VII. Gebäude für Vereine.
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gemäfs, nur künstliche Beleuchtung (und zwar durch Gas) und kann durch einen Vorhang
in zwei Räume von 19 m zu 14 m und 13,50 m zu 10 m getheilt werden. In der nörd
lichen Wand ist eine um mehrere Stufen erhöhte Nische, der „Orient“ angebracht, die
ebenfalls durch einen Vorhang abzuschliefsen ist. An der Rückwand dieser Nische ist
zwischen zwei Sphinxen in flachem, vergoldeten Relief eine Palmenlandschaft mit Pyramiden
dargestellt. Die Beleuchtung mit verschiedenfarbigem Licht, dessen Quelle dem Beschauer
verborgen bleibt, ist von überraschender Wirkung.
In dem Zwischengeschofs und den entsprechenden Räumen des ersten Stockwerks
sind Verwaltungsräume untergebracht. Die hinteren Räume enthalten die Arbeitssäle für
die Mitglieder der oberen Ordensgrade. Der gröfsere dieser Räume ist aufs reichste ver
ziert und in Roth und Gold gehalten. Die Umrahmung des „Orients“ stellt sich hier als
eine von Sphinxen bewachte Tempelfront mit dem Sonnenbilde im Giebelfeld dar.
Im Untergeschofs liegen unter den Vorderzimmern die Pförtnerwohnung, unter
der Diele der Heizraum, unter den Logensälen und der Halle die Küche mit ihren Neben
räumen, unter dem Speisesaal eine Waschanstalt und die Wohnung des Oekonomen.
Das Aeufsere ist ein schlichter Putzbau in Barockformen von ernster Haltung. Die
Baukosten haben rd. 500 000 Ji betragen.
Der alte Schlüter'sehe Bau dient dem täglichen geselligen Verkehr der Logen
mitglieder. Der ursprüngliche Eintrittsflur an der Strafse ist in ein Damenzimmer ver
wandelt. Die Figurennische bezeichnet den ursprünglichen Eingang; jetzt findet der Zugang
nur von der Halle aus durch eine Thür in der Giebelmauer statt. Im ganzen wohl erhalten
ist noch der nach dem Garten vorspringende, ins Obergeschofs hineinragende Gartensalon,
dessen viel zu wenig bekannten Hauptschmuck die vier von Schlüter herrührenden
Gruppen der Welttheile in bemaltem Stuck bilden.
21. Die Grofse National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in der
Splittgerbergasse, die älteste der Berliner Grofslogen (im Jahre 1740 durch Friedrich den
Grofsen gestiftet), hat in der Zeit vom Juli 1886 bis März 1888 durch den Architekten
C. Heidecke einen Erweiterungsbau 1 ) aufführen lassen, der sich dem eben besprochenen
als ein würdiges Seitenstü k anreiht. Auch diese Loge besitzt ein grofses Parkgrundstück,
inmitten der Stadt, auf einem Theile der ehemaligen Befestigungswerke an der Wallstrafse.
Auf der 1857 an die Stadt verkauften gröfseren Hälfte des Grundstücks ist die Inselstrafse
durchgelegt, das Kölnische Gymnasium, eine Volks-Badeanstalt erbaut und ein Park an
gelegt worden. Die ältesten der jetzt noch vorhandenen Baulichkeiten stammen aus den
Jahren 1833—1835. Damals entstand nach Plänen des Hof-Bauinspectors Hesse der jetzige
Mitteltheil der Anlage. Dieser enthielt im Erdgeschofs den Speise- und Festsaal, der jetzt
in drei Zimmer getheilt ist, und darüber den Arbeitssaal. 1842 —1845 ward durch den
Stadt-Baurath Langerhans ein T-förmiger, an den Hesse’schen Saalbau sich anschliefsender,
dreigeschossiger Kopfbau mit einem Treppenthürmchen angefügt. Er enthält Wirthschafts-
und Gesellschaftsräume, Verwaltungsräume, Castellanwohnung, Bibliothek und Säle für die
Arbeiten in den höheren Graden.
Durch den letzten Erweiterungsbau sollte vor allem ein gröfserer „Tempel“ und
ein gröfserer Festsaal geschaffen werden. Durch Verkauf eines 35 m tiefen Streifens
Gartenland an der Inselstrafse wurden die Mittel für den Bau gewonnen. Der alte Saalbau
wurde verbreitert, um für den neuen Tempel, der wieder im ersten Stock anzuordnen war,
gröfsere Breite zu gewinnen. Im Erdgeschofs gewann man dadurch Raum für ein Spiel
zimmer und eine Garderobe. Der Arbeitssaal erhielt eine Breite von 14,40 m, eine
Länge von 28^0 m und eine Höhe von 10,10 m. Die Decke ist als korbbogenförmiges
Tonnengewölbe ausgebildet mit drei Paaren grofser, ebenso geformter Stichkappen. In
den sechs nur zum Lüften bestimmten Fenstern sind farbige Glasbilder mit allegorischen
Darstellungen (Wahrheit, Stärke, Schönheit, Glaube, Liebe, Hoffnung) cingefügt, die durch
1) Deutsche Bauzeitung. 1888. Nr. 96. Gedenkschrift von H. Schlichting, Das Mutterhaus der
Grofsen National-Mutterloge usw. Berlin 1888.
Berlin und seine Bauten. III.
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