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daß es ferner sich empfiehlt:
diese Punkte so einzurichten, daß die Waare und Käufer wie
Verkäufer vor der llnbill der Witterung geschützt, so rasch
und sicher als möglich in Verkehr kommen können. Wenn
dieser Verkehr ferner sich so direkt als möglich zwischen beiden
Theilen und mit den möglichst geringsten Transport- und
speciell auch Umladungs- und sonstigen Speditionsgebühren
— welche zuletzt immer auf den Consumenten fallen —
vollzieht; wenn ferner der Versender der Waare die möglichste
Sicherheit für Absatz wie rasche Uebermittelung des erzielten
Marktpreises genießt, so kann hier eine Sachlage geschaffen
werden, welche dem Verbraucher ebenso wie dem Producenten
zu Gute kommt
Einer zur Erreichung dieser Zwecke zu begründenden städtischen An
lage wird durch dieses zusammentreffende Interesse jener beiden haupt
sächlichen Factoren, das Maß von Verzinsung und Amortisation
des aus städtischen Mitteln aufgewendeten Capitals, gesichert sein. Soscrn
der Stadtkasse nicht Einnahmen aus solcher Anlage zufließen sollten, —
was nach den Erfahrungen anderer Orte wir nicht für ausgeschlossen
trachten dürfen, — so ist doch die Mehrbelastung der Steuerzahler durch
derartige Marktanlagen nicht zu besürchten.
Andererseits haben — und dies halten wir für einen gleich wichtigen
Erwägungsgrund —, sofern die gedachten Voraussetzungen zutreffen, der-
artig organisirte und also durch das ganze Prvdiictionsland versorgte
Märkte der Großstadt auf eine angemessene und naturgemäße Negulirung
der Preise der Lebensmittel stets eingewirkt und werden also auch bei uns
den gleichen Eriolg herbeiführen können.
Ten vermittelnden Factor zwischen den angedeuteten ersten Voraus
setzungen bildet nun aber unzweifelhaft der Transport der Lebensmittel.
Je nach der Schnelligkeit, je nach den Kosten und der Organisation
desselben werden jene Voraussetzungen für den Producenten, wie den
Consumenten sich um so günstiger erfüllen, je mehr durch die Vermit
telung des Transportes mit möglichst leichter Entladung auf den Markt
noch der rasche und sichere Verkauf der zu Markt gebrachten Waare zum
wirklichen, möglichst von Nebenspesen freien Marktpreise sich vollzieht. In
letzterer Beziehung ist die jetzt für Ende dieses Jahres in sicherer Aus
sicht stehende bauliche Vollendung und Betriebscrösinung der Stadt-
eisenbahn ein Factor von eminentester Bedeutung.
In keiner anderen Großstadt — von London abgesehen — befindet
sich ein ähnliches, dem obengedachlen Zwecke gleich günstig dispo-
nirtes und ausgeführtes Unternehmen Die Central-Markthalle von
Paris sollte in directe Verbindung mit einem der in die Stadt einmün
denden Bahnhöfe gebracht werden. Die unter den Hallen befindlichen
Keller wurden deshalb beim Bau der Anlage für eine Schienenanlage
und Güterwagen in entsprechender Weite und Höhe ausgeführt. Allein
die beabsichtigte Verbindung der Central-Markthalle mit der Eisenbahn
unterblieb, weil die der Ausführung entgegenstehenden finanziellen Schmierig
keiten — als selbst für Paris — unübersteiglich gehalten wurden. So
wird dieser große Lebcnsmittelverkehrspunkl in höchst unbequemer Weise
in jeder Nacht durch viele Tausende in der Nacht ankommenden Wagen
und Karren täglich versorgt; ein Verfahren, dessen Unbequemlichkeit und
Kostspieligkeit einleuchtet.
Der bei uns der Vollendung entgegensehende oberirdisch aus
geführte Stadtbahnviadnct bietet schon in seinen Bögen für den Markt
oder ähnlichen Verkehr nicht werthlose Verkaufsstätten. Dies ist durch
Einzclversuchc, — wie wir als der Stadtverordneten-Versammlung be
kannt voraussetzen — durch die Erfahrung dargethan.
