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Volume No. 15 (109-111), 14. Februar 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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daß es ferner sich empfiehlt: 
diese Punkte so einzurichten, daß die Waare und Käufer wie 
Verkäufer vor der llnbill der Witterung geschützt, so rasch 
und sicher als möglich in Verkehr kommen können. Wenn 
dieser Verkehr ferner sich so direkt als möglich zwischen beiden 
Theilen und mit den möglichst geringsten Transport- und 
speciell auch Umladungs- und sonstigen Speditionsgebühren 
— welche zuletzt immer auf den Consumenten fallen — 
vollzieht; wenn ferner der Versender der Waare die möglichste 
Sicherheit für Absatz wie rasche Uebermittelung des erzielten 
Marktpreises genießt, so kann hier eine Sachlage geschaffen 
werden, welche dem Verbraucher ebenso wie dem Producenten 
zu Gute kommt 
Einer zur Erreichung dieser Zwecke zu begründenden städtischen An 
lage wird durch dieses zusammentreffende Interesse jener beiden haupt 
sächlichen Factoren, das Maß von Verzinsung und Amortisation 
des aus städtischen Mitteln aufgewendeten Capitals, gesichert sein. Soscrn 
der Stadtkasse nicht Einnahmen aus solcher Anlage zufließen sollten, — 
was nach den Erfahrungen anderer Orte wir nicht für ausgeschlossen 
trachten dürfen, — so ist doch die Mehrbelastung der Steuerzahler durch 
derartige Marktanlagen nicht zu besürchten. 
Andererseits haben — und dies halten wir für einen gleich wichtigen 
Erwägungsgrund —, sofern die gedachten Voraussetzungen zutreffen, der- 
artig organisirte und also durch das ganze Prvdiictionsland versorgte 
Märkte der Großstadt auf eine angemessene und naturgemäße Negulirung 
der Preise der Lebensmittel stets eingewirkt und werden also auch bei uns 
den gleichen Eriolg herbeiführen können. 
Ten vermittelnden Factor zwischen den angedeuteten ersten Voraus 
setzungen bildet nun aber unzweifelhaft der Transport der Lebensmittel. 
Je nach der Schnelligkeit, je nach den Kosten und der Organisation 
desselben werden jene Voraussetzungen für den Producenten, wie den 
Consumenten sich um so günstiger erfüllen, je mehr durch die Vermit 
telung des Transportes mit möglichst leichter Entladung auf den Markt 
noch der rasche und sichere Verkauf der zu Markt gebrachten Waare zum 
wirklichen, möglichst von Nebenspesen freien Marktpreise sich vollzieht. In 
letzterer Beziehung ist die jetzt für Ende dieses Jahres in sicherer Aus 
sicht stehende bauliche Vollendung und Betriebscrösinung der Stadt- 
eisenbahn ein Factor von eminentester Bedeutung. 
In keiner anderen Großstadt — von London abgesehen — befindet 
sich ein ähnliches, dem obengedachlen Zwecke gleich günstig dispo- 
nirtes und ausgeführtes Unternehmen Die Central-Markthalle von 
Paris sollte in directe Verbindung mit einem der in die Stadt einmün 
denden Bahnhöfe gebracht werden. Die unter den Hallen befindlichen 
Keller wurden deshalb beim Bau der Anlage für eine Schienenanlage 
und Güterwagen in entsprechender Weite und Höhe ausgeführt. Allein 
die beabsichtigte Verbindung der Central-Markthalle mit der Eisenbahn 
unterblieb, weil die der Ausführung entgegenstehenden finanziellen Schmierig 
keiten — als selbst für Paris — unübersteiglich gehalten wurden. So 
wird dieser große Lebcnsmittelverkehrspunkl in höchst unbequemer Weise 
in jeder Nacht durch viele Tausende in der Nacht ankommenden Wagen 
und Karren täglich versorgt; ein Verfahren, dessen Unbequemlichkeit und 
Kostspieligkeit einleuchtet. 
Der bei uns der Vollendung entgegensehende oberirdisch aus 
geführte Stadtbahnviadnct bietet schon in seinen Bögen für den Markt 
oder ähnlichen Verkehr nicht werthlose Verkaufsstätten. Dies ist durch 
Einzclversuchc, — wie wir als der Stadtverordneten-Versammlung be 
kannt voraussetzen — durch die Erfahrung dargethan. 
