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Innung zur Vervollkommnung und Hebung des Gewerbes Gelegenheit
darbieten, die Genossen zur Berathung und Selbstverwaltung, sowie zu
gegenseitigem Beistände vereinigen, und dazu dienen, Ordnung und
Einigkeit unter sich zu erhalten, die Standesehre der Genossenschaft zu
wahren, und durch Bildung eines die Interessen des gesammten Gewerbe
standes gegenüber den Staatsbehörden vertretenden Centralorgans (Ge
werbekammer) zu wirken.
Diesen allgemeinen Zwecken entsprechend hat die Innung:
a) die Aufnahme, die Ausbildung und das Betragen der Lehr
linge und Gesellen zu beaufsichtigen, event, ein gutes Ver
hältniß zwischen Meister und Gesellen zu fördern,
b) der Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Jnnungsgenossen
sich zu unterziehen,
e) die Verwaltung über die für die Jnnungsgenossen errichteten
Kranken-, Sterbe-, Wittwen- und Unterstützungskassen zu leiten.
Mitgliedschaft.
8. 2.
Die Mitglieder der Innung in
bleiben Mitglieder der als
fortbestehenden Corporation.
Aufnahme neuer Mitglieder.
8- 3.
Jeder unbescholtene in oder in der Umgegend woh
nende Meister und Geselle kann die Aufnahme in diese
Innung unter den nachstehenden unter I. und II festgesetzten Bedingun-
gen verlangen:
I. Der Aufzunehmende hat die Befähigung zum selbstständigen
Betriebe des Gewerbes nachzuweisen. Eine
Dispensation kann, wenn besondere Gründe dafür sprechen, von
dem Jnnungsvorstande beschlossen werden.
II. Bei der Aufnahme ist ein Antrittsgeld von M. zu ent
richten, welche zur Jnnungskasse fließen. Hierunter sind jedoch
die Aufnahmegebühren der bei der Innung bestehenden Special
kassen, als Kranken-, Sterbe-, Wittwen-, Unterstützungskasse
nicht mit einbegriffen.
8. 4.
Von dem Eintritt in die Innung sind diejenigen ausgeschlossen
(tz. 83 der G.-Ord. vom 21. Juni 1869):
1. welche die bürgerliche Ehre verloren haben;
2. welchen die Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit
untersagt ist;
3. welche sich in Konkurs befinden.
8- 5.
Ueber die Zulässigkeit des Aufnahmegesuchs, welches schriftlich bei
dem Obermeister (§ 21) einzureichen ist, hat der Jnnungsausschuß zu
entscheiden; er darf aber, wenn die im §. 2 vorgeschriebenen Bedingungen
erfüllt sind, und keine der im §. 4 erwähnten Gründe der Ausschließung
vorliegen, die Aufnahme nicht versagen.
8- 6
Durch den Beschluß, welcher die Zulässigkeit des Aufnahmegesuchs
feststellt, tritt der Aufzunehmende in alle Rechte und Pflichten eines
Jnnungsgenossen. Der Obermeister hat ihn von dem Beschlusse in
Kenntniß zu setzen und mit den Obliegenheiten bekannt zu machen, welche
er durch den Eintritt in die Innung übernommen hat. Die förmliche
Aufnahme erfolgt in der ersten ordentlichen Versammlung der Innung.
Der Aufgenommene hat sich zur Erfüllung jener Obliegenheiten durch
Handschlag, sowie durch Vollziehung der über seine Aufnahme nieder
geschriebenen Verhandlung zu verpflichten. Demnächst wird ihm eine
Bescheinigung über die erfolgte Aufnahme unentgeltlich eingehändigt.
Wittwen und minderjährige Erben verstorbener Genossen.
§. 7.
Wird nach dem Tode eines Jnnungsgenossen dessen Gewerbe durch
einen zum selbstständigen Betriebe dieses Gewerbes befähigten Stellver
treter für Rechnung der Wittwe, oder wenn minderjährige Erben vor
handen sind, für deren Rechnung fortgesetzt, so gehen die Befugnisse und
Obliegenheiten des verstorbenen Genossen mit Ausnahme des Stimm
rechts auf die Dauer des Witlwenstandcs, auf minderjährige Erben für
die Dauer der Minderjährigkeit über
Großjährige Söhne der Jnnungsgenossen haben den Bedingungen
der Aufnahme (§. 3) ebenso wie andere Gewerbetreibende zu genügen.
Allgemeine Befugnisse und Obliegenheiten der
Jnnungsgenossen.
8. 8.
Der Eintritt in die Innung begründet die Theilnahme an denjenigen
Rechten und Befugnissen, welche nach den Gesetzen und nach diesem Sta
tute den Genossen zustehen, insbesondere die Theilnahme an dem Ver
mögen der Innung und an ihren wohlthätige» Einrichtungen, sowie die
Mitbenutzung ihrer gemeinsamen Anstalten unter den dafür festgesetzten
Bedingungen.
8. 9.
Stimmberechtigt in den Versammlungen der Innung ist jeder Jn-
nungsgenosse vom Tage seiner Aufnahme an.
Die nach den Bestimmungen in §. 7 zur Innung gehörenden
Wittwen und minderjährigen Erben verstorbener Genossen sind nicht stimm
berechtigt.
8- 10.
