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Volume No. 9 (57), 31. Januar 1880

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1880 (Public Domain)

Uebelstände sich auch ohne Abänderung der betreffenden Bestimmungen 
der Städteordnung beseitigen taffen werden. 
Ein Mitglied machte geltend, daß eine Aenderung der Kommunal' 
Wahlbezirke am besten herbeigeführt werden könne durch eine Ver 
schiebung der Wahlbezirke vom Zentrum der Stadt aus nach der 
Peripherie zu in der Weise, daß die Wahlbezirke im Innern der Stadt 
größer, und dagegen die Wahlbezirke nach der Peripherie zu entsprechend 
kleiner werden! Es muffe dabei allerdings, soweit als möglich, Rück 
sicht darauf genommen werden, daß von den jetzigen Wahlbezirken 
gewiffe Theile mit den bisherigen Nummern der Wahlbezirke als 
Stamm für die zu bildenden neuen Wahlbezirke verbleiben, um dem 
§. 21 der Städteordnung zu genügen, wonach die Ergänzungs- und 
Ersatzwahlen immer von denselben Abtheilungen und Wahlbezirken 
vorgenommen werden sollen. Von dem Direktor des städtischen 
statistischen Bureaus, Herrn Regierungsrath Boeckh, seien zu einem 
solchen Projekt die Karten schon gezeichnet; man möge daher dem 
Magistrat um eine Vorlage in diesem Sinne ersuchen und sich mit 
der Vorlage zugleich die von Herrn Regierungsrath Boeckh ange 
fertigten Karten vorlegen lassen. Nach diesem Plane sei bei Gelegen 
heit ' der Ergänzungswahlen eine durchgreifende Neueintheilung der 
Wahlbezirke möglich, und zwar sowohl auf einmal mit einem Schlage, 
als auch nach und nach innerhalb 4—6 Jahren. Um aber das jetzt 
bestehende Mißverhältniß zwischen den einzelnen Wahlbezirken nicht 
wieder eintreten zu lassen, sei es nöthig, von Zeit zu Zeit je nach 
der Zunahme der Bevölkerung eine geringe Verändening resp. Ver 
schiebung der Wahlbezirke vorzunehmen In Breslau werde dies Ver 
fahren geübt, wie dies im statistischen Bericht dieser Stadt vom Jahre 
1877 näher ausgeführt sei, und aus eine dagegen erhobene Beschwerde 
habe die Regierung daselbst reskribirt, daß die Bestimmung des §. 21 
der Städteordnung einer solchen Neueintheilung der Wahlbezirke nicht 
entgegenstehe und daß die Beschwerde unbegründet sei. 
Wenn man die hier in Berlin im Zentrum vorhandenen kleineren 
Wahlbezirke gegenüber den an der Peripherie der Stadt belegenen 
sehr großen Wahlbezirken nicht konserviren wolle, so möge man nach 
dem Vorschlage vorgehen. Der Antragsteller erklärte auch, event, da 
mit einverstanden zu sein, wenn die Zahl der Stadtverordneten um 
9 oder 18 vermehrt würde. 
Gegen diese Ausführungen wurde eingewendet, daß durch eine 
Veränderung der einzelnen Wahlbezirke in der vorgeschlagenen Weise, 
die Bestimmung des §. 21 der Stäbteordnung unter allen Umstän 
den würde verletzt werden Wenn bei Verschiebung der Wahlbezirke 
von denselben auch wirklich kleine Theile als Stämme für die neuen 
Bezirke verbleiben könnten — was kaum möglich sein werde — so 
könne doch gewiß nicht in Abrede gestellt werden, daß durch die Ver 
größerung einzelner Wahlbezirke, durch Hinzulequng angrenzender 
Straßenstrecken das Wahlrecht der Wähler in den jetzigen kleineren 
Wahlbezirken geschmälert werden würde. Der Vorgang in Breslau passe 
gar nicht hierher, weil dort die einzelnen Abtheilungen jede für sich 
durch die ganze Stadt wählen und in Folge dessen eine Abänderung 
in der Bezirkseintheilung sehr einfach und leicht durchführbar sei. 
