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Volume No. 15 (109-111), 14. Februar 1881

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1881 (Public Domain)

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Sinne haben wir bei der Ausstellung des Etats der Canalisations- 
Verwaltung pro 1881/82, bei welchem die Vorschläge der Subcomniission 
vorbehaltlich der Genehmigung der Stadtverordneten Versammlung bereits 
zur Anwendung gekommen sind, das Radialsystem HI. als fertig her 
gestellt angesehen und es sind die Zinsen der sür dies System verwendeten 
Anleihesummen auf die laufende Verwaltung übernommen und im Or- 
dinarium zum Ansatz gebracht worden. 
Ad 3 und 4. Wenn beschlossen wird, daß die künftigen Bauzinsen 
aus dem Baufonds bezw. der Anleihe entnommen werden sollen, so ist 
es wohl nicht möglich in Betreff der bereits aufgelaufenen Bauzinsen 
anders zu verfahren. Auch diese Bauzinsen werden deshalb in gleicher 
Weise gedeckt werden müssen. Indessen ist die Erstattung der Vorschüsse 
an den Cloaken- und an den Personal-Sublevationsonds nicht erforderlich. 
Der Cloakenfonds ist seiner Zeit auf polizeiliche Anordnung von der 
Englischen Wafferwerksgcsellschast angesammelt morden zum Zwecke der 
Förderung der Canalisatiou. Diesem Zwecke dient er in vollem Maße, 
wenn er zur Deckung eines Theils der Bauzinscn verbraucht wird. 
Der Personal-Sublevationsfonds ist erwachsen aus der im Jahre 
1870 erhobenen Personal-Sublevation und ist der Rest des damals 
erhobenen, sür die Deckung der Einquartierungskosten nicht vollständig 
erforderlichen Sublevationsbeitrages. Es ist stets unbestritten gewesen, 
daß die städtischen Behörden über solche Reste des Ertrages einer von 
allen Einwohnern aufgebrachten Abgabe in gleicher Weise, wie über die 
Erträge der übrigen Steuern frei zu verfügen berechtigt sind. 
Anders verhält es sich mit den Vorschüssen der Wasserwerke. Diese 
Werke sind ein besonderes städtisches Unternehmen, das auf seine Ueber- 
schüsse um so mehr Anspruch hat, als dieselben nicht wirkliche Ueberschüsse 
sind, sondern vielmehr Abschreibungsbeträqe, welche die Wasserwerksver 
waltung in den Stand setzen sollen, die Abnutzungen auszugleichen, Bauten 
und Anlagen zu erneuern n. s. w., ganz ebenso wie es durch den Er- 
neuerungsfonds der Gasanstalten geschieht. Ferner müssen sie dazu 
diene», den hohen Buchwerth der Anstalt herabzusetzen mit Rücksicht darauf, 
daß die Werke, weil das Privilegium der Englischen Gesellschaft bei der 
Verabredung des Kaufpreises mit in Betracht gezogen werden mußte, 
theuerer bezahlt wurden, als sich aus ihrem Grund- und Bodenwerth 
und dem Werth der Anlagen motiviren ließ. 
Die Erstattung der Vorschüsse der Wasserwerke kann nur aus der 
Anleihe erfolgen, weil andere Mittel nicht vorhanden sind und auch die 
künftigen Bauzinscn aus den Baufonds gelegt werden sollen. 
Dagegen sollen Zinsen von den erwähnten Vorschüssen nicht entrichtet 
werden. Die Gewährung von Zinsen würde eine Vermehrung der Ca- 
nalisationsanleihe und dadurch, daß die Zinsen von derselben aus den 
Einnahmen der Systeme nicht entrichtet werden können, eine nicht un 
erhebliche Verstärkung der Lasten der Cvnalisationsverwaltuug nach sich 
ziehen. Bisher sind auch stets die Vorschüsse der Wasserwerksverwaltung 
als unverzinsliche betrachtet worden; es empfiehlt sich deshalb, sie fort 
fallen zu lassen. 
Ad 5 u. 6. Es wird hier vorgeschlagen, den Canalisatiansbeitrag 
der Hausbesitzer vorläufig bis zur Vollendung der Werke auf I pCt. des 
Nutzungsertrages der Grundstücke festzusetzen und den fehlenden Betrag 
auf die Stadt-Hauptkasse zu übernehmen. 
Wir sind der Ansicht, daß der Betrag von 1 pCt. ein durchaus 
angemessener ist und halten es nicht für richtig, die ganzen laufenden 
Kosten der Canalisation ausschließlich den Hauseigenthümern aufzuerlegen. 
Die Canalisation dient den Interessen der Hausbesitzer und denen 
der Gesammtheit, den ersteren, sofern sie die Abwässer der Grundstücke 
in sicherster und schnellster Weise aus denselben entfernt, den letzteren, 
indem sie die athm asphärischen Niederschläge abführt, durch die Beseiti 
gung der Rinnsteine den Straßenverkehr verbessert und die Straßen- 
reinigung entlastet, vor Allem aber, indem sie im eminentesten Sinne auf 
die Verbesserung der sanitären Zustände der gesammten Stadt einwirkt. 
Schon hieraus folgt, daß die Kosten der Canalisation nicht aus 
schließlich oder in überwiegendem Maße von den Hausbe Peru getragen 
werden sollten. (Nur für das dritte Radialsystem wird bisher nach den 
bei den Etatsberathungen gefaßten Beschlüssen ein sehr mäßiger Zuschuß 
aus der Stadt-Hauptkasse gewährt, während, abgesehen von den Vortheilen 
in sanitärer Beziehung, schon die bei den einzelnen Zweigen der städtischen 
Verwaltung eintretenden Ersparnisse in dem (Virchow'schen) General- 
bericht über die Canalisation auf rund jährlich 444 600 ,4C. berechnet 
worden sind. Hierzu kommt, daß zu den laufenden Ausgaben der 
Canalisation in den einzelnen Radialsystemen die Amortisationsraten der 
Anleihen gehören. Nun findet die Amortisation doch nur zu dem Zweck 
statt, nach und nach die Stadtgemcinde in den schuldenfreien Besitz der 
CanalisationSanlagen und der Riefelgüter zu setzen. Daß dies auf Kosten 
der Hausbesitzer geschehen muß, läßt sich gewiß nicht behaupten. 
Indem vorgeschlagen wird, die Canalisationsabgabe nach einem Procent 
des Nutzungsertrages zu erheben und die dann noch zur vollständigen 
Deckung der Kosten erforderliche Summe auf die Stadt-Hanptkasse zu 
übernehmen, kann zwar nicht mit vollständiger Sicherheit behauptet werden, 
daß hierdurch vollkommen das Richtige getroffen worden ist, dennoch 
glauben wir annehmen zu dürfen, daß dies Arrangement sich unschwer 
rechtfertigen läßt. 
Gegenwärtig wird ein Procent des Nutzungsertrages als Canalisa 
tionsabgabe erhoben. Diesen Satz zu ermäßigen ist nicht möglich; er 
reicht zur Deckung der Kosten nicht aus, sondern macht erhebliche Zu 
schüsse aus der Stadt-Hauptkasse nöthig. Jede Ermäßigung des Procent- 
satzes würde deshalb eine noch weitere Belastung des StadthaushaltS- 
etats, als ohnehin schon nöthig ist, involviren und eine solche Mehr 
belastung ist bei den gegenwärtigen Etatsverhältnissen nicht möglich. 
Ebenso wenig angänglich erscheint eine Erhöhung des Procentsatzes der 
Abgabe. Es bedarf gewiß keiner weiteren Ausführung, daß die Haus- 
eigenthümer zur Zeit nicht stärker herangezogen werden können, als be 
reits geschieht, theils mit Rücksicht auf die herrschende nicht günstige Lage 
des Grundbesitzes, theils mit Rücksicht darauf, daß viele Grundbesitzer 
gerade jetzt die Kosten des Anschlusses ihrer Häuser an die Canalisation 
und Wasserleitung bestritten haben oder in nächster Zeit ausbringen 
müssen. Außerdem scheint es aber auch, daß dieser Satz der Canalisations 
abgabe die Zuschüsse der Stadt-Hanptkasse nach den angestellten Berech 
nungen derart gestaltet, daß sie dem Interesse der Gesammtheit an der 
Canalisation entsprechen. Allerdings sind diese Berechnungen, wie wir 
bereits ausgeführt haben, nicht der Art, daß auf denselben fest gebaut 
werden kann, indem sie nach Lage der Sache nicht auf sicheren Erfah 
rungen, sondern theilweise auf unsicheren Vermuthungen beruhen und sich 
daher leicht als unrichtig herausstellen können. 
Wir erachten es schließlich als nicht zweifelhaft, daß für die Ent 
nahme der Bauzinsen aus der Anleihe die Genehmigung der Aufsichts 
behörde erforderlich ist, da in dem Antrage auf Genehmigung der 
Anleihen für Canalisationszwecke nur die eigentlichen Bausummen als 
aus den Anleihen zu bestreiten angegeben worden sind. Die dahin gehenden 
Anträge sollen umgehend gestellt werden, sobald ein Communalbeschluß 
erzielt sein wird. 
Berlin, den 12. Februar 1881. 
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt, 
gez. von Forckenbeck. 
UV. Vorlage (Z.-Nr. 734. F. B) — zur Beschluß 
fassung —, betreffend Einsetzung einer gemischten 
Deputation zur Vorberathung der Angelegenheit, 
betreffend die Nutzbarmachung des Stadteisenbahn- 
unternchmenS für die Lebensmittelversorgung der 
Stadt. 
Die Stadtverordneten-Vcrsammlung ersuchen wir, sich damit ein 
verstanden zu erklären, daß 
zur Vorberathung über die Frage: 
ob? inwieweit? und an welchen Punkten? 
bei der bevorstehenden Vollendung und in Betriebnahme der 
Stadleisenbahn diese Unternehmung des Staats für die 
Zwecke der Lebensmittelversorgung der Stadt und besseren 
Ausbildung ihres Lebensmiltelmarktverkehrs in öffentlichen, 
durch die Stadteisenbahn mit dem Lande verbundenen Ber- 
kaufshallen nutzbar zu machen; sowie 
daß zur Vorbereitung des in Betreff der dieserhalb von der 
Staatseisenbahnverwaltung gemachten Offerten zu fassenden 
Communalbeschlusses 
eine gemischte Deputation zusammentrete. 
Begründung. 
I. Daß die Lebensmittelversorgung der Stadt und die damit 
organisch zusammenhängende anderweile und bessere Ordnung ihres Markt 
wesens eine communale Ausgabe der hervorragendsten Bedeutung ist: 
hierüber herrscht bei allen zur Berathung der Sache Berufenen Ueber 
einstimmung. 
Dringendere Aufgaben des städtischen Gemeinwesens und die Rück 
sicht, welche auf die Finanzkraft der Stadtgemeinde genommen werden 
mußte, hat uns im Verlaufe von nahezu zwei Jahrzehnten — nachdem 
ein im Jahre 1872 unternommener Versuch, der Lösuug dieser Frage 
näher zu treten, aus der Stadtverordneten-Versammlung bekannten Grün 
den gescheitert ist. — bisher abgehalten, über den Gegenstand in erneute 
Verhandlungen mit Wohlderselben zu treten. Trotz dieser durch die Ver 
hältnisse gebotenen Zurückhaltung haben wir die Angelegenheit unaus 
gesetzt im Auge behalten. Eine durch uns seit Anfang des Jahres 1875 
niedergesetzte Commission hat sich mit den für die praktische Lösung aller 
hierbei in Betracht kommenden Fragen erforderlichen vielseitigen Erörte 
rungen unausgesetzt beschäftigt. 
Mit unserer Commission sind wir der Meinung: 
daß es nothwendig ist: 
an bestimmten, geeignet gelegenen Punkten eine möglichst 
große, übersichtlich nach Gattungen geordnete Masse für den 
täglichen Verbrauch bestimmter Lebensmittel zum Verkauf zu 
bringen;
	        
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