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Sinne haben wir bei der Ausstellung des Etats der Canalisations-
Verwaltung pro 1881/82, bei welchem die Vorschläge der Subcomniission
vorbehaltlich der Genehmigung der Stadtverordneten Versammlung bereits
zur Anwendung gekommen sind, das Radialsystem HI. als fertig her
gestellt angesehen und es sind die Zinsen der sür dies System verwendeten
Anleihesummen auf die laufende Verwaltung übernommen und im Or-
dinarium zum Ansatz gebracht worden.
Ad 3 und 4. Wenn beschlossen wird, daß die künftigen Bauzinsen
aus dem Baufonds bezw. der Anleihe entnommen werden sollen, so ist
es wohl nicht möglich in Betreff der bereits aufgelaufenen Bauzinsen
anders zu verfahren. Auch diese Bauzinsen werden deshalb in gleicher
Weise gedeckt werden müssen. Indessen ist die Erstattung der Vorschüsse
an den Cloaken- und an den Personal-Sublevationsonds nicht erforderlich.
Der Cloakenfonds ist seiner Zeit auf polizeiliche Anordnung von der
Englischen Wafferwerksgcsellschast angesammelt morden zum Zwecke der
Förderung der Canalisatiou. Diesem Zwecke dient er in vollem Maße,
wenn er zur Deckung eines Theils der Bauzinscn verbraucht wird.
Der Personal-Sublevationsfonds ist erwachsen aus der im Jahre
1870 erhobenen Personal-Sublevation und ist der Rest des damals
erhobenen, sür die Deckung der Einquartierungskosten nicht vollständig
erforderlichen Sublevationsbeitrages. Es ist stets unbestritten gewesen,
daß die städtischen Behörden über solche Reste des Ertrages einer von
allen Einwohnern aufgebrachten Abgabe in gleicher Weise, wie über die
Erträge der übrigen Steuern frei zu verfügen berechtigt sind.
Anders verhält es sich mit den Vorschüssen der Wasserwerke. Diese
Werke sind ein besonderes städtisches Unternehmen, das auf seine Ueber-
schüsse um so mehr Anspruch hat, als dieselben nicht wirkliche Ueberschüsse
sind, sondern vielmehr Abschreibungsbeträqe, welche die Wasserwerksver
waltung in den Stand setzen sollen, die Abnutzungen auszugleichen, Bauten
und Anlagen zu erneuern n. s. w., ganz ebenso wie es durch den Er-
neuerungsfonds der Gasanstalten geschieht. Ferner müssen sie dazu
diene», den hohen Buchwerth der Anstalt herabzusetzen mit Rücksicht darauf,
daß die Werke, weil das Privilegium der Englischen Gesellschaft bei der
Verabredung des Kaufpreises mit in Betracht gezogen werden mußte,
theuerer bezahlt wurden, als sich aus ihrem Grund- und Bodenwerth
und dem Werth der Anlagen motiviren ließ.
Die Erstattung der Vorschüsse der Wasserwerke kann nur aus der
Anleihe erfolgen, weil andere Mittel nicht vorhanden sind und auch die
künftigen Bauzinscn aus den Baufonds gelegt werden sollen.
Dagegen sollen Zinsen von den erwähnten Vorschüssen nicht entrichtet
werden. Die Gewährung von Zinsen würde eine Vermehrung der Ca-
nalisationsanleihe und dadurch, daß die Zinsen von derselben aus den
Einnahmen der Systeme nicht entrichtet werden können, eine nicht un
erhebliche Verstärkung der Lasten der Cvnalisationsverwaltuug nach sich
ziehen. Bisher sind auch stets die Vorschüsse der Wasserwerksverwaltung
als unverzinsliche betrachtet worden; es empfiehlt sich deshalb, sie fort
fallen zu lassen.