Diese Einrichtung sei daher gar nicht zu vergleichen mit der vor 
geschlagenen Neueintheilung durch Verschiebung und Zusammenlegung 
der Wahlbezirke. Die vorgeschlagene Veränderung würde, abgesehen 
davon, daß dieselbe gesetzlich unzulässig sei, die größte Verwirrung 
und Unzufriedenheit auf allen Seiten hervorrufen, und man solle 
daher auf den Vorschlag nicht weiter eingehen, zumal es bei der in 
Aussicht stehenden neuen Kommunalgesetzgebung' nicht darauf an 
komme, auf eine lange Reihe von Jahren Abhilfe zu schaffen, und 
weil für die nächste Zeit bei einer rationellen Verbindung der §§. 12, 
14 und 21 der Städteordnung einfach in der Weise geholfen werden 
könne, daß man die Zahl der Stadtverordneten von 108 auf 126 
erhöhe und die größten Wahlbezirke, insbesondere diejenigen, welche 
in der dritten Abtheilung mehr als 10 000 Wähler haben, theile, so 
daß dann zusammen 42 Kommunalwahlbezirke statt 36 bestehen 
würden. 
Nach der dem SitzungsprotokoUe vom 10. Mai er. angehängten 
Tabelle hätten im Jahre 1878 die Wahlbezirke 23, 28, 33, 34, 35 
und 36 in der dritten Abtheilung jeder mehr als 10 000 Wähler ge 
habt; wenn der Magistrat aus den Vorschlag eingehe, so könne mit 
der Theilung dieser Wahlbezirke sofort vorgegangen werden. Es sei 
ferner von großer Wichtigkeit, daß bei dieser Gelegenheit das Ver 
hältniß der Wahlerzahl zu der Einwohnerzahl genau geprüft und 
festgestellt werde, ob mit Rücksicht auf die von dem Stadtverordneten 
vr. Neu mann in feinem Referate am 10. Mai cr. hervorgehobenen 
Momente auch in der That in Berlin nach der bisherigen Wahlpraxis 
die Wahlberechtigung eine zu große Ausdehnung erhalten habe. 
Der Herr MagrstratskommissariuS äußerte sich dahin, daß nach 
seiner persönlichen Meinung eine Neueintheilung der Wahlbezirke auf 
Grund des §. 14, resp. §. 12 der Städteordnung mit Rücksicht 
darauf, daß die im Jahre 1853 durch den Magistrat vorgenommene 
erste Feststellung der Wahlbezirke durch die damals nicht zu erwar 
tende enorme Verschiebung der Populationsverhältnisse gegenwärtig 
mit der Bestimmung des 8 14 kaum mehr in Einklang stehen, und 
nicht für immer maßgebend sein dürfte, gerechtfertigt und zulässig 
erscheine, so daß im Falle einer Neueintheilung die Vorschrift des 
§. 21 Al. 3 vorübergehend zu sistiren sei. 
Eine fortgesetzte Abänderung durch Verschiebung der Wahlbezirke 
je nach der Aenderung der Einwohnerzahl erscheine nicht rathsam, 
weil dadurch große Verwirrung entstehen würde. Was den zweiten 
Vorschlag betrifft, so meinte der Herr Kommissar sich mit einer mäßi 
gen Vermehrung der Zahl der Stadtverordneten, etwa um 9, höch- 
stens um 18. einverstanden erklären zu können. Würde bei Annahme 
dieses Vorschlages eine ortsstatutarische Bestimmung aus Grund des 
8. 12 der Städteordnung festzusetzen und der Königlichen Regierung zur 
Genehmigung einzureichen sein, so dürste Letztere voraussichtlich in 
der Theilung der größten Wahlbezirke keine Verletzung des 8- 21 
Al. 3 erblicken. Ob der Magistrat nach Kenntnißnahme der Ver 
handlungen des Ausschusses seine bisherige Stellung in der Angele 
genheit aufgeben und sich mit einer gänzlichen oder theilweisen Re 
form der Wahlbezirke einverstanden erklären werde, lasse sich zur 
Zeit noch nicht ersehen. 
