ein reines Brunnenwasser zu erschließen, wozu das Gutachten 
des Professors vr. Berendt berechtige, wurde der Antrag gestellt, in der 
Nähe der Reservoire auf dem Charlottenburger Plateau 5 bis 6 Abessinier 
einzulassen, das Wasser aus denselben in ein Reservoir zn leiten und 
dasselbe sowohl der Qualität, als der Quantität nach auf das Genaueste 
untersuchen zu lassen. 
Auf der anderen Seite konnte man sich von weitergehenden Experi 
menten keinen Erfolg versprechen, wobei wiederholt ein großer Werth aus 
die Aeußerung eines Sachverständigen gelegt wurde, daß, wenn Wasser 
in großen Mengen mit großer Kraft und Geschwindigkeit aus einem 
Brunnen entnommen wird, es nicht möglich sei, die Wasser der einzelnen 
Schichten von einander zu trennen, die Tiefe möge sein, wie sie wolle, 
es sei denn, daß eine undurchlässige Schicht dazwischen liegt. In der 
ersten Zeit habe das Waffer aus den Tegeler Tiefbrunnen auch keine 
Veranlassung zu Klagen gegeben, nachdem jedoch in Folge der starken 
Inanspruchnahme der Brunnen das Wasser aus entfernteren Schichten 
habe herbeigezogen werden müssen, sei die Algencalamität hervorgetreten. 
Dasselbe könne auch möglicherweise bei neuen Brunnen auf dem Char 
lottenburger Plateau eintreffen, denn Niemand sei zu ermessen im Stande, 
ob sich im dortigen Untergründe eine undurchlässige Schicht vorfinden 
wird, welche das aus weiteren Gegenden zuströmende Grundwaffer von 
dem Oberwasser trennt. Durch die Stralauer Werke werde nun ein 
immerhin zufriedenstellendes Wasser, welches sich auch zu vielen gewerb- 
lichen Zwecken eigne, geliefert, dort sei der Beweis geführt, daß ein 
stark verunreinigtes Wasser durch Filter genießbar hergestellt werden kann. 
Neue Versuche, wenn sie ein greifbares Resultat erzielen sollen, müßten 
doch längere Zeit fortgesetzt werden, dieselben könnten aber ebenso gut ein 
negatives Resultat gewähren und dann seien Zeit und Geld unnütz ge 
opfert worden. 
Herr Stadtrath Haack kennzeichnete, wie bei den früheren Verhand 
lungen, so auch heute wieder den Standpunkt des Magistrats zu der 
vorliegenden Angelegenheit dahin, derselbe sei der Ueberzeugung, daß die 
sowohl von Fabrikanten, wie von Haushaltungsvorstehern eingehenden 
Beschwerden von solchem Belang seien, daß den übernommenen Ver 
pflichtungen gegenüber, nämlich ein Wasser zu liefern, welches nicht nur 
als Trinkwasser zu verwenden ist, sondern zu allen Zwecken, zu denen 
die Abnehmer es eben verwenden wollen, die Nothwendigkeit der Abhilfe 
unbedingt erforderlich sei. 
Wenn nun berücksichtigt werde, daß Sachverständige zur Anlage von 
Filtern rathen in der Ueberzeugung, dadurch zweifellos ein reines Wasser 
zu erhalten, andererseits aber neue Versuche von längerer Dauer sein 
müßten, um daraufhin mit neuen definitiven Einrichtungen vorgehen zu 
können, alle diese Versuche indessen nach den bisherigen Erfahrungen proble 
matischer Natur sein möchten, so dürfe man sich der Ansicht nicht ver 
schließen, daß endlich dasjenige zur Ausführung gebracht werde, w.,s allein 
die positive Gewißheit zur Beseitigung der Algencalamität gewähre, näm 
lich die Anlage von Filtern. 
Im weiteren Verlauf der Discussion wurden verschiedene neue Unter 
suchungen in Vorschlag gebracht und erfolgte über sämmtliche hierauf be 
zügliche Anträge am Schluß der Verhandlung die Abstimmung. Das 
Resultat derselben geht dahin, daß der Ausschuß in seiner Majorität der 
Versammlung folgende Beschlußfassung empfiehlt' 
Die Versammlung setzt die Beschlußfassung über die Vor 
lage des Magistrats vom 4. April cr. (Drucksache 236), be 
treffend die Herstellung von 10 überwölbten Fillerbassins, sowie 
einer mechanischen Sandwäsche auf dem Grundstücke der städti 
schen Wasserwerke zu Tegel, für jetzt aus Dagegen ersucht die 
Versammlung den Magistrat, zu veranlassen, daß 
1. die sämmtlichen Tegeler Tiefbrunnen, sowie die Reservoire in 
Tegel und Charlottenburg dauernd durchlüftet, 
2. auf dem Charlottenburger Plateau bei der dortigen Wasser- 
werksanlage, in angemessener Entfernung von einander, 
5 Abessinier eingesenkt, dieselben in Bezug aus ihre Aus 
giebigkeit einer genauen Prüfung unterworfen und deren 
Wässer, zum Zweck einer fortgesetzten chemischen und mikro 
skopischen Untersuchung, in ein Reservoir zusammengeführt,
	        
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