Uebelstände sich auch ohne Abänderung der betreffenden Bestimmungen
der Städteordnung beseitigen taffen werden.
Ein Mitglied machte geltend, daß eine Aenderung der Kommunal'
Wahlbezirke am besten herbeigeführt werden könne durch eine Ver
schiebung der Wahlbezirke vom Zentrum der Stadt aus nach der
Peripherie zu in der Weise, daß die Wahlbezirke im Innern der Stadt
größer, und dagegen die Wahlbezirke nach der Peripherie zu entsprechend
kleiner werden! Es muffe dabei allerdings, soweit als möglich, Rück
sicht darauf genommen werden, daß von den jetzigen Wahlbezirken
gewiffe Theile mit den bisherigen Nummern der Wahlbezirke als
Stamm für die zu bildenden neuen Wahlbezirke verbleiben, um dem
§. 21 der Städteordnung zu genügen, wonach die Ergänzungs- und
Ersatzwahlen immer von denselben Abtheilungen und Wahlbezirken
vorgenommen werden sollen. Von dem Direktor des städtischen
statistischen Bureaus, Herrn Regierungsrath Boeckh, seien zu einem
solchen Projekt die Karten schon gezeichnet; man möge daher dem
Magistrat um eine Vorlage in diesem Sinne ersuchen und sich mit
der Vorlage zugleich die von Herrn Regierungsrath Boeckh ange
fertigten Karten vorlegen lassen. Nach diesem Plane sei bei Gelegen
heit ' der Ergänzungswahlen eine durchgreifende Neueintheilung der
Wahlbezirke möglich, und zwar sowohl auf einmal mit einem Schlage,
als auch nach und nach innerhalb 4—6 Jahren. Um aber das jetzt
bestehende Mißverhältniß zwischen den einzelnen Wahlbezirken nicht
wieder eintreten zu lassen, sei es nöthig, von Zeit zu Zeit je nach
der Zunahme der Bevölkerung eine geringe Verändening resp. Ver
schiebung der Wahlbezirke vorzunehmen In Breslau werde dies Ver
fahren geübt, wie dies im statistischen Bericht dieser Stadt vom Jahre
1877 näher ausgeführt sei, und aus eine dagegen erhobene Beschwerde
habe die Regierung daselbst reskribirt, daß die Bestimmung des §. 21
der Städteordnung einer solchen Neueintheilung der Wahlbezirke nicht
entgegenstehe und daß die Beschwerde unbegründet sei.
Wenn man die hier in Berlin im Zentrum vorhandenen kleineren
Wahlbezirke gegenüber den an der Peripherie der Stadt belegenen
sehr großen Wahlbezirken nicht konserviren wolle, so möge man nach
dem Vorschlage vorgehen. Der Antragsteller erklärte auch, event, da
mit einverstanden zu sein, wenn die Zahl der Stadtverordneten um
9 oder 18 vermehrt würde.
Gegen diese Ausführungen wurde eingewendet, daß durch eine
Veränderung der einzelnen Wahlbezirke in der vorgeschlagenen Weise,
die Bestimmung des §. 21 der Stäbteordnung unter allen Umstän
den würde verletzt werden Wenn bei Verschiebung der Wahlbezirke
von denselben auch wirklich kleine Theile als Stämme für die neuen
Bezirke verbleiben könnten — was kaum möglich sein werde — so
könne doch gewiß nicht in Abrede gestellt werden, daß durch die Ver
größerung einzelner Wahlbezirke, durch Hinzulequng angrenzender
Straßenstrecken das Wahlrecht der Wähler in den jetzigen kleineren
Wahlbezirken geschmälert werden würde. Der Vorgang in Breslau passe
gar nicht hierher, weil dort die einzelnen Abtheilungen jede für sich
durch die ganze Stadt wählen und in Folge dessen eine Abänderung
in der Bezirkseintheilung sehr einfach und leicht durchführbar sei.
Diese Einrichtung sei daher gar nicht zu vergleichen mit der vor
geschlagenen Neueintheilung durch Verschiebung und Zusammenlegung
der Wahlbezirke. Die vorgeschlagene Veränderung würde, abgesehen
davon, daß dieselbe gesetzlich unzulässig sei, die größte Verwirrung
und Unzufriedenheit auf allen Seiten hervorrufen, und man solle
daher auf den Vorschlag nicht weiter eingehen, zumal es bei der in
Aussicht stehenden neuen Kommunalgesetzgebung' nicht darauf an
komme, auf eine lange Reihe von Jahren Abhilfe zu schaffen, und
weil für die nächste Zeit bei einer rationellen Verbindung der §§. 12,
14 und 21 der Städteordnung einfach in der Weise geholfen werden
könne, daß man die Zahl der Stadtverordneten von 108 auf 126
erhöhe und die größten Wahlbezirke, insbesondere diejenigen, welche
in der dritten Abtheilung mehr als 10 000 Wähler haben, theile, so
daß dann zusammen 42 Kommunalwahlbezirke statt 36 bestehen
würden.
Nach der dem SitzungsprotokoUe vom 10. Mai er. angehängten
Tabelle hätten im Jahre 1878 die Wahlbezirke 23, 28, 33, 34, 35
und 36 in der dritten Abtheilung jeder mehr als 10 000 Wähler ge
habt; wenn der Magistrat aus den Vorschlag eingehe, so könne mit
der Theilung dieser Wahlbezirke sofort vorgegangen werden. Es sei
ferner von großer Wichtigkeit, daß bei dieser Gelegenheit das Ver
hältniß der Wahlerzahl zu der Einwohnerzahl genau geprüft und
festgestellt werde, ob mit Rücksicht auf die von dem Stadtverordneten
vr. Neu mann in feinem Referate am 10. Mai cr. hervorgehobenen
Momente auch in der That in Berlin nach der bisherigen Wahlpraxis
die Wahlberechtigung eine zu große Ausdehnung erhalten habe.