Ad 5 u. 6. Es wird hier vorgeschlagen, den Canalisatiansbeitrag
der Hausbesitzer vorläufig bis zur Vollendung der Werke auf I pCt. des
Nutzungsertrages der Grundstücke festzusetzen und den fehlenden Betrag
auf die Stadt-Hauptkasse zu übernehmen.
Wir sind der Ansicht, daß der Betrag von 1 pCt. ein durchaus
angemessener ist und halten es nicht für richtig, die ganzen laufenden
Kosten der Canalisation ausschließlich den Hauseigenthümern aufzuerlegen.
Die Canalisation dient den Interessen der Hausbesitzer und denen
der Gesammtheit, den ersteren, sofern sie die Abwässer der Grundstücke
in sicherster und schnellster Weise aus denselben entfernt, den letzteren,
indem sie die athm asphärischen Niederschläge abführt, durch die Beseiti
gung der Rinnsteine den Straßenverkehr verbessert und die Straßen-
reinigung entlastet, vor Allem aber, indem sie im eminentesten Sinne auf
die Verbesserung der sanitären Zustände der gesammten Stadt einwirkt.
Schon hieraus folgt, daß die Kosten der Canalisation nicht aus
schließlich oder in überwiegendem Maße von den Hausbe Peru getragen
werden sollten. (Nur für das dritte Radialsystem wird bisher nach den
bei den Etatsberathungen gefaßten Beschlüssen ein sehr mäßiger Zuschuß
aus der Stadt-Hauptkasse gewährt, während, abgesehen von den Vortheilen
in sanitärer Beziehung, schon die bei den einzelnen Zweigen der städtischen
Verwaltung eintretenden Ersparnisse in dem (Virchow'schen) General-
bericht über die Canalisation auf rund jährlich 444 600 ,4C. berechnet
worden sind. Hierzu kommt, daß zu den laufenden Ausgaben der
Canalisation in den einzelnen Radialsystemen die Amortisationsraten der
Anleihen gehören. Nun findet die Amortisation doch nur zu dem Zweck
statt, nach und nach die Stadtgemcinde in den schuldenfreien Besitz der
CanalisationSanlagen und der Riefelgüter zu setzen. Daß dies auf Kosten
der Hausbesitzer geschehen muß, läßt sich gewiß nicht behaupten.
Indem vorgeschlagen wird, die Canalisationsabgabe nach einem Procent
des Nutzungsertrages zu erheben und die dann noch zur vollständigen
Deckung der Kosten erforderliche Summe auf die Stadt-Hanptkasse zu
übernehmen, kann zwar nicht mit vollständiger Sicherheit behauptet werden,
daß hierdurch vollkommen das Richtige getroffen worden ist, dennoch
glauben wir annehmen zu dürfen, daß dies Arrangement sich unschwer
rechtfertigen läßt.
Gegenwärtig wird ein Procent des Nutzungsertrages als Canalisa
tionsabgabe erhoben. Diesen Satz zu ermäßigen ist nicht möglich; er
reicht zur Deckung der Kosten nicht aus, sondern macht erhebliche Zu
schüsse aus der Stadt-Hauptkasse nöthig. Jede Ermäßigung des Procent-
satzes würde deshalb eine noch weitere Belastung des StadthaushaltS-
etats, als ohnehin schon nöthig ist, involviren und eine solche Mehr
belastung ist bei den gegenwärtigen Etatsverhältnissen nicht möglich.
