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Verpachtung von Osdorf rc. aber noch nicht ausführbar sei, weil man
bisher genügende Erfahrungen darüber, wie die Wässer am testen unter
zubringen, nicht habe sammeln können, bezüglich der Osdorfer Ländereien
von einer solchen Generalverpachtung vorläufig Abstand genommen, ein
Versuch damit aber bei den für das IV. und V. Radialsystem bestimmten
Ländereien gemacht werde Bei einem solchen Versuch würde es sich nun,
zur Vermeidung unausbleiblicher Differenzen mit dem Pächter, von vorn
herein empfehlen, die Ländereien aptirt und drainirt zu verpachten, und
nicht, wie der Magistrat beabsichtige, bei dem Ausgebot es den Pacht
lustigen zu überlassen, ob sie das Land in aptirtem oder unaptirtem Zu
stande übernehmen wollen. Vorerst werde die Stadt auf große Erträge
nicht rechnen können, denn eine vermehrte Nachfrage werde erst eintreten,
wenn in Folge der Bewirthschaftung durch Privat-Erfolge sichtbar werden.
Die Aptirung erfordere nicht unbedeutende Geldauswendungen, wozu noch
für den Unternehmer die Ungewißheit trete, ob er nach Vollendung der
Arbeiten dieselben so ausgeführt haben wird, wie die Stadt es verlangt.
Dies Moment werde von der Pachtung abschrecken, weshalb cs zweckmäßiger
erscheine, die Ländereien von Falkenberg rc. nur in aptirtem und drainirlem
Zustande auszubieten.
Ein ferneres Bedenken gegen die Vorlage bestand darin, daß die
Pächter zur Abnahme der gesammten Abwässer aus den Systemen IV.
und V. und der vielleicht sonst noch anzuschließenden Systeme verpflichtet
sein sollen.
Diese Bedingung sei so schwerwiegender Natur, daß sich nicht leicht
Unternehmer finden würden.
Nachdem von einigen Rednern über die Art und Weise der Bewirth-
schaftung von Osdorf und die dadurch erzielten Resultate gesprochen und
dabei Vorschläge gemacht worden waren, wie rationeller gewirthschaftet
werden könnte, um bessere Resultate zu erzielen, nahm Herr Stadtrath
Marggraff das Wort, um eingehend die thatsächlichen Verhältnisse von
Osdorf zu erörtern, wobei er insbesondere bestrebt war, die irrigen Vor
aussetzungen bei der Beurtheilung der erzielten Resultate richtig zu stellen,
und wobei er auf die von ihm aus verschiedenen Veranlassungen in der
Stadtverordneten-Versammlung mehrfach abgegebenen Erklärungen Bezug
nahm. Was die bemängelte Rentabilität der Selbstwirthschaft betrifft,
so bemerkte der Herr Stadtratb, daß in erster Linie die vom sanitären
Standpunkt aus geforderte ordnungsmäßige Unterbringung der Abwässer
und erst in zweiter Linie die Rentabilität der Rieselfelder sowie die Ver
werthung der Dungstofie in Betracht komme. Da nun von anderwärts
Erfahrungen über derartige große Rieselwirthschasten nicht vorlägen, an
dererseits aber Werth darauf gelegt werden müsse, das ganze Unternehmen
£ nach einem einheitlichen Plane durchzuführen, um so mehr, als die gegen
wärtige Entwässerung eine Vervollständigung resp. Verbesserung erfordere,
sei der Magistrat der Meinung gewesen, mit einer Generalverpachtung
der Rieselfelder in Osdorf und Friederitenhof zur Zeit noch nicht vor
zugehen, wodurch jedoch nicht ausgeschlossen sein solle, die Verpachtung
einzelner Parzellen daselbst, deren Auswahl der Verwaltung zu überlassen
