Aus Zahlung der hier in Rede stehenden Kosten pro 1851/53, sowie
einer Nachtorderung sür daS Jahr 1858 nebst Zinsen ist Fiscus seiner
Zeit klagbar geworden, er ist aber durch rechtskräftiges Erkenntniß des
Kammergerichis angebrachlermaßen abgewiesen worden, weil die von
ihm gelegte Rechnung hinsichtlich der Einnahmen unvollständig war, und
bezüglich der Ausgaben keinen Aufschluß daiüber gab, ob die der Stadt-
gemeinde beiechnelen Kosten auch wirklich sür die örtliche Polizeimrwal-
tnng verausgabt sind.
Der Fiscus hat bis jetzt eine neue Klage noch nicht angestellt, wahr
scheinlich nur aus dem Grunde, weil es ihm sehr schwer sollen mußte, die
in einer Rechnung gleichzeitig verausgabten Summen für Landes- und
Onspolizei präcise zu trennen.
Eine zweite Forderung, welche der Fiscus in späterer Zeit geltend
gemacht hat, besteht darin, daß er für die vom Staate zu Zwecken der
örtlichen PolizeiverwaltuNg von Berlin hergegebenen fiscalrsch-n Grund
stücke vom Jahre 1851 ab nachträglich eine Miethszahlung verlangt.
In Betreff dieser Forderung hat der Fiscus, als er probeweise die
Miethe nebst Zinsen sür da« Stallgebäude der beriitenen Schutzmannschafl
ans dem Hose des Polizei-Ptäsidialgebäudes für da« Jahr 1870 einklagte,
in erster Instanz ein obsiegendes Erkenntniß ersinnen. Gegen dies Er
kenntniß ist unsererseits feiner Zeit die Appellation eingelegt worden, später
aber im beiderseitigen Einverständniß der Fortgang des Pioc-sses sistiit
worden, weil auch dieser Punkt durch die inzwischen angeki Äpsien Vergleichs-
verhandlungcn erledigt werden sollte. Die Chancen, welche der Proceß
uns bietet, lassen sich, da er noch schwebt, in einer der O fsenilichkeit zu
gänglichen Vorlage nicht wohl beleuchten. Wir begnügen uns daher, vor
behaltlich der mündlichen Erläuterung, hier mit der Hinweisung auf den
maßgebenden §. 3 des Gesetzes vom ll. März 1850.
Eine genaue Zusammenstellung, aus welcher die Benutzung jedes ein
zelnen Raumes in den fiscaliichen Gebäuden seit dem Jahre 1851 bis
auf die J<tz>zezt hcrvoigeht, welche in unserem Austrage von einem dies
seitigen Beauilen m'l Hülfe eines Beamten des Polizci-Präsidiums auf
Grund der Acien ausgestellt ist und aus welcher sich die Höhe der For
derung des Fiscus ergiebt, würde von unseren Commissarien vorgelegt wer
den, wenn, wie wir voraussetzen dürfen, die Sache einem Ausschüsse Wohl-
derselben zur Borberathung überwiesen werden sollte.
Die dritte Forderung, welche der Fiscus der Stadtgemeinde gegen
über geltend macht, resuliirt aus dem zwischen beiden Theilen unterm
10./16. December 1843 abgeschlossenen Junsdictionsvertrage.
Durch Emanirung des Gesetzes vom LI. Mai 186 > über Einführung
der Gebäudesteuer wurde den Communen fcie Tragung der Criimnalkosten
abgenommen und haben wir daher von diesem Zei-punkte ab den in jenem
Vertrage slipulirien JurisdictionScanvn gar n>chi mehr bezahlt, da wir den
Standpunkt einnahmen, daß unter Jurisdiciionslasten gleichzeitig auch die
Kosten zu vcrstlhen seien, welche durch die Bollnreckung von Pvlizeistrasen
entstehen. Hiermit hat sich der Fiscus jedoch nicht einverstanden erklärt,
ist vielmehr klagbar geworden und hat durch Overiiibunalserkcnntniß vom
6. Juni 1866 ein dahin lautendes Eikennti»ß eistiülen, daß die Com
mune verpflichtet sei:
„denjenigen in soparuto zu ermittelnden Theil des Juris-
diciianscanons, welcher noch den, dem Vertrage zu Grunde lie
genden Berechnungen
a) für die vom Staate in §. 2 dieses Vertrages *) übernom
mene Verbindlichkeit zur Herstellung und Unterhaltung der
Polizergesängnrsie und des dazu nöthigen Beamienpersonals,
sowie zur Alimentation der Polizergesangenen in den Sladt-
voigieigesängnissen;
d) sür die vom Staate übernommenen Kur- und Verpflegungs-
kostcn der Gefangenen in dem §. 17 ibid. **) festgestellten
jährlichen Betrage von 33 460 Thalern inbegr.fsin ist, mit
demjenigen Zuschlage, welcher geuiäß §. 16 des Vertrages
im Verhältniß zu der Seetcnzahl aller 3 Jahre zu diesem
Theil des Canons hinzutritt, vom 1. Jauuar 1868 ab
zu zahlen«.