Hierauf wurde auf Antrag eines Ausschußmitgliedes die Sitzung 
vertagt und beschlossen, den Herrn Oberbürgernieister um Beiwoh 
nung der nächsten Sitzung zu ersuchen. 
a. u. s. 
Dr. Straßmann. 
Zu Nr. 37. 
IV. 
Verhandelt Berlin, den 29. November 1879. 
Anwesend: 
Stadtverordneten-Vorsteher Dr. Straßmann, Vorsitzender, 
Stadtv. Berlheim, 
. Dr. Cohn, 
- Gerth. 
- Dr. Hermes, 
- Krebs, 
- Dr. Kürten, 
- Dr. Neumann I., Referent, 
- Dr. Schultz l. und 
- Dr. Stryck. 
Nicht anwesend: 
Herr Stadtverordneten-Vorsteher - Stellvertreter W u l f s h ei n, Vor 
sitzender-Stellvertreter, 
- Stadtv. Dietmar, 
- - Dr. Horwitz, 
- - Loewe, beurlaubt, 
- - Dr. Virchow. 
Seitens des Magistrat« waren zugegen: 
Herr Oberbürgermeister Dr. von Forckenbeck, 
- Bürgermeister Duncker und 
- Stadtrath Schreiner. 
Zn der Ausschußsitzung am 3. September cr. war von einer 
Seite der Vorschlag gemacht worden, eine Umgestaltung der Com 
munal-Wahlbezirke in der Weise vorzunehmen, daß die bedeutende 
Anzahl der ganz kleinen Wahlbezirke der inneren Stadt zu größeren 
Wahlbezirken zusammengelegt und dagegen die ungebührlich großen 
und stark bevölkerten Wahlbezirke der äußeren Stadtgegenden in eine 
größere Anzahl kleinerer Wahlbezirke zerlegt würden. 
Ein anderer Antrag ging dahin, die Zahl der Stadtverordneten 
um 18 zu vermehren, und zu Gunsten der 6 Wahlbezirke mit der 
größten Wählerzahl III. Abtheilung sechs neue Wahlbezirke zu 
bilden. 
Ueber diese beiden Anträge hat der Ausschuß sich nicht schlüssig 
gemacht, weil er zuvörderst wissen wollte, ob der Magistrat nack 
Kenntnißnahme der Ausschußverhandlungen seine bisherige Stellung 
in dieser Angelegenheit ausgeben und sich mit einer gänzlichen odei 
theilweisen Reform der Wahlbezirke einverstanden erklären werde. 
Das Magistratscollegium hatte nämlich bisher an der Änlich 
festgehalten, daß bei den alle zwei Jahr vorzunehmenden Ergänzungs 
wählen zur Stadtverordneten-Versammluug eine Abänderung de 
Wahlbezirkseintheilung nicht vorgenommen werden könne, weil de 
8. 21 Alinea 3 der Städteordnung die ausdrückliche Bestimmun! 
enthält: 
Alle Ergänzung«- oder Ersatzwahlen werden von den 
selben Abtheilungen und Wahlbezirken (8- 14) vorgenoni 
men, von denen der Ausgeschiedene gewählt war. 
Zn der heutigen Sitzung nun wurde seitens der Herren Vel 
treter des Magistrats die Mittheilung gemacht, daß das Magistrats 
collegium sich in einer besonderen Sitzung im Princip dahin geeinig 
habe, eine Vermehrung der Zahl der Stadtverordneten um 18 zu 
zulassen, zur Herstellung eine« richtigen Verhältnisses der Wahl
	        
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