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Volume No. 76 (423-426), 27. Juni 1879

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1879 (Public Domain)

Aus Zahlung der hier in Rede stehenden Kosten pro 1851/53, sowie 
einer Nachtorderung sür daS Jahr 1858 nebst Zinsen ist Fiscus seiner 
Zeit klagbar geworden, er ist aber durch rechtskräftiges Erkenntniß des 
Kammergerichis angebrachlermaßen abgewiesen worden, weil die von 
ihm gelegte Rechnung hinsichtlich der Einnahmen unvollständig war, und 
bezüglich der Ausgaben keinen Aufschluß daiüber gab, ob die der Stadt- 
gemeinde beiechnelen Kosten auch wirklich sür die örtliche Polizeimrwal- 
tnng verausgabt sind. 
Der Fiscus hat bis jetzt eine neue Klage noch nicht angestellt, wahr 
scheinlich nur aus dem Grunde, weil es ihm sehr schwer sollen mußte, die 
in einer Rechnung gleichzeitig verausgabten Summen für Landes- und 
Onspolizei präcise zu trennen. 
Eine zweite Forderung, welche der Fiscus in späterer Zeit geltend 
gemacht hat, besteht darin, daß er für die vom Staate zu Zwecken der 
örtlichen PolizeiverwaltuNg von Berlin hergegebenen fiscalrsch-n Grund 
stücke vom Jahre 1851 ab nachträglich eine Miethszahlung verlangt. 
In Betreff dieser Forderung hat der Fiscus, als er probeweise die 
Miethe nebst Zinsen sür da« Stallgebäude der beriitenen Schutzmannschafl 
ans dem Hose des Polizei-Ptäsidialgebäudes für da« Jahr 1870 einklagte, 
in erster Instanz ein obsiegendes Erkenntniß ersinnen. Gegen dies Er 
kenntniß ist unsererseits feiner Zeit die Appellation eingelegt worden, später 
aber im beiderseitigen Einverständniß der Fortgang des Pioc-sses sistiit 
worden, weil auch dieser Punkt durch die inzwischen angeki Äpsien Vergleichs- 
verhandlungcn erledigt werden sollte. Die Chancen, welche der Proceß 
uns bietet, lassen sich, da er noch schwebt, in einer der O fsenilichkeit zu 
gänglichen Vorlage nicht wohl beleuchten. Wir begnügen uns daher, vor 
behaltlich der mündlichen Erläuterung, hier mit der Hinweisung auf den 
maßgebenden §. 3 des Gesetzes vom ll. März 1850. 
Eine genaue Zusammenstellung, aus welcher die Benutzung jedes ein 
zelnen Raumes in den fiscaliichen Gebäuden seit dem Jahre 1851 bis 
auf die J<tz>zezt hcrvoigeht, welche in unserem Austrage von einem dies 
seitigen Beauilen m'l Hülfe eines Beamten des Polizci-Präsidiums auf 
Grund der Acien ausgestellt ist und aus welcher sich die Höhe der For 
derung des Fiscus ergiebt, würde von unseren Commissarien vorgelegt wer 
den, wenn, wie wir voraussetzen dürfen, die Sache einem Ausschüsse Wohl- 
derselben zur Borberathung überwiesen werden sollte. 
Die dritte Forderung, welche der Fiscus der Stadtgemeinde gegen 
über geltend macht, resuliirt aus dem zwischen beiden Theilen unterm 
10./16. December 1843 abgeschlossenen Junsdictionsvertrage. 
Durch Emanirung des Gesetzes vom LI. Mai 186 > über Einführung 
der Gebäudesteuer wurde den Communen fcie Tragung der Criimnalkosten 
abgenommen und haben wir daher von diesem Zei-punkte ab den in jenem 
Vertrage slipulirien JurisdictionScanvn gar n>chi mehr bezahlt, da wir den 
Standpunkt einnahmen, daß unter Jurisdiciionslasten gleichzeitig auch die 
Kosten zu vcrstlhen seien, welche durch die Bollnreckung von Pvlizeistrasen 
entstehen. Hiermit hat sich der Fiscus jedoch nicht einverstanden erklärt, 
ist vielmehr klagbar geworden und hat durch Overiiibunalserkcnntniß vom 
6. Juni 1866 ein dahin lautendes Eikennti»ß eistiülen, daß die Com 
mune verpflichtet sei: 
„denjenigen in soparuto zu ermittelnden Theil des Juris- 
diciianscanons, welcher noch den, dem Vertrage zu Grunde lie 
genden Berechnungen 
a) für die vom Staate in §. 2 dieses Vertrages *) übernom 
mene Verbindlichkeit zur Herstellung und Unterhaltung der 
Polizergesängnrsie und des dazu nöthigen Beamienpersonals, 
sowie zur Alimentation der Polizergesangenen in den Sladt- 
voigieigesängnissen; 
d) sür die vom Staate übernommenen Kur- und Verpflegungs- 
kostcn der Gefangenen in dem §. 17 ibid. **) festgestellten 
jährlichen Betrage von 33 460 Thalern inbegr.fsin ist, mit 
demjenigen Zuschlage, welcher geuiäß §. 16 des Vertrages 
im Verhältniß zu der Seetcnzahl aller 3 Jahre zu diesem 
Theil des Canons hinzutritt, vom 1. Jauuar 1868 ab 
zu zahlen«. 