sei, zu versuchen. Auch sei es gewiß praktisch, eine Concurrenz dadurch
hervorzurufen, daß die Beivirthschafrung an der einen Stelle in eigener
Regie, an einer anderen Stelle durch Unternehmer ausgeführt wird. Dann
erst werde man in die Lage kommen, Vergleiche anstellen und die ver
schiedenen Resultate gegen einander abwägen zu können, um demnächst zu
der rationellsten Art der Bewirthschaftung zu gelangen. Wenn von einer
Seite Bedenken dagegen laut geworden seien, daß der Pächter die Wässer
in den Quantitäten nehmen müsse, wie sie kommen, so sei dies eine Be
dingung, von der nicht abgegangen werden könne, wenn anders die Stadt
sich nicht gebunden dem Pächter überliefern wolle. Im Sommer und bei
normalen Verhältnissen gelange gerade so viel Wasser aus die Rieselfelder,
als gebraucht werde, mitunter trete sogar Mangel daran ein, und erst,
wenn das 13^/2 fache dieses Quantums in den Röhren vorhanden sei,
fingen die Nothauslässe an zu functioniren. Die Stadt würde sich also
in der Lage befinden, eben so viel Terrain zu rescrviren, als sie jetzt ver
pachten will, um dieses überschießende Quantum, dieses IZ^fache des ge
wöhnlichen Gebrauchs, welches der Pächter zurückgewiesen hat, unter
zubringen. Eine Verpachtung unter solchen Verhältnissen sei somit nicht
zu empfehlen. Auch die Controlc über die verpachteten Ländereien, so
wohl in Bezug auf Bewirthschaftung als auf Aptirung und Drainirung,
werde die städtische Verwaltung nicht aus der Hand lassen können, weil
es sich um sanitäre Ausgaben handelt und die Stadt bei vorkommenden
Unregelmäßigkeiten doch immer zunächst in Anspruch genommen werden
würde.
Inzwischen war der Wunsch zu erkennen gegeben worden, sich erst an
Ort und Stelle ein Bild davon zu verschaffen, wie die einzelnen Güter
sich zur Verpachtung eignen möchten. Ein dahin abzielender Antrag er
hielt bei der Abstimmung die Majorität der Stimmen und wurde dem
nächst verabredet, sich in corpore am Dienstag, den 20. d. Mts., mit
dem um 3 Uhr 15 Minuten vom Anhalter Bahnhof abgehenden Zuge
nach Osdorf zu begeben. Eine Besichtigung der Güter Falkenberg und
Bürknersfelde bleibt späterer Entschließung vorbehalten. Hiermit wurde
die Berathung für heute geschlossen.
V. w. 0.
gez. Vollgold.
Zu Nr.
II.
Verhandelt Berlin, den 26. Mai 1880.
Anwesend:
Stadtverordneten-Borsteher-Stellvertreter Vollgold, Vorsitzender,
Stadtverordneter Gericke II.,
- Neumann II.,
- Limprecht,
- Scheiding,
- Hentz,
- Talke,
- Paetel,
- Sols,
- Seibert.
Es fehlten:
Herr Stadtverordneter Fritze, t
Fri-dh-im, beurlaubt.
- - M 0 t e s, l
- - Spielberg. )
- - Ripberger, entschuldigt.
Herr Stadtrath Marggraff ist durch Unwohlsein am Erscheinen
verhindert gewesen.
Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls über die Sitzung
am 13. April cr. wurde in der Generaldiscussion fortgefahren. Zu er-
wähnen ist vorher noch, daß der Ausschuß sich io corpore am 20. April
nach Osdorf zur Besichtigung der dortigen Rieselländereien begeben hat,
sowie ferner, daß die vorbchaltene gleiche Besichtigung von Falkenberg
und Bürknersfelde nickt beliebt worden ist, nachdem sich in Osdorf Ge
legenheit gefunden hat, sich bezüglich der vorliegenden Fragen gehörig zu
informiren.