Der Herr MagrstratskommissariuS äußerte sich dahin, daß nach
seiner persönlichen Meinung eine Neueintheilung der Wahlbezirke auf
Grund des §. 14, resp. §. 12 der Städteordnung mit Rücksicht
darauf, daß die im Jahre 1853 durch den Magistrat vorgenommene
erste Feststellung der Wahlbezirke durch die damals nicht zu erwar
tende enorme Verschiebung der Populationsverhältnisse gegenwärtig
mit der Bestimmung des 8 14 kaum mehr in Einklang stehen, und
nicht für immer maßgebend sein dürfte, gerechtfertigt und zulässig
erscheine, so daß im Falle einer Neueintheilung die Vorschrift des
§. 21 Al. 3 vorübergehend zu sistiren sei.
Eine fortgesetzte Abänderung durch Verschiebung der Wahlbezirke
je nach der Aenderung der Einwohnerzahl erscheine nicht rathsam,
weil dadurch große Verwirrung entstehen würde. Was den zweiten
Vorschlag betrifft, so meinte der Herr Kommissar sich mit einer mäßi
gen Vermehrung der Zahl der Stadtverordneten, etwa um 9, höch-
stens um 18. einverstanden erklären zu können. Würde bei Annahme
dieses Vorschlages eine ortsstatutarische Bestimmung aus Grund des
8. 12 der Städteordnung festzusetzen und der Königlichen Regierung zur
Genehmigung einzureichen sein, so dürste Letztere voraussichtlich in
der Theilung der größten Wahlbezirke keine Verletzung des 8- 21
Al. 3 erblicken. Ob der Magistrat nach Kenntnißnahme der Ver
handlungen des Ausschusses seine bisherige Stellung in der Angele
genheit aufgeben und sich mit einer gänzlichen oder theilweisen Re
form der Wahlbezirke einverstanden erklären werde, lasse sich zur
Zeit noch nicht ersehen.
Hierauf wurde auf Antrag eines Ausschußmitgliedes die Sitzung
vertagt und beschlossen, den Herrn Oberbürgernieister um Beiwoh
nung der nächsten Sitzung zu ersuchen.
a. u. s.
Dr. Straßmann.
Zu Nr. 37.
IV.
Verhandelt Berlin, den 29. November 1879.
Anwesend:
Stadtverordneten-Vorsteher Dr. Straßmann, Vorsitzender,
Stadtv. Berlheim,
. Dr. Cohn,
- Gerth.
- Dr. Hermes,
- Krebs,
- Dr. Kürten,
- Dr. Neumann I., Referent,
- Dr. Schultz l. und
- Dr. Stryck.
Nicht anwesend:
Herr Stadtverordneten-Vorsteher - Stellvertreter W u l f s h ei n, Vor
sitzender-Stellvertreter,
- Stadtv. Dietmar,
- - Dr. Horwitz,
- - Loewe, beurlaubt,
- - Dr. Virchow.
Seitens des Magistrat« waren zugegen:
Herr Oberbürgermeister Dr. von Forckenbeck,
- Bürgermeister Duncker und
- Stadtrath Schreiner.
Zn der Ausschußsitzung am 3. September cr. war von einer
Seite der Vorschlag gemacht worden, eine Umgestaltung der Com
munal-Wahlbezirke in der Weise vorzunehmen, daß die bedeutende
Anzahl der ganz kleinen Wahlbezirke der inneren Stadt zu größeren
Wahlbezirken zusammengelegt und dagegen die ungebührlich großen
und stark bevölkerten Wahlbezirke der äußeren Stadtgegenden in eine
größere Anzahl kleinerer Wahlbezirke zerlegt würden.
Ein anderer Antrag ging dahin, die Zahl der Stadtverordneten
um 18 zu vermehren, und zu Gunsten der 6 Wahlbezirke mit der
größten Wählerzahl III. Abtheilung sechs neue Wahlbezirke zu
bilden.
Ueber diese beiden Anträge hat der Ausschuß sich nicht schlüssig
gemacht, weil er zuvörderst wissen wollte, ob der Magistrat nack
Kenntnißnahme der Ausschußverhandlungen seine bisherige Stellung
in dieser Angelegenheit ausgeben und sich mit einer gänzlichen odei
theilweisen Reform der Wahlbezirke einverstanden erklären werde.
Das Magistratscollegium hatte nämlich bisher an der Änlich
festgehalten, daß bei den alle zwei Jahr vorzunehmenden Ergänzungs
wählen zur Stadtverordneten-Versammluug eine Abänderung de
Wahlbezirkseintheilung nicht vorgenommen werden könne, weil de
8. 21 Alinea 3 der Städteordnung die ausdrückliche Bestimmun!
enthält:
Alle Ergänzung«- oder Ersatzwahlen werden von den
selben Abtheilungen und Wahlbezirken (8- 14) vorgenoni
men, von denen der Ausgeschiedene gewählt war.
Zn der heutigen Sitzung nun wurde seitens der Herren Vel
treter des Magistrats die Mittheilung gemacht, daß das Magistrats
collegium sich in einer besonderen Sitzung im Princip dahin geeinig
habe, eine Vermehrung der Zahl der Stadtverordneten um 18 zu
zulassen, zur Herstellung eine« richtigen Verhältnisses der Wahl