Ihren eigentlichen Werth erhält aber die Stadtcisenbahn dann, wenn
cs möglich ist, an denjenigen Stellen, an welchen dieselbe innerhalb der
Stadt Bahnhöfe angelegt hat, die Geleise der Bahn dergestalt mit Ab
zweigungen zu versehen, daß dieselben mit Lebensmitteln beladene Wagen
an Punkte führen, wo wiederum, durch Hinzunahme entsprechenden großen
Terrains, sich Plätze schaffen lassen, welche durch eine derartige Ab
zweigung der Schienenstränge mit der Stadtbahn selbst nnd durch diese
mit dem Schiencnnetz des Landes in ununterbrochene Ver
bindung gesetzt sind Wir wollen hierbei noch auf die besonders
günstige geographische Lage Berlins genau inmitten Mitteleuropas hin
zuweisen nicht unterlassen Des Näheren ist dies in dem Werke „Berlin
und seine Bauten" ausgeführt.
Wir haben durch Verhandlung mit allen beiheiligten Staatseisenbahn-
Verwaltnngsbehörden uns die sichere Ueberzeugung verschafft, daß, wenn
gleich das viergeleisig auszuführende Stadteisenbahn-Untcrnehmen zu
nächst für den Personenverkehr bestimmt ist, die Einricbtnng eines städti
schen, Lebensmittelversorgungszwccken dienenden Transportdienstes technisch
ausführbar ist und auch auf administrative Schwierigkeiten bei den be-
theiligten Staatsverwaliungsstellen nicht stoßen wird.
tl. Noch eine besondere Veranlassung aber war es, welche uns
veranlaßte. die Benutzung des Stadtbahnviaducts für städtische Lebens
mittelversorgungszwecke nicht aus den Augen zu verlieren.
Derjenige Ausschuß der Stadtverordneten-Versammlung, welcher im
Frühjahr des JahreS 1876 zur Vorberalhung unserer Vorlage vom
5. Februar 1876 —, betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser
— zusammengetreten war, hat unter Beitritt unserer Commissarien unter
dem 22. Februar 1876
die Errichtung öffentlicher, unter amtlicher Controle stehender
Fleischvcrkaufshallen als im öffentlichen Jnteresie liegend an
erkannt.
Wenngleich auch die Stadtverordneten-Versammlung sich diesen Be
schluß ihres Ausschusses nicht ausgesprochcncrmaßen angeeignet hat, so
machen wir schon jetzt darauf aufmerksam, daß das jetzt dem Landtage
vorliegende, im Abgeordnetenhause und im Herrenhause bereits beschlossene
Gesetz, betreffend die Abänderung des Schlachthausgesetzes vom
18. März 1868 unter der Voraussetzung der Einführung des Schlacht,
zwange« nachfolgende Bestimmungen enthält:
4. daß s wohl auf den öffentlichen Märkten als in den Privat-
verkaufsstätten das nicht im öffentlichen Schlachthause aus
geschlachtete frische Fleisch von dem daselbst ausgeschlachteten
Fleisch gesondert feilzubieten ist;
5. daß in öffentlichen, im Eigenthum und in der Verwaltung der
Gemeinde stehenden Fleischverkausshallen frisches Fleisch von
Schlachtvieh nur dann feilgeboten werden darf,
wenn es im öffentlichen Schlachthause ausgeschlachtet ist.
Die städtische Central-Schlachtviehmarktanlage geht ihrer Eröffnung
entgegen.
Wir haben mit unseren Commissarien angenommen, daß — wenn
wir von den eben allegirtcn Befugnissen Gebrauch zu machen mit der
Stadtverordneten-Versammlung dem Gemeinwohl entsprechend finden —
vorgesorgt werden muß, daß wir die qu. Maßregel an derjenigen Stelle
in Wirksamkeit treten lassen, wo sie im Hinblick auf die Lebensmittelver
sorgung der Stadt — besonders aber bezüglich der Zuführung gesund
heitlich sicherer Fleischnahrung — am zweckmäßigsten ausgeführt werden
kann. Wir bemerken übrigens hierbei, daß mir eine Schließung der be
nachbarten öffentlichen Märkte nicht in das Auge gefaßt haben, dieses
vielmehr der naturgemäßen Entwickelung der Dinge zu überlassen für
zweckmäßig erachten.
