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VI. Künstler-Werkstätten.
Fenster, die ziemlich bis zur Brüstungshöhe in das obere Geschofs hineingreifen und hier
durch einen Kasten verdeckt werden; dadurch wird die Lichtzufuhr wesentlich erhöht.
Eine Weiterentwicklung zeigt das von O. Kuhn errichtete Atelierhaus auf dem
Hinterlande des Grundstücks Lützowstrafse 82 (Abb. 682—685, vgl. noch Abb. 643).
Hier sind die Nebenräume auf sehr geringem Raum geschickt untergebracht. Die Höhe
der Ateliers ist für die letzteren in zwei Theile getheilt; unten liegen ein heller Vorraum,
Closet, Gerätheraum, darüber ein
durch eine besondere Wendeltreppe
zugänglicher Schlaf- oder Wohnraum,
Das Atelierhaus im Gar
ten des Hauses Kurfürsten-
strafse 126 (Abb. 686 u. 687) ist
von A. Messel erbaut; es zeichnet
sich zugleich äufserlich durch eine
gute Fagaden-Ausbildung aus. Hier
sind in jedem Geschofs zwei Ateliers
mit Wohnung und zwei ohne solche
angeordnet. Eine breite Treppe mit
freiem Mittelraum, der mit Flaschen
zug für den Transport gröfserer Ar
beiten versehen ist, vermittelt denVer-
kehr. In jedem Atelier befindet sich
in halber Höhe eine Galerie, zu der
eine kleine frei liegende Treppe führt;
unter dieser Galerie sind die nöthigen
Nebenräume angeordnet. Galerie und
Treppe sind einfach, aber reizvoll
in sichtbarer Holzconstruction her
gestