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Gemeinesteuern nicht weiter in Frage zu ziehen ist, auf welchem gesetzlichen
Fundament dieselben bisher beruht haben.
Wir lassen es dahin gestellt, ob der fraglichen Kabinetsordre vom
29. April 1829, welche nicht durch die Gesetzsammlung publicirt ist, viel
mehr nur durch die Amtsblätter bekannt gemacht werden sollte, streng
genommen überhaupt gesetzliche Kraft beizulegen ist. Zweifellos war das
aber bei der Verordnung vom 26. Januar 1815 (Gesetzsammlung S. 3)
über die Serviseinrichtung der Stadt Berlin der Fall und dessenungeachtet,
obwohl dieselbe die durch sie eingeführte Miethssteuer nur auf den Satz
von 8Vs pCt. des Miethsbetrages festgesetzt, haben die vorgesetzten Re
gierungsbehörden seiner Zeit keinen Anstand genommen, die Erhöhung
dieses Steuersatzes ohne legislative Mitwirkung darüber hinaus wieder
holt zu genehmigen, so in den Jahren 1855, 1856, 1857 und 1868
auf 8^/g pCt.
Auch wurde im Jahre 1854, als es sich nm den Erlaß eines Re
gulativs für die Erhebung der Haus- und Miethssteuer handelte, die
Ansicht der Königlichen Regierung zu Potsdam über die nothwendige
Mitwirkung des Landtags durch Rescript des Königlichen Oberpräsidiums
vom 21. Juli 1854 als unzutreffend widerlegt.
Trotzdem ist der Herr Minister des Innern bei seiner früheren An
sicht stehen geblieben und hat es nach den in Abschrift beiliegenden beiden
Rescripten vom 3. November v. I. und 7. d. M. wiederholt abgelehnt,
die mit Zustimmung der Stadtverordneten beantragte Erhöhung der
Hundesteuer auf 15 <At. vor dem Erlaß des dem Landtage zur Be
rathung vorliegenden Gesetzentwurfes über Aufbringung der Gemeinde
abgaben zu genehmigen. In diesem Falle würde, wie es in dem ersteren
Rescript heißt, mit Genehmigung des Provinzialraths auch die Erhöhung
der Hundesteuer erfolgen können.
Wir vermögen nicht einzusehen, wie die allgemeine Bestimmung des
H. 6 des qu. Entwurfes:
„Die sonstigen zur Zeit bestehenden besonderen dirrcten Gemeinde-
abgaben können unter Zustimmung der Aufsichtsbehörden bei
behalten, die Sätze derselben unter Genehmigung des Provinzial
raths erhöht werden",
der Kabinetsordre vom 29. April 1829 gegenüber in einem wesentlich
anderen Verhältniß stehen soll als der §. 53 ad II. der Städtcordnung.
Es würde sich mit gleichem Recht ausführen lassen, daß jene Ordre auch
dem §. 6 des Gesetzentwurfes wie eine lex specialis der lex generalis
gegenüberstehen, also eine ganze oder theilweise ausdrückliche Aufhebung
im legislativen Wege zunächst erfordern würde.
Wir lassen hierbei noch unberührt, daß das Rescript des Ministers
des Innern vom 21. Januar 1837 (von Kamptz Annalen Bd. XXI.
S. 249) die Hundesteuer als eine Aufwandssteuer ausdrücklich den in-
directen Abgaben zuzählt. Es kommt ferner in Betracht, daß nach den
Commissionsbeschlüsscn das neue Gesetz erst mit dem 1. April 188... in
Kraft treten soll, und daß es bei der bereits vorgerückten Session füglich
in Zweifel gezogen werden kann, ob die vollständige Durchbcrathung und
Feststellung des Gesetzes in beiden Häusern des Landtags zu ermöglichen
sein wird.
Mit Rücksicht auf unsere obigen Ausführungen und insbesondere auf
die klare Vorschrift des §. 53 der Städteordnung bitten Ein Hohes Haus
wir ganz gehorsamst, nachdem diese Angelegenheit bereits 14 Jahre Gegen
stand vergeblicher Verhandlungen mit den Staatsbehörden gewesen ist,
dieselbe Seinerseits in nähere Erwägung nehmen und dahin beschließen
zu wollen:
diese Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berück
sichtigung zu überweisen, in der Erwägung, daß die Allerhöchste
Kabinetsordre vom 29. April 1829 eines legislativen Aktes zu
ihrer Abänderung nicht bedürfe, und die beabsichtigte Erhöhung
der Hundesteuer schon auf Grund der gegenwärtigen Gesetz
gebung, insbesondere des §. 53 ad II. der Städteordnung er
folgen könne.
Berlin, cen 26. Januar 1880.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt,
gez. von Forckenbeck.
7« Petttions-AuSfchuH.
Verhandelt Berlin, den 3. Februar 1880.
Anwesend:
Stadtv. Bauke, Vorsitzender,
- Krause, Stellvertreter des Vorsitzenden,
- Dr. Kürten,
- S chaefer,
- Nicolai,
- Paulsen,
- Herrmann,
- vr. Horwitz,
- Franke,
- Bohm,
- Liebermann,
- Reichnow.