*) Jurisdictionsvertrag. 
§. 2. 
Insbesondere wird daher aufgehoben die Verpflichtung der Commune 
zur Unterhaltung der hiesigen Stadivoiglei. 
Diese Aushebung soll sich beziehen auf die Stadtvoigteiverwaltung 
im Ganzen, folglich nicht blos auf das ciiminalrechtliche, sondern auch auf 
das polizeiliche Ressort derselben. Der Stadkgemeinde wird daher erlaffcn 
die Verbindlichkeit zur Herstellung und Unterhaltung der für die hiesige 
Residenz erforderlichen Criminal- und Polizeigesängnisie und des dazu 
nöthigen Beamienpersonals, sowie zur Alimeniutlon sowohl der Criminal« 
arrestanien, als auch der Polizeigefangenen, insoweit diese bisher in den 
Stadtvoigieigefängntsien untergebracht sind. 
**) §. 17. 
Für den ersten 3jährigen Turnus von 1842, 1843, 1844 ist dieser 
Jurisdiciionscanon nach den im §. 16 angegebenen Grundsätzen berechnet 
und von beiden contrahirenden Theilen auf die Summe von 33 400 Thlr. 
in preußisch Courant jährlich festgesetzt worden, und verpflichte, sich die 
Commune, denselben vom l. Januar 1844 ab, wie im §. 15 Nr. 2 ver 
ordnet ist, an den Königlichen FrScus zu zahlen. 
Da die Kosten der Criminal- und Polizeigcrichisbarkeit vom Fiscus 
rechnungsmäßig nickt getrennt gehalten sind, so ist FiScus auch schwer in 
der Lage, dem Judicat gemäß, denjenigen in separat« zu ermitielnden 
Betrag anzugeben, welcher lediglich durch die Poti «eigefangenen ver 
ursacht ist. 
Die Berechnungen, welche im Ministerium des Innern hierüber auf 
gestellt sind, mögen annähe» nd richtig sein, da sie mit dem Verhäliniß der 
Criminal- zu den Polizergisangenen, wie sich dasselbe auch in der Neuzeit 
herausgestellt hat, übereinstimmen. Hieraus ergiebt sich aber die vollkom 
mene Richtigkeit, die uns zur Auszahlung zwingen würde, auch nicht. 
Wenn nun saon durch das Gesetz vom II. März 1850 und die 
Gesetze vom 14. Mai 1852 und 26. März 1856 die Ausführung des 
JunSdictionsvertrages in einzelnen Punkten alterin würde, so mußte dies 
noch in einem erhöhten Maße eintreten, als im Jahre 1861 die beträcht 
liche Erweiterung d-s Weichbildes von Berlin stattfand. Während näm, 
l>ch der von der Staktgemeinde vertretene Standpunkt der war, daß der 
Fiscus in Folge des JuriSdictionkverlrages auch bei den seit 1861 er 
weiterten Grenzen Berlins sämmtliche Kosten sür die Polizeigefangenen zu 
tragen hätte, legte der FiscuS den Vertrag dahin aus, daß derselbe sich 
lediglich auf die bei Abschluß des Vertrages vorhanden gewesenen Grenzen 
von Berlin beziehe, die Stadl also vom Jahre 18-ll ab die Beschaffung 
und Unteihaltung der Polizeigesängnissc, sowie die Kosten der Unterhaltung 
der Polizeigefangenen für die neueren Stadttheile aus Grund res Gesetzes 
vom >1. März 1850 zu tragen habe. 