*) Jurisdictionsvertrag.
§. 2.
Insbesondere wird daher aufgehoben die Verpflichtung der Commune
zur Unterhaltung der hiesigen Stadivoiglei.
Diese Aushebung soll sich beziehen auf die Stadtvoigteiverwaltung
im Ganzen, folglich nicht blos auf das ciiminalrechtliche, sondern auch auf
das polizeiliche Ressort derselben. Der Stadkgemeinde wird daher erlaffcn
die Verbindlichkeit zur Herstellung und Unterhaltung der für die hiesige
Residenz erforderlichen Criminal- und Polizeigesängnisie und des dazu
nöthigen Beamienpersonals, sowie zur Alimeniutlon sowohl der Criminal«
arrestanien, als auch der Polizeigefangenen, insoweit diese bisher in den
Stadtvoigieigefängntsien untergebracht sind.
**) §. 17.
Für den ersten 3jährigen Turnus von 1842, 1843, 1844 ist dieser
Jurisdiciionscanon nach den im §. 16 angegebenen Grundsätzen berechnet
und von beiden contrahirenden Theilen auf die Summe von 33 400 Thlr.
in preußisch Courant jährlich festgesetzt worden, und verpflichte, sich die
Commune, denselben vom l. Januar 1844 ab, wie im §. 15 Nr. 2 ver
ordnet ist, an den Königlichen FrScus zu zahlen.
Da die Kosten der Criminal- und Polizeigcrichisbarkeit vom Fiscus
rechnungsmäßig nickt getrennt gehalten sind, so ist FiScus auch schwer in
der Lage, dem Judicat gemäß, denjenigen in separat« zu ermitielnden
Betrag anzugeben, welcher lediglich durch die Poti «eigefangenen ver
ursacht ist.
Die Berechnungen, welche im Ministerium des Innern hierüber auf
gestellt sind, mögen annähe» nd richtig sein, da sie mit dem Verhäliniß der
Criminal- zu den Polizergisangenen, wie sich dasselbe auch in der Neuzeit
herausgestellt hat, übereinstimmen. Hieraus ergiebt sich aber die vollkom
mene Richtigkeit, die uns zur Auszahlung zwingen würde, auch nicht.
Wenn nun saon durch das Gesetz vom II. März 1850 und die
Gesetze vom 14. Mai 1852 und 26. März 1856 die Ausführung des
JunSdictionsvertrages in einzelnen Punkten alterin würde, so mußte dies
noch in einem erhöhten Maße eintreten, als im Jahre 1861 die beträcht
liche Erweiterung d-s Weichbildes von Berlin stattfand. Während näm,
l>ch der von der Staktgemeinde vertretene Standpunkt der war, daß der
Fiscus in Folge des JuriSdictionkverlrages auch bei den seit 1861 er
weiterten Grenzen Berlins sämmtliche Kosten sür die Polizeigefangenen zu
tragen hätte, legte der FiscuS den Vertrag dahin aus, daß derselbe sich
lediglich auf die bei Abschluß des Vertrages vorhanden gewesenen Grenzen
von Berlin beziehe, die Stadl also vom Jahre 18-ll ab die Beschaffung
und Unteihaltung der Polizeigesängnissc, sowie die Kosten der Unterhaltung
der Polizeigefangenen für die neueren Stadttheile aus Grund res Gesetzes
vom >1. März 1850 zu tragen habe.
Zu welchen Schwierigkeiten dies führt und wie es fast unmöglich ist,
die betreffenden Kost-n für Gefangene aus den älteren und Gefangene aus
den neueren Stadiiheilen getrennt zu berechnen, wenn u,a» beiücksichtigt,
daß beide Arien Gefangenen in einem und demselben Gefängniß urner-
gebracht werden, lieg! auf der Hand. Zur Beurth ilung der hier in Rede
stehenden Slreufrage bemerken wir, daß es im §. 16 des Vertrages vom
10./16. December 1843 heißt:
„Es full übrigens bei diesen Abmessungen die Seelenzahl
des Weichbildes der Stadl Berlin, wie dasselbe auf der diesem
Vertrage beigefügten Karte festgestellt ist, zum Grunde gelegt
werden."
In Gemäßheit seiner Auslegung dieser Bestimmung stellt nun auch
das Königlich- Polizei-Präsidium thatsächlich die durch die Verpflegung rc.
von Polizeigefangenen aus den seil 1861 dem Stadigebiere zugeneienen
Stadtlheilen in der Orlspoli eirechnung k Conio de, Commune in Aus
gabe, wohingegen auch du Pulizeistrasen und Confiscare aus den besagten
Stadttheilen durch die letztgenannte Rechnung k Conto der Siadlgemeinbe
in Einnahme nachgewiesen sink. Gegen die Verausgabung der genannten
Kosten haben wir alljährlich bei Gelegenheit der Rechnungsreoision
proiestirt.
Eine weitere Diff renz in Betreff der Auslegung des Jurisdictions«
Vertrages enistand zwischen Fiscus und Stadt dadurch, daß wir von dem
Zeitpunkt des Inkraflireiens des Gesetzes vom 11. März 1850 einen An
spruch aus die Pollzeistrafen und Confiscale, welche durch die Poli ei-
verwaltung festgesetzt werden, erhoben, wohingegen der Fiscus geltend
machte, daß die Stadt durch §. 15 Nr. 1 des JunSdictionsvertrages *)
ausdrücklich auf die Pulizeistrasen zu Gunsten des Fiscus verzichtet habe.
In dem dieserhulb von uns gegen den Fiscus angestrengten Prozeß für
das Jahr 1857 hat das Obertrrbunal durch Erkenntniß vom 31. Mai
1870 den Fiscus verurlheili, über die im Jahre 1857 aus der Polizei
verwaltung von Berlin eingegangenen Confiscale und Geldstrafen Rech
nung zu legen und dieselben nach Abzug der durch die Festsetzung und
Vollstreckung der Strafen entstandenen uneinziehbaren Kosten nebst 5 pCt.
Zinsen von 6 Wochen an, nach Schluß des Jahres der Stadt Hauptkasse
zu erstatten. Zu einem gleichen Resultat hak ein zweiter Prozeß geführt,
welcher in Betreff der Co» fiscate und Geldstrafen für die Jahre 1851 bis
1853 und 1858 angestiengl worden ist, indem der Fis.us durch rechls-
k>ästig gewordenes Eikenntniß des KammergerichiS vom >9. September
1870 verurthcilt woiden ist, über die in den Jahren 1851/53 und 1858
eingegangenen Geldstrafen und Confiscale R-chnung zu le,en. Dem Fiscus
sei es unbeno »men, die uneinzichbaren Kosten der Vollstreckung polizei
licher Gefängnißstrafen als Ausgabe aufzunehmen und abzuwarien, ob
Monita würden erhoben werden.
Die Giünde der Obcrtribunalsentscheidung vom 31. März 1870
waren im Wesentlichen folgende: daß aus Grund des Gesetzes vom 14. Mai
1852 derjenige, welcher die Polizeiverwaliung in einem bestimmten Be
zirke ausübt, befugt sei, wegen der in diesem Bezirke verübten, sein Ressort
betreffenden Ueberiretungen die Strafe vorläufig festzusetzen, daß dagegen
*) Jurisdictionsvertrag:
8. 15.
Abgesehen von diesen Stipulationen, ohne welche die Ausführung des
Ablösungsgeschäfts sehr bedeutenden Schwierigkeiten unterliegen würbe und
welche aus der Natur der Sache folgen, verpflichtet sich die Commune zur
besonderen Entschädigung des Königlichen FiscuS nach folgenden Prin
cipien :
1. Ueberläßt sie, da ihr die Onera der Jurisdiction abgenommen
worden, dagegen auch sämmtliche Früchte der Civil-, Criminal,
und Polizeigerichisbarkert, soweit sie ihr bisher foclisch 1".
geflossen sind oder gesetzlich zustanden, dem Königlichen FlscuS^