Bei der heutigen Berathung wurde zunächst wieder, wie bereits in
der vorigen Sitzung, die Art der Bewirthschaftung von Osdorf und
Friederikenhof einer Besprechung unterzogen und dabei von allen Rednern
die Nothwendigkeit betont, darauf hinzudrängen, daß billiger gewirth-
schäftet und dadurch der bisher alljährlich zu leistende bedeutende Zuschuß
verringert werde Dies würde zu erreichen sein, wenn man den Bau der
feineren Gemüse und Früchte noch mehr, als bereits geschehen, einschränken
und sich hauptsächlich mit Wiesen-, Körner-, Knollen- und Holzbau be
schäftigen, also in größerer Anzahl Sommer- und Winterbassins anlegen
möchte. Die Eintheilung der Felder werde dann eine practischcre werden
und, worauf das größte Gewicht zu legen, die Beetanlagen, welche, nach
Aufzehrung der aus den Wiesen erzielten Neberschüffe, noch einen Zuschuß
erfordern, würden im Großen und Ganzen beseitigt, wonächst die Mög
lichkeit eintrete. Thier- und Maschinenkräftc mehr als bisher in Anwendung
zu bringen. Die Spatencultnr eben mache die Bewirthschaftung so theuer;
nicht diese aber sei die Hauptsache, sondern es komme nur darauf an, die
Schmutzwässer auf die zweckentsprechendste Art unterzubringen. Früher
oder später werde man doch, wenn man nicht immerfort neue Terrains
ankaufen wolle, sich auf Körner- und Knollenbau beschränken müssen.
Um nun nach dieser Richtung hin einen Einfluß zu gewinnen, wurde
der Antrag gestellt, die Einsetzung eines Curatoriums für die Bewirth
schaftung der Ländereien in Osdorf und Fricderikenhof herbeizuführen.
Dieser Antrag erhielt lebhafte Unterstützung und wird nach Schluß der
Berathung zur Abstimmung gcbrachi werden.
Inzwischen war die Frage aufgeworfen worden, weshalb es nicht
möglich sein sollte, für Osdorf und Friederikcnhof, nachdem die dortigen
Ländereien bereits fast sämmtlich aptiri sind, einen Generalpüchter zu
finden, und ob noch kein Versuch damit gemacht worden sei. Wenn in
Bezug auf Falkenberg und Bürknersfelde eine Generalverpachtung beab
sichtigt, also solche doch für angängig möglich erachtet werde, weshalb
sollte nicht unter viel günstigeren Bedingungen ein Resultat von dem
öffentlichen Ausgebot der Ländereien in Osdorf rc. zu erwarten sein, wo
bei es weniger daraus ankommen würde, eine hohe Pachtsummc zu er
zielen, als vielmehr darauf, die Abwässer los zu werden, ohne daß es
nöthig ist, eine eigne kostspielige Verwaltung zu halten.
Von diesem Gesichtspunkte aus wurde beantragt, die Genehmigung
zur Verpachtung einzelner Parzellen in Osdorf und Friederikenhof vor
läufig noch nicht zu ertheilen, vielmehr den Magistrat zu ersuchen, zu
vörderst die genannten Güter zur Generalpacht auszubieten in der Art,
daß dem Meistbietenden der Zuschlag ertheilt werden soll. Erst wenn
ein derartiger Versuch sich als erfolglos herausgestellt habe, würde es an
der Zeit, der Frage wegen der Einzelverpachtung näher zu treten.
Diesem Vorschlage wurde entgegengehalten, daß die Canplisations-
Deputation sich bereits eingehend mit der bezüglichen Frage beschäftigt
habe, auch sei dieserhalb schon ein Pachtvertrag ausgearbeitet worden, es
habe sich indessen gezeigt, daß Osdorf jedenfalls zur Zeit noch nicht ver
pachtet werden könne, weil noch keine Erfahrungen darüber vorliegen, wie
sich die Ent- und Bewässerung gestalten wird, wenn die gesammten Ab
wässer aus den Radialsystemen I., II. und III. nach dort geführt sind,
man überhaupt nicht wisse, wie groß die Quantitäten dieser Abwässer stur
werden, auch Werth darauf gelegt werden müsse, daß die fast in allen
Theilen der Ländereien in Angriff genommenen Aptirungs- und Drarnr-
rungsarbeiten nach einem einheitlichen System durchgeführt werden, um