Ihren eigentlichen Werth erhält aber die Stadtcisenbahn dann, wenn 
cs möglich ist, an denjenigen Stellen, an welchen dieselbe innerhalb der 
Stadt Bahnhöfe angelegt hat, die Geleise der Bahn dergestalt mit Ab 
zweigungen zu versehen, daß dieselben mit Lebensmitteln beladene Wagen 
an Punkte führen, wo wiederum, durch Hinzunahme entsprechenden großen 
Terrains, sich Plätze schaffen lassen, welche durch eine derartige Ab 
zweigung der Schienenstränge mit der Stadtbahn selbst nnd durch diese 
mit dem Schiencnnetz des Landes in ununterbrochene Ver 
bindung gesetzt sind Wir wollen hierbei noch auf die besonders 
günstige geographische Lage Berlins genau inmitten Mitteleuropas hin 
zuweisen nicht unterlassen Des Näheren ist dies in dem Werke „Berlin 
und seine Bauten" ausgeführt. 
Wir haben durch Verhandlung mit allen beiheiligten Staatseisenbahn- 
Verwaltnngsbehörden uns die sichere Ueberzeugung verschafft, daß, wenn 
gleich das viergeleisig auszuführende Stadteisenbahn-Untcrnehmen zu 
nächst für den Personenverkehr bestimmt ist, die Einricbtnng eines städti 
schen, Lebensmittelversorgungszwccken dienenden Transportdienstes technisch 
ausführbar ist und auch auf administrative Schwierigkeiten bei den be- 
theiligten Staatsverwaliungsstellen nicht stoßen wird. 
tl. Noch eine besondere Veranlassung aber war es, welche uns 
veranlaßte. die Benutzung des Stadtbahnviaducts für städtische Lebens 
mittelversorgungszwecke nicht aus den Augen zu verlieren. 
Derjenige Ausschuß der Stadtverordneten-Versammlung, welcher im 
Frühjahr des JahreS 1876 zur Vorberalhung unserer Vorlage vom 
5. Februar 1876 —, betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser 
— zusammengetreten war, hat unter Beitritt unserer Commissarien unter 
dem 22. Februar 1876 
die Errichtung öffentlicher, unter amtlicher Controle stehender 
Fleischvcrkaufshallen als im öffentlichen Jnteresie liegend an 
erkannt. 
Wenngleich auch die Stadtverordneten-Versammlung sich diesen Be 
schluß ihres Ausschusses nicht ausgesprochcncrmaßen angeeignet hat, so 
machen wir schon jetzt darauf aufmerksam, daß das jetzt dem Landtage 
vorliegende, im Abgeordnetenhause und im Herrenhause bereits beschlossene 
Gesetz, betreffend die Abänderung des Schlachthausgesetzes vom 
18. März 1868 unter der Voraussetzung der Einführung des Schlacht, 
zwange« nachfolgende Bestimmungen enthält: 
4. daß s wohl auf den öffentlichen Märkten als in den Privat- 
verkaufsstätten das nicht im öffentlichen Schlachthause aus 
geschlachtete frische Fleisch von dem daselbst ausgeschlachteten 
Fleisch gesondert feilzubieten ist; 
5. daß in öffentlichen, im Eigenthum und in der Verwaltung der 
Gemeinde stehenden Fleischverkausshallen frisches Fleisch von 
Schlachtvieh nur dann feilgeboten werden darf, 
wenn es im öffentlichen Schlachthause ausgeschlachtet ist. 
Die städtische Central-Schlachtviehmarktanlage geht ihrer Eröffnung 
entgegen. 
Wir haben mit unseren Commissarien angenommen, daß — wenn 
wir von den eben allegirtcn Befugnissen Gebrauch zu machen mit der 
Stadtverordneten-Versammlung dem Gemeinwohl entsprechend finden — 
vorgesorgt werden muß, daß wir die qu. Maßregel an derjenigen Stelle 
in Wirksamkeit treten lassen, wo sie im Hinblick auf die Lebensmittelver 
sorgung der Stadt — besonders aber bezüglich der Zuführung gesund 
heitlich sicherer Fleischnahrung — am zweckmäßigsten ausgeführt werden 
kann. Wir bemerken übrigens hierbei, daß mir eine Schließung der be 
nachbarten öffentlichen Märkte nicht in das Auge gefaßt haben, dieses 
vielmehr der naturgemäßen Entwickelung der Dinge zu überlassen für 
zweckmäßig erachten. 