Zu welchen Schwierigkeiten dies führt und wie es fast unmöglich ist, 
die betreffenden Kost-n für Gefangene aus den älteren und Gefangene aus 
den neueren Stadiiheilen getrennt zu berechnen, wenn u,a» beiücksichtigt, 
daß beide Arien Gefangenen in einem und demselben Gefängniß urner- 
gebracht werden, lieg! auf der Hand. Zur Beurth ilung der hier in Rede 
stehenden Slreufrage bemerken wir, daß es im §. 16 des Vertrages vom 
10./16. December 1843 heißt: 
„Es full übrigens bei diesen Abmessungen die Seelenzahl 
des Weichbildes der Stadl Berlin, wie dasselbe auf der diesem 
Vertrage beigefügten Karte festgestellt ist, zum Grunde gelegt 
werden." 
In Gemäßheit seiner Auslegung dieser Bestimmung stellt nun auch 
das Königlich- Polizei-Präsidium thatsächlich die durch die Verpflegung rc. 
von Polizeigefangenen aus den seil 1861 dem Stadigebiere zugeneienen 
Stadtlheilen in der Orlspoli eirechnung k Conio de, Commune in Aus 
gabe, wohingegen auch du Pulizeistrasen und Confiscare aus den besagten 
Stadttheilen durch die letztgenannte Rechnung k Conto der Siadlgemeinbe 
in Einnahme nachgewiesen sink. Gegen die Verausgabung der genannten 
Kosten haben wir alljährlich bei Gelegenheit der Rechnungsreoision 
proiestirt. 
Eine weitere Diff renz in Betreff der Auslegung des Jurisdictions« 
Vertrages enistand zwischen Fiscus und Stadt dadurch, daß wir von dem 
Zeitpunkt des Inkraflireiens des Gesetzes vom 11. März 1850 einen An 
spruch aus die Pollzeistrafen und Confiscale, welche durch die Poli ei- 
verwaltung festgesetzt werden, erhoben, wohingegen der Fiscus geltend 
machte, daß die Stadt durch §. 15 Nr. 1 des JunSdictionsvertrages *) 
ausdrücklich auf die Pulizeistrasen zu Gunsten des Fiscus verzichtet habe. 
In dem dieserhulb von uns gegen den Fiscus angestrengten Prozeß für 
das Jahr 1857 hat das Obertrrbunal durch Erkenntniß vom 31. Mai 
1870 den Fiscus verurlheili, über die im Jahre 1857 aus der Polizei 
verwaltung von Berlin eingegangenen Confiscale und Geldstrafen Rech 
nung zu legen und dieselben nach Abzug der durch die Festsetzung und 
Vollstreckung der Strafen entstandenen uneinziehbaren Kosten nebst 5 pCt. 
Zinsen von 6 Wochen an, nach Schluß des Jahres der Stadt Hauptkasse 
zu erstatten. Zu einem gleichen Resultat hak ein zweiter Prozeß geführt, 
welcher in Betreff der Co» fiscate und Geldstrafen für die Jahre 1851 bis 
1853 und 1858 angestiengl worden ist, indem der Fis.us durch rechls- 
k>ästig gewordenes Eikenntniß des KammergerichiS vom >9. September 
1870 verurthcilt woiden ist, über die in den Jahren 1851/53 und 1858 
eingegangenen Geldstrafen und Confiscale R-chnung zu le,en. Dem Fiscus 
sei es unbeno »men, die uneinzichbaren Kosten der Vollstreckung polizei 
licher Gefängnißstrafen als Ausgabe aufzunehmen und abzuwarien, ob 
Monita würden erhoben werden. 
Die Giünde der Obcrtribunalsentscheidung vom 31. März 1870 
waren im Wesentlichen folgende: daß aus Grund des Gesetzes vom 14. Mai 
1852 derjenige, welcher die Polizeiverwaliung in einem bestimmten Be 
zirke ausübt, befugt sei, wegen der in diesem Bezirke verübten, sein Ressort 
betreffenden Ueberiretungen die Strafe vorläufig festzusetzen, daß dagegen 
*) Jurisdictionsvertrag: 
8. 15. 
Abgesehen von diesen Stipulationen, ohne welche die Ausführung des 
Ablösungsgeschäfts sehr bedeutenden Schwierigkeiten unterliegen würbe und 
welche aus der Natur der Sache folgen, verpflichtet sich die Commune zur 
besonderen Entschädigung des Königlichen FiscuS nach folgenden Prin 
cipien : 
1. Ueberläßt sie, da ihr die Onera der Jurisdiction abgenommen 
worden, dagegen auch sämmtliche Früchte der Civil-, Criminal, 
und Polizeigerichisbarkert, soweit sie ihr bisher foclisch 1". 
geflossen sind oder gesetzlich zustanden, dem Königlichen FlscuS^
	        
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