Zur Erreichung der Zwecke der Innung hat jeder Genosse nach den
Bestimmungen des Statuts mitzuwirken, und den, mit Beachtung der
gesetzlichen und statutarischen Vorschriften, gefaßten Beschlüssen des Jn-
nungsausschusses, sowie den entsprechenden Anordnungen des Vorstandes
Folge zu geben.
Die Bestimmungen des 8- 21 in Betreff der Annahme der Wahl
zum Mitgliede des Vorstandes gelten auch hinsichtlich der Verpflichtung
jedes Jnnungsgenossen zur Annahme der Wahl zum Mitgliede des
Jnnungsausschusses (8- 16).
8- 11.
Kommen Beleidigungen oder Streitigkeiten, besonders solche, die sich
auf den Sinn und die Auslegung des Jnnungsstatutes oder deren Special
kassen beziehen, vor, so hat der Vorsitzende das Schiedsgericht zu laden,
um unter den streitenden Parteien einen Vergleich oder eine Aussöhnung
zu versuchen.
Zu diesem Zwecke wird vom Jnnnngsausschusse ein Schiedsgericht,
bestehend aus fünf Personen, auf drei Jahre gewählt.
Zum Schiedsgericht können nur solche Mitglieder gewählt werden,
die kein Amt bei der Innung oder deren Kassen verwalten.
Wer solche Streitigkeiten ohne vorhergegangenen Sähneversuch vor
dem Schiedsgericht, zur gerichtlichen Entscheidung bringt, gegen den kann
auf Antrag des Schiedsgerichts beim Jnnungsausschnsse die Entziehung
des Stimm- und Wahlrechts (nach 8. 17) beschlossen werden.
Jeder Jnnnngsgenosse ist verpflichtet, der schriftlichen Vorladung des
Vorstandes und des Schiedsgerichts zu Erörterungen oder Verhandlun
gen, bei welchen seine Vernehmung erforderlich ist, Folge zu leisten. In
der Vorladung ist der Zweck derselben bekannt zu machen. Für den Fall
des Ausbleibens kann auf Antrag des Schiedsgerichts beim Jnnungs-
ausschusse die Entziehung des Stimm- und Wahlrechts beschlossen
werden.
Freiwilliger Austritt aus der Innung.
8. 12.
Die Genossen der Innung können freiwillig jederzeit nach vollstän
diger Berichtigung der rückständigen Beiträge und nach Erfüllung aller
Verpflichtungen gegen die Innung ausscheiden. Der Ausgeschiedene ver
liert alle Ansprüche an das Jnnungsvermögen, und die durch dasselbe
ganz oder theilweise gegründeten Nebenkassen, soweit die Statuten nicht
ein Anderes bestimmen
Der beabsichtigte Austritt muß dem Borstande unter Beibringung
des Nachweises, daß der Ausscheidende an keine Kasse mehr etwas schuldet,
schriftlich angezeigt werden.
Vom Empfangstage des Austrittsgesuchs an geht der Ausscheidende
aller durch die Mitgliedschaft bedingten Befugnisse und Ansprüche an die
Innung verlustig, andererseits hört alsdann seine Verpflichtung zur fer
neren Zahlung von Beiträgen auf, soweit er nicht nach allgemeinen gesetz
lichen Bestimmungen für die nachträgliche Erfüllung solcher Verpflichtungen
der Innung, welche schon vor seinem Ausscheiden begründet waren, mit
den übrigen Jnnungsgenossen aufkommen muß.
Die Wiederaufnahme ausgeschiedener Genossen kann nur nach den
von der Innung festgesetzten Bedingungen erfolgen.
§. 13.
Jnnungsgenossen können auf Beschluß der Innung von der Aus
übung ihres Stimmrechtes, sowie der Ehrenrechte innerhalb der Innung
ausgeschlossen werden, wenn sie sich in einem der im 8- 83 der G.-Ord.
vom 21. Juni 1869 unter 1, 2, 3 bezeichneten Verhältnisse befinden.
Jnnungsgenossen, welche länger als Jahre ihre Beiträge zur
Jnnungskasse schulden, oder welche in dieser Zeit nicht zu ermitteln waren,
verlieren in beiden Fällen ihre Mitgliedschaft, und somit ihre Rechte so
wohl an die Jnnungs- wie an die Nebenkassen der Innung.
Ordentliche Versammlungen der Innung.
8. 14.
Zur Erledigung der den Beschlüssen der Jnnungsversammlung vor-
behaltenen Angelegenheiten werden jährlich ordentliche Versammlungen
der stimmberechtigten Genossen und zwar in der Stadt ab
gehalten.
Das Vcrzeichniß der in jeder einzelnen Versammlung zur Berathung
kommenden Gegenstände muß, von dem Obermeister oder dessen Stell
vertreter unterschrieben, während der letzten drei Tage vor der betreffenden
Versammlung beim Obermeister zur Einsicht jedes Jnnungsgenossen bereit
liegen. — Ueber Gegenstände, welche in diesem Verzeichnisse nicht be
zeichnet sind, darf erst in einer nachfolgenden ordentlichen oder
ordentlichen Versammlung Beschluß gefaßt werden. — Nur in Dringlich'
keitsfällen, welche von der Versammlung anerkannt werden müssen, kaun
sofort beschlossen werden.