III. Jene allgemeinen Erwägungen (I.) und die eben dargelegten 
besonderen Umstände (II.) haben zu Verhandlungen mit der Königlichen 
Direction der Stadtbahn geführt. Gegenwärtig werden diese Verhand 
lungen aus Veranlassung der Centralstclle für öffentlich- Arbeiten unter 
dem Vorsitz eines Commissarius des genannten Herrn Ressortministers 
geführt. 
Wir dürfen hierbei den günstigen Umstand hervorheben, daß die 
Staatsbehörde der gedeihlichen Förderung der Angelegenheit durchaus 
entgegenkommt. Dies entspricht den wichtigen, hierbei in Betracht kom 
menden, mit den städtischen übereinkommenden Interessen des 
Staates. 
Das Resultat der bisherigen Verhandlungen läßt sich - unter 
Vorbehalt speciellerer Mittheilung im weiteren Verlause der von uns 
gewünschten Verhandlungen — dahin zusammenfassen: 
Folgende Punkte des Stadteisenbahnviaducts sind uns zur Benutzung 
für städtische Lebensmittelversorgungs- und in specie Marktzwecke als 
disponibel bezeichnet: 
ni unmittelbar westlich der Jannowitzbrücke, 
b) zwischen der neu anzulegenden Querstraße am früheren Arbeits 
haus (Alexanderplatz) und der Königsbrücke, 
c) zwisckcn dem Bahnhof Königsbrücke und der Kaiser-Wilhelm 
straße, 
ck) unter der Haltestelle Börse (an der Neuen Promenade), 
e) an der Georgenstraße, zwischen der Stall- und Friedrichstraße. 
Diese fünf Punkte finden sich in dem hier beiliegenden Sladtplan 
verzeichnet. Specielle Pläne vorzulegen behalten wir uns vor. 
Die Ermittelung noch anderer, geeigneterer Punkte des Stadtbahn 
viaducts — sei es für allgemeine Marktzwccke, sei cs für Einrichtung 
einfacher Lebensmittelverkaufsstätten in den Viaductbögen — halten wir 
nicht für ausgeschlossen. 
Der Punkt zu a. ist nicht ungünstig gelegen, bietet aber nur eine 
verhältnißmäßig nicht große Bodcnfläche. 
Diejenigen Punkte aber verdienen unserer Ueberzeugung nach den 
Vorzug: 
wo der unmittelbar abschließende Bahnhof die Möglichkeit der 
Ausziehung der Schienengeleise parallel der Marktverkanfsstätte, 
die bequeme Entladung (z. B. durch Hebe- und Senkungs- 
Vorrichtungen) der aus dem Lande hier zusammenlaufenden 
Eisenbahnfahrzeuge gewährleistet; 
wo ferner der Zugang des Publikums leicht, vielseitig, in Zugang 
wie Abgang gleich gut beschaffen ist — beide aber in große 
Stadtverkehrswege münden; 
wo ferner der Marktraum selbst dem Engros-, dem Auktions- und 
dem Dctailverkehr eine räumlich ausrichende, wohlgeordnete 
und auch sonst gut eingerichtete Stätte bietet. 
Dieses trifft unseres Erachtens in erster Linie zu bei dem Punkte e. 
(Haltestelle Königsbrücke und Kaiser-Wilhelmstraße). Ebenso in Betracht 
zu ziehen sind aber auch die anderen, oben 8uk> b und ä. bezeichneten 
Stellen also zwischen der neu anzulegenden Querstraße am früheren 
Arbeitshaus und der Königsbrücke und unter der Haltestelle Börse — An 
der Neuen Promenade. 
WaS insbesondere die Stelle am früheren Arbeitshaus und an der 
Königsbrücke angeht, so bietet dieselbe nach den durch uns angestellten —
	        
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