III. Jene allgemeinen Erwägungen (I.) und die eben dargelegten
besonderen Umstände (II.) haben zu Verhandlungen mit der Königlichen
Direction der Stadtbahn geführt. Gegenwärtig werden diese Verhand
lungen aus Veranlassung der Centralstclle für öffentlich- Arbeiten unter
dem Vorsitz eines Commissarius des genannten Herrn Ressortministers
geführt.
Wir dürfen hierbei den günstigen Umstand hervorheben, daß die
Staatsbehörde der gedeihlichen Förderung der Angelegenheit durchaus
entgegenkommt. Dies entspricht den wichtigen, hierbei in Betracht kom
menden, mit den städtischen übereinkommenden Interessen des
Staates.
Das Resultat der bisherigen Verhandlungen läßt sich - unter
Vorbehalt speciellerer Mittheilung im weiteren Verlause der von uns
gewünschten Verhandlungen — dahin zusammenfassen:
Folgende Punkte des Stadteisenbahnviaducts sind uns zur Benutzung
für städtische Lebensmittelversorgungs- und in specie Marktzwecke als
disponibel bezeichnet:
ni unmittelbar westlich der Jannowitzbrücke,
b) zwischen der neu anzulegenden Querstraße am früheren Arbeits
haus (Alexanderplatz) und der Königsbrücke,
c) zwisckcn dem Bahnhof Königsbrücke und der Kaiser-Wilhelm
straße,
ck) unter der Haltestelle Börse (an der Neuen Promenade),
e) an der Georgenstraße, zwischen der Stall- und Friedrichstraße.
Diese fünf Punkte finden sich in dem hier beiliegenden Sladtplan
verzeichnet. Specielle Pläne vorzulegen behalten wir uns vor.
Die Ermittelung noch anderer, geeigneterer Punkte des Stadtbahn
viaducts — sei es für allgemeine Marktzwccke, sei cs für Einrichtung
einfacher Lebensmittelverkaufsstätten in den Viaductbögen — halten wir
nicht für ausgeschlossen.
Der Punkt zu a. ist nicht ungünstig gelegen, bietet aber nur eine
verhältnißmäßig nicht große Bodcnfläche.
Diejenigen Punkte aber verdienen unserer Ueberzeugung nach den
Vorzug:
wo der unmittelbar abschließende Bahnhof die Möglichkeit der
Ausziehung der Schienengeleise parallel der Marktverkanfsstätte,
die bequeme Entladung (z. B. durch Hebe- und Senkungs-
Vorrichtungen) der aus dem Lande hier zusammenlaufenden
Eisenbahnfahrzeuge gewährleistet;
wo ferner der Zugang des Publikums leicht, vielseitig, in Zugang
wie Abgang gleich gut beschaffen ist — beide aber in große
Stadtverkehrswege münden;
wo ferner der Marktraum selbst dem Engros-, dem Auktions- und
dem Dctailverkehr eine räumlich ausrichende, wohlgeordnete
und auch sonst gut eingerichtete Stätte bietet.
Dieses trifft unseres Erachtens in erster Linie zu bei dem Punkte e.
(Haltestelle Königsbrücke und Kaiser-Wilhelmstraße). Ebenso in Betracht
zu ziehen sind aber auch die anderen, oben 8uk> b und ä. bezeichneten
Stellen also zwischen der neu anzulegenden Querstraße am früheren
Arbeitshaus und der Königsbrücke und unter der Haltestelle Börse — An
der Neuen Promenade.
WaS insbesondere die Stelle am früheren Arbeitshaus und an der
Königsbrücke angeht, so bietet dieselbe nach den durch uns angestellten —