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Der Ausschuß erachtet die sämmlichen Petitionen durch die gefaßten
Beschlüsse als erledigt.
Behufs der Zusammenstellung und Redaction der Beschlüsse und
Anträge des Ausschusses wurde aus den Stadtverordneten Wulfshein,
vr. Kürten und Scheiding eine Subcommission, welche auch den
Herrn MagistratScommissarius zuziehen wird, eingesetzt; desgleichen
wurde beschlossen, die Protokolle des Ausschusses, sowie das von dem
Herrn Stadtrath Meubrinck überreichte Promemoria vom 23. April ct.
drucken zu lassen, und zum Berichterstatter der Stadtverordnete Sch ei ding
gewählt.
V. w. o.
gez. Wulfshein.
Z« Nr. 37».
VII.
Verhandelt Berlin, den 19. Juni 1879.
Anwesend:
die Mitglieder der Subcommission,
und
Herr Stadlrath Meubrink.
Die zum Behufe der Zusammenstellung und Redaction der ver
schiedenen Beschlüffe und Anträge des Ausschusses eingesetzte Subcommis-
fion hat heute, nach erfolgter Verlesung und Feststellung des Protokolls der
Sitzung vom 14. d. M. in Erledigung des ihr ertheilten Auftrages sich
dahin geeinigt, daß die gedachten Anträge, dem Sinne der Beschlüsse des
Ausschusses entsprechend, in nachstehender Weise der Stadtverordneten-
Versammlung zu unterbreiten sind.
Der Ausschuß empfiehlt der Versammlung, wie folgt, zu beschließen:
I. Die Stadtverordneten-Versawmlung erklärt sich mit der Aus
hebung der zwischen der Großen Berliner Pferdeeisenbahn-
Actiengesellschast und der Stadtgcmeinde bestehenden Verträge vom
TFuns 15./19. Februar 1872, sowie damit
einverstanden, daß über die Ausführung und den Betrieb von
Pferdebahnen mit der Gesellschaft ein neuer Vertrag unter Zu
grundelegung nachstehender Stipulationen errichtet werde:
1. Die Gesellschaft übernimmt die Ausführung resp. den Be
trieb der in dem magiftratualischen Berichte vom 23. April
d. I. unter Nr. II. 1 bis 17 aufgeführten Pferdebahnlinien,
ausschließlich der nachbezeichneten, noch nicht erbauten bezw.
anderweitig vergebenen Bahnstrecken, nämlich der Bahnen:
a) zwischen dem Gesundbrunnen und Pankow,
b) vom Büschingsplatz nach dem Platze an der Ecke der
Weber- und Gr. Frankfurtcrstraße,
e) zwischen Treptow und Rixdorf und weiter nach dem
Dönhossplatz,
ä) von Tempelhof über Lichterfeldc, Steglitz, Schöneberg
nach dem Potsdamer Thor.
Von der Ausführung dieser Bahnstrecken, welche der Ge-
sellschaft nach dem Vertrage von 1871 aä 1 bis 4 obliegt,
wird dieselbe entbunden.
Dagegen treten den von der Gesellschaft auszuführenden
Anlagen hinzu:
e) eine Bahn von der Weichbildgrcnze bis Dalldorf,
f) eine Zweigbahn bis Tegel; diese, falls die von der
Gemeinde Tegel in Aussicht gestellte Subvention der
Gesellschaft gewährt wird.
2. Die Dauer der Genehmigung wird nach dem Antrage des
Magistrats bis zu Ende des Jahres 1910 verlängert.
3. Soweit die aä 1 gedachten Pferdebahnen ganz oder theil-
weise noch nicht angelegt sind, hat die Gesellschaft dieselben
und zwar:
die Ringbahn (aä 6 des Berichts)
unverzüglich zu schließen, sobald die Canalisatious-
arbeiten es gestatten,
die Bahnen:
Jerusalemer- und Kochstraßenecke-Zoolo-
gischcr Garten (aä 14 ibiäem)
bis Ende des laufenden Jahres spätestens,
Ecke Behren- und Wilhelmstraße - Cöll-
nischcr Fischmarkt (aä 16 ibiäem) und
Jerusalemer Kirche - Görlitzer Bahn (aä
17 ibiäem)
bis Ende des Jahres 1880,
Weichbildgrenze bis Dalldorf mit Zweig
bahn nach Tegel,
bis Ende des Jahres 1881,
wenn rechtzeitig die polizeiliche Erlaubniß zur Anlegung dieser
Bahnen ertheilt wird, bei Verlust der Rechte auf dieselben
auszuführen, resp. zu vollenden.
4. Für die Benutzung der Straßen zur Anlegung und zum
Betriebe der Bahnen hat die Gesellschaft an die Stadt eine
JahreSgebühr im Betrage von S3*/g pCt. des über 5 Prozent
hinauSliegenben jährlichen Reingewinns zu entrichten. Be
hufs näherer Feststellung der Modalitäten zur Berechnung
deS Reingewinns ersucht die Versammlung den Magistrat
um eine besondere Vorlage.
5. Im Uebrigcn hat die Gesellschaft den von dem Magistrate
aufgestellten allgemeinen Bedingungen, wie solche nach der
Anlage B. wodificirt und ergänzt worden sind, sich zu unter
werfen.
6. Die Gesellschastet verzichtet auf alle diejenigen Rechte, welche
in Bezug aus die Anlegung und den Betrieb von Pferde
bahnen auS den ihr früher von dem FiscuS oder von der
Stadt ertheilten Concessionen, resp. aus den mit denselben
abgeschlossenen Verträgen abgeleitet werden können.
II. Die Versammlung ersucht den Magistrat:
1. fortan dafür Sorge zu tragen, daß nach der seither schon
der Gesellschaft auferlegten Pflicht entsprechende Wartehallen
in vermehrter Zahl namentlich an Bahnkreuzungen aufgestellt
werden;
2. daraus Bedacht zu nehmen, daß behufs Herstellung eines
vollständigen Pferdebahnnetzes ein der Versammlung vorzu
legendes Project entworfen wird, wobei, soweit irgend thun-
lich, vor Allem die Fortführung der Pferdebahnen bis in
das Centrum der Stadt und zu diesem Behufe insbesondere
auch zu berücksichtigen ist:
die Verlängerung der Pferdebahnen Pankow - Schön
hauser Thor und Gesundbrunnen - Rosenthaler Thor
durch beide Schönhauscrstraßcn, resp. durch die Rosen-
thalerstraßc, sowie der Oranienburgerstraßenbahn über
den Monbijouplatz durch die Große Präsidentenstraße
bis zum Hackeschen Markt und deren Wetterführung
bis in die Gegend des Rathhauses, —
desgleichen ferner und vorzugsweise die beschleunigte Voll
endung der Bahn Schöneberg-Potsdamer Thor, im An
schluß an eine durch die Leipzigerstraße zu legende,
unter Beseitigung der alten Gertraudtkirche bis zum
Spittelmarkt behufs ihrer Verbindung mit der Linie
nach Treptow zu verlängernde Bahn;
3. dahin zu wirken, daß das Königliche Polizei - Präsidium,
welches in Ausübung der nach der Reichs - Gewerbeorvnung
ihm zustehenden Befugniß den öffentlichen Wagenverkehr zu
regeln, die Anlegung und den Betrieb von Bahnen im
Interesse des Verkehrs versagen, resp. an Bedingungen knüpfen
kann, sonst aber gestatten muß — die im letzteren Falle aus
zustellende Erlaubniß entweder ohne Zeitbestimmung, oder
dieselbe doch in Uebereinstimmung mit der seitens der Stadt
gewährten Erlaubniß fixirt.
III. Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß in Zu
kunft die oben aä I. 5 gedachten allgemeinen Bedingungen und
Grundsätze bei Erlheilung neuer Genehmigungen auch an andere
Unternehmer zur Anwendung kommen.
IV. Die Versammlung ersucht den Magistrat um eine alsbaldige Vor
lage, aus der unter Mittheilung der betreffenden Schriftstücke
behufs der event, in entsprechender Weise herbeizuführenden ein
heitlichen Regelung des Verhältnisses zu der Berliner, der Großen
Internationalen und der Neuen Berliner Pferoebahngesellschaft
zu entnehmen ist, welche Rechte und Verbindlichkeiten nach §. 8
des Straßenüberlaffungsvertrages vom 30. December 1875 in
Bezug auf die erwähnten Gesellschaften an die Stadt übergegan
gen sind, oder derselben anderweitig auf Grund magistratualischer
Erlaffe zustehen resp. obliegen.
V. Die Versammlung spricht die bestimmte Erwartung aus, daß der
Magistrat fernerhin in allen ffällen, bevor derselbe die Erlaubniß
zur Anlegung oder zum Betriebe von Pferdebahnen ertheilt, so
wie vor Abschließung derartiger Verträge der Zustimmung der
Versammlung für die betreffenden Bahniracen sich versichern und
ohn« dieselbe die Modification oder Nichtbeachtung bestehender
Stipulationen seitens der Unternehmer nicht zulassen wird.
VI. Die Versammlung ersucht den Magistrat, in Erwägung zu neh
men, ob nicht zur theilweisen Beschaffung der Mittel behufs
Herstellung eines befferen, den VerkehrSverhältniffen entsprechen
den Straßenpflasters eine Besteuerung der hiesigen Fuhrwcrks-
gesellschafteu, sowie der sämmtlichen Pferde- resp. Fuhrwerksbesitzer
nach Anzahl ihrer Pferde einzuführen sein möchte und ob mchl
event, dieser Steuerertrag zur Verzinsung und Amortisation einer
neu zu creirenden Pflasterungsanleihe verwendet werden könnte.
V. w. o.
gez. Wulfshein.