Ebenso wenig angänglich erscheint eine Erhöhung des Procentsatzes der
Abgabe. Es bedarf gewiß keiner weiteren Ausführung, daß die Haus-
eigenthümer zur Zeit nicht stärker herangezogen werden können, als be
reits geschieht, theils mit Rücksicht auf die herrschende nicht günstige Lage
des Grundbesitzes, theils mit Rücksicht darauf, daß viele Grundbesitzer
gerade jetzt die Kosten des Anschlusses ihrer Häuser an die Canalisation
und Wasserleitung bestritten haben oder in nächster Zeit ausbringen
müssen. Außerdem scheint es aber auch, daß dieser Satz der Canalisations
abgabe die Zuschüsse der Stadt-Hanptkasse nach den angestellten Berech
nungen derart gestaltet, daß sie dem Interesse der Gesammtheit an der
Canalisation entsprechen. Allerdings sind diese Berechnungen, wie wir
bereits ausgeführt haben, nicht der Art, daß auf denselben fest gebaut
werden kann, indem sie nach Lage der Sache nicht auf sicheren Erfah
rungen, sondern theilweise auf unsicheren Vermuthungen beruhen und sich
daher leicht als unrichtig herausstellen können.
Wir erachten es schließlich als nicht zweifelhaft, daß für die Ent
nahme der Bauzinsen aus der Anleihe die Genehmigung der Aufsichts
behörde erforderlich ist, da in dem Antrage auf Genehmigung der
Anleihen für Canalisationszwecke nur die eigentlichen Bausummen als
aus den Anleihen zu bestreiten angegeben worden sind. Die dahin gehenden
Anträge sollen umgehend gestellt werden, sobald ein Communalbeschluß
erzielt sein wird.
Berlin, den 12. Februar 1881.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
UV. Vorlage (Z.-Nr. 734. F. B) — zur Beschluß
fassung —, betreffend Einsetzung einer gemischten
Deputation zur Vorberathung der Angelegenheit,
betreffend die Nutzbarmachung des Stadteisenbahn-
unternchmenS für die Lebensmittelversorgung der
Stadt.
Die Stadtverordneten-Vcrsammlung ersuchen wir, sich damit ein
verstanden zu erklären, daß
zur Vorberathung über die Frage:
ob? inwieweit? und an welchen Punkten?
bei der bevorstehenden Vollendung und in Betriebnahme der
Stadleisenbahn diese Unternehmung des Staats für die
Zwecke der Lebensmittelversorgung der Stadt und besseren
Ausbildung ihres Lebensmiltelmarktverkehrs in öffentlichen,
durch die Stadteisenbahn mit dem Lande verbundenen Ber-
kaufshallen nutzbar zu machen; sowie
daß zur Vorbereitung des in Betreff der dieserhalb von der
Staatseisenbahnverwaltung gemachten Offerten zu fassenden
Communalbeschlusses
eine gemischte Deputation zusammentrete.
Begründung.
I. Daß die Lebensmittelversorgung der Stadt und die damit
organisch zusammenhängende anderweile und bessere Ordnung ihres Markt
wesens eine communale Ausgabe der hervorragendsten Bedeutung ist:
hierüber herrscht bei allen zur Berathung der Sache Berufenen Ueber
einstimmung.
Dringendere Aufgaben des städtischen Gemeinwesens und die Rück
sicht, welche auf die Finanzkraft der Stadtgemeinde genommen werden
mußte, hat uns im Verlaufe von nahezu zwei Jahrzehnten — nachdem
ein im Jahre 1872 unternommener Versuch, der Lösuug dieser Frage
näher zu treten, aus der Stadtverordneten-Versammlung bekannten Grün
den gescheitert ist. — bisher abgehalten, über den Gegenstand in erneute
Verhandlungen mit Wohlderselben zu treten. Trotz dieser durch die Ver
hältnisse gebotenen Zurückhaltung haben wir die Angelegenheit unaus
gesetzt im Auge behalten. Eine durch uns seit Anfang des Jahres 1875
niedergesetzte Commission hat sich mit den für die praktische Lösung aller
hierbei in Betracht kommenden Fragen erforderlichen vielseitigen Erörte
rungen unausgesetzt beschäftigt.
Mit unserer Commission sind wir der Meinung:
daß es nothwendig ist:
an bestimmten, geeignet gelegenen Punkten eine möglichst
große, übersichtlich nach Gattungen geordnete Masse für den
täglichen Verbrauch bestimmter Lebensmittel zum Verkauf zu
bringen;