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Volume No. 81 (472), 1. September 1879

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1879 (Public Domain)

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Innung zur Vervollkommnung und Hebung des Gewerbes Gelegenheit 
darbieten, die Genossen zur Berathung und Selbstverwaltung, sowie zu 
gegenseitigem Beistände vereinigen, und dazu dienen, Ordnung und 
Einigkeit unter sich zu erhalten, die Standesehre der Genossenschaft zu 
wahren, und durch Bildung eines die Interessen des gesammten Gewerbe 
standes gegenüber den Staatsbehörden vertretenden Centralorgans (Ge 
werbekammer) zu wirken. 
Diesen allgemeinen Zwecken entsprechend hat die Innung: 
a) die Aufnahme, die Ausbildung und das Betragen der Lehr 
linge und Gesellen zu beaufsichtigen, event, ein gutes Ver 
hältniß zwischen Meister und Gesellen zu fördern, 
b) der Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Jnnungsgenossen 
sich zu unterziehen, 
e) die Verwaltung über die für die Jnnungsgenossen errichteten 
Kranken-, Sterbe-, Wittwen- und Unterstützungskassen zu leiten. 
Mitgliedschaft. 
8. 2. 
Die Mitglieder der Innung in 
bleiben Mitglieder der als 
fortbestehenden Corporation. 
Aufnahme neuer Mitglieder. 
8- 3. 
Jeder unbescholtene in oder in der Umgegend woh 
nende Meister und Geselle kann die Aufnahme in diese 
Innung unter den nachstehenden unter I. und II festgesetzten Bedingun- 
gen verlangen: 
I. Der Aufzunehmende hat die Befähigung zum selbstständigen 
Betriebe des Gewerbes nachzuweisen. Eine 
Dispensation kann, wenn besondere Gründe dafür sprechen, von 
dem Jnnungsvorstande beschlossen werden. 
II. Bei der Aufnahme ist ein Antrittsgeld von M. zu ent 
richten, welche zur Jnnungskasse fließen. Hierunter sind jedoch 
die Aufnahmegebühren der bei der Innung bestehenden Special 
kassen, als Kranken-, Sterbe-, Wittwen-, Unterstützungskasse 
nicht mit einbegriffen. 
8. 4. 
Von dem Eintritt in die Innung sind diejenigen ausgeschlossen 
(tz. 83 der G.-Ord. vom 21. Juni 1869): 
1. welche die bürgerliche Ehre verloren haben; 
2. welchen die Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit 
untersagt ist; 
3. welche sich in Konkurs befinden. 
8- 5. 
Ueber die Zulässigkeit des Aufnahmegesuchs, welches schriftlich bei 
dem Obermeister (§ 21) einzureichen ist, hat der Jnnungsausschuß zu 
entscheiden; er darf aber, wenn die im §. 2 vorgeschriebenen Bedingungen 
erfüllt sind, und keine der im §. 4 erwähnten Gründe der Ausschließung 
vorliegen, die Aufnahme nicht versagen. 
8- 6 
Durch den Beschluß, welcher die Zulässigkeit des Aufnahmegesuchs 
feststellt, tritt der Aufzunehmende in alle Rechte und Pflichten eines 
Jnnungsgenossen. Der Obermeister hat ihn von dem Beschlusse in 
Kenntniß zu setzen und mit den Obliegenheiten bekannt zu machen, welche 
er durch den Eintritt in die Innung übernommen hat. Die förmliche 
Aufnahme erfolgt in der ersten ordentlichen Versammlung der Innung. 
Der Aufgenommene hat sich zur Erfüllung jener Obliegenheiten durch 
Handschlag, sowie durch Vollziehung der über seine Aufnahme nieder 
geschriebenen Verhandlung zu verpflichten. Demnächst wird ihm eine 
Bescheinigung über die erfolgte Aufnahme unentgeltlich eingehändigt. 
Wittwen und minderjährige Erben verstorbener Genossen. 
§. 7. 
Wird nach dem Tode eines Jnnungsgenossen dessen Gewerbe durch 
einen zum selbstständigen Betriebe dieses Gewerbes befähigten Stellver 
treter für Rechnung der Wittwe, oder wenn minderjährige Erben vor 
handen sind, für deren Rechnung fortgesetzt, so gehen die Befugnisse und 
Obliegenheiten des verstorbenen Genossen mit Ausnahme des Stimm 
rechts auf die Dauer des Witlwenstandcs, auf minderjährige Erben für 
die Dauer der Minderjährigkeit über 
Großjährige Söhne der Jnnungsgenossen haben den Bedingungen 
der Aufnahme (§. 3) ebenso wie andere Gewerbetreibende zu genügen. 
Allgemeine Befugnisse und Obliegenheiten der 
Jnnungsgenossen. 
8. 8. 
Der Eintritt in die Innung begründet die Theilnahme an denjenigen 
Rechten und Befugnissen, welche nach den Gesetzen und nach diesem Sta 
tute den Genossen zustehen, insbesondere die Theilnahme an dem Ver 
mögen der Innung und an ihren wohlthätige» Einrichtungen, sowie die 
Mitbenutzung ihrer gemeinsamen Anstalten unter den dafür festgesetzten 
Bedingungen. 
8. 9. 
Stimmberechtigt in den Versammlungen der Innung ist jeder Jn- 
nungsgenosse vom Tage seiner Aufnahme an. 
Die nach den Bestimmungen in §. 7 zur Innung gehörenden 