Als Commissarien des Magistrats:
Herr Stadtrath Voigt,
- Stadtschulrath Dr. Bertram,
- Stadtrath Haack,
- Stadtrath Romstaedt.
Es fehlen:
Herr Stadtv. Zippel, entschuldigt,
« - Gericke l.,
- - Moses.
Die heutige erste Sitzung des Ausschusses für Petitionen in diesem
Jahre eröffnete der Vorsitzende mit einer Begrüßung der Mitglieder, indem
er zugleich für das ihm durch seine Wiederwahl zum Vorsitzenden wieder
holt zu erkennen gegebene Vertrauen bestens dankte und der Zuversicht
Ausdruck gab, in seinem Bestreben, die Geschäfte des Ausschusses sach
gemäß und gerecht zu leiten, bei den Collegen allzeitig die bereitwilligste
Unterstützung zu finden.
Demnächst wurde in die Tagesordnung eingetreten und beschlossen,
1. die Petition des Gerichtsassessors a. D. Ernst Kahle,
Nr. 127, um Herbeiführung einer Aenderung der wegen Be
seitigung der Ofenklappen erlassenen Polizeiverordnung,
dem Herrn Stadtverordneten!Vorsteher mit dem Anheimstellen
vorzulegen, diese Sache dem Magistrat zur Ueberweisung an
die, in dieser Angelegenheit niedergesetzte gemischte Deputation
zu übersenden.
2 Petition des Bezirksvereins Alt-Berlin, Nr. 125,
betreffend die Vermeidung von Verkehrsstörungen durch gleich
zeitige Ausführung von Erdarbciten in zwei, sich gegenseitig
zur Ergänzung dienenden Parallelstraßen.
Die Versammlung hat bereits durch Beschluß vom 20. No
vember 1879 — Protocoll Nr. 8 — an den Magistrat ein,
im Sinne dieses Antrages verfaßtes Ersuchen gerichtet und
empfiehlt der Ausschuß unter Hinweis hieraus, über diese Pe
tition zur Tagesordnung überzugehen.
3. Petition des Bezirksvercins Moabit, Nr. 137, Petition
des Berliner Arbeitervereins, Nr. 2,
und
Petition des Bezirksvereins Gesundbrunnen, Nr. 5, betreffend
die Einrichtung der projectirten Mittelschule als Fortsetzung
der Gemeindeschule.
Die Verhandlungen wegen Einführung städtischer Mittelschulen
sind bei dem Magistrate noch im vollen Zuge und der Eingang
einer entsprechenden Vorlage bei der Versammlung nach Aus
kunft des Herrn Magistrats-Commissars vorläufig nicht zu er
warten. Der Ausschuß schlägt deshalb vor, diese Petitionen
dem Magistrate zur Verfügung zu überweisen und ernennt zum
Berichterstatter den Stadtverordneten Bohm.
4. Petitiou des Buchbindermeisters Scholz und Genossen,
Nr. 7, um Regulirung und vorschriftsmäßige Pflasterung des
Bürgersteiges auf der östlichen Seite des südlichen Theils der
Wilhclmstraße.
Nach Mittheilung des Herrn Magistratscommisiars kann
die Verbesserung des Bürgersteiges der bezeichneten Straßen
strecke zweckmäßig erst nach dem, voraussichtlich in diesem Jahre
stattfindenden Anschluß der dort gelegenen Grundstücke an die
Canalisation erfolgen. Nachdem letzteres geschehen, soll dem
Antrage der Petenten in thunlich kürzester Zeit Folge gegeben
werden, was ihnen auch vom Magistrate bereits eröffnet worden
ist. Aus diesem Grunde beschließt der Ausschuß, der Versamm
lung zu empfehlen, die Petition dem Magistrate zur Verfügung
zu überweisen.
5. Petition der von Kunowski— Roch'schen Erben, Nr. 4,
betreffend die baldige Festsetzung der Fluchtlinie für dieKaiser-
Wilhelmstraße auf der Strecke von der Neuen Friedrichstraße
bis zur Münzstraße.
Der Ausschuß ist der Meinung, daß die Versammlung z. Z.
außer Stande ist, in dieser Sache etwas zu thun, und empfiehlt,
über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen.
6. Petition des Bezirksvereins im Stralauer Stadtviertel
(Stadtbezirke 102—106), Nr. 6, wegen Anlegung eines Spiel
platzes im Stralauer Stadtviertel.
Der in Rede stehende Stadttheil ist mehr als viele andere
Gegenden der Stadt mit freien Plätzen, auf d.nen Kinder sich
aufhalten können, versehen und hat die Versammlung durch
Beschluß vom 26. Juni v. I. — Protocoll Nr. 17 c. — sch»"
eine ähnliche Petition durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Da sich in der Sache nichts geändert hat, schlägt der Ausschuß
vor, mit der gegenwärtigen Petition in gleicher Weise zu ver
fahren.
7. Petition des Vereins Berliner Grundbesitzer, Nr. 128,
betreffend die Einführung eines anderen Verfahrens bei Er
mittelung der gemeindewahlbcrechtigten Personen.