Wittwen und minderjährigen Erben verstorbener Genossen sind nicht stimm 
berechtigt. 
8- 10. 
Zur Erreichung der Zwecke der Innung hat jeder Genosse nach den 
Bestimmungen des Statuts mitzuwirken, und den, mit Beachtung der 
gesetzlichen und statutarischen Vorschriften, gefaßten Beschlüssen des Jn- 
nungsausschusses, sowie den entsprechenden Anordnungen des Vorstandes 
Folge zu geben. 
Die Bestimmungen des 8- 21 in Betreff der Annahme der Wahl 
zum Mitgliede des Vorstandes gelten auch hinsichtlich der Verpflichtung 
jedes Jnnungsgenossen zur Annahme der Wahl zum Mitgliede des 
Jnnungsausschusses (8- 16). 
8- 11. 
Kommen Beleidigungen oder Streitigkeiten, besonders solche, die sich 
auf den Sinn und die Auslegung des Jnnungsstatutes oder deren Special 
kassen beziehen, vor, so hat der Vorsitzende das Schiedsgericht zu laden, 
um unter den streitenden Parteien einen Vergleich oder eine Aussöhnung 
zu versuchen. 
Zu diesem Zwecke wird vom Jnnnngsausschusse ein Schiedsgericht, 
bestehend aus fünf Personen, auf drei Jahre gewählt. 
Zum Schiedsgericht können nur solche Mitglieder gewählt werden, 
die kein Amt bei der Innung oder deren Kassen verwalten. 
Wer solche Streitigkeiten ohne vorhergegangenen Sähneversuch vor 
dem Schiedsgericht, zur gerichtlichen Entscheidung bringt, gegen den kann 
auf Antrag des Schiedsgerichts beim Jnnungsausschnsse die Entziehung 
des Stimm- und Wahlrechts (nach 8. 17) beschlossen werden. 
Jeder Jnnnngsgenosse ist verpflichtet, der schriftlichen Vorladung des 
Vorstandes und des Schiedsgerichts zu Erörterungen oder Verhandlun 
gen, bei welchen seine Vernehmung erforderlich ist, Folge zu leisten. In 
der Vorladung ist der Zweck derselben bekannt zu machen. Für den Fall 
des Ausbleibens kann auf Antrag des Schiedsgerichts beim Jnnungs- 
ausschusse die Entziehung des Stimm- und Wahlrechts beschlossen 
werden. 
Freiwilliger Austritt aus der Innung. 
8. 12. 
Die Genossen der Innung können freiwillig jederzeit nach vollstän 
diger Berichtigung der rückständigen Beiträge und nach Erfüllung aller 
Verpflichtungen gegen die Innung ausscheiden. Der Ausgeschiedene ver 
liert alle Ansprüche an das Jnnungsvermögen, und die durch dasselbe 
ganz oder theilweise gegründeten Nebenkassen, soweit die Statuten nicht 
ein Anderes bestimmen 
Der beabsichtigte Austritt muß dem Borstande unter Beibringung 
des Nachweises, daß der Ausscheidende an keine Kasse mehr etwas schuldet, 
schriftlich angezeigt werden. 
Vom Empfangstage des Austrittsgesuchs an geht der Ausscheidende 
aller durch die Mitgliedschaft bedingten Befugnisse und Ansprüche an die 
Innung verlustig, andererseits hört alsdann seine Verpflichtung zur fer 
neren Zahlung von Beiträgen auf, soweit er nicht nach allgemeinen gesetz 
lichen Bestimmungen für die nachträgliche Erfüllung solcher Verpflichtungen 
der Innung, welche schon vor seinem Ausscheiden begründet waren, mit 
den übrigen Jnnungsgenossen aufkommen muß. 
Die Wiederaufnahme ausgeschiedener Genossen kann nur nach den 
von der Innung festgesetzten Bedingungen erfolgen. 
§. 13. 
Jnnungsgenossen können auf Beschluß der Innung von der Aus 
übung ihres Stimmrechtes, sowie der Ehrenrechte innerhalb der Innung 
ausgeschlossen werden, wenn sie sich in einem der im 8- 83 der G.-Ord. 
vom 21. Juni 1869 unter 1, 2, 3 bezeichneten Verhältnisse befinden. 
Jnnungsgenossen, welche länger als Jahre ihre Beiträge zur 
Jnnungskasse schulden, oder welche in dieser Zeit nicht zu ermitteln waren, 
verlieren in beiden Fällen ihre Mitgliedschaft, und somit ihre Rechte so 
wohl an die Jnnungs- wie an die Nebenkassen der Innung. 
Ordentliche Versammlungen der Innung. 
8. 14. 
Zur Erledigung der den Beschlüssen der Jnnungsversammlung vor- 
behaltenen Angelegenheiten werden jährlich ordentliche Versammlungen 
der stimmberechtigten Genossen und zwar in der Stadt ab 
gehalten. 
Das Vcrzeichniß der in jeder einzelnen Versammlung zur Berathung 
kommenden Gegenstände muß, von dem Obermeister oder dessen Stell 
vertreter unterschrieben, während der letzten drei Tage vor der betreffenden 
Versammlung beim Obermeister zur Einsicht jedes Jnnungsgenossen bereit 
liegen. — Ueber Gegenstände, welche in diesem Verzeichnisse nicht be 
zeichnet sind, darf erst in einer nachfolgenden ordentlichen oder 
ordentlichen Versammlung Beschluß gefaßt werden. — Nur in Dringlich' 
keitsfällen, welche von der Versammlung anerkannt werden müssen, kaun 
sofort beschlossen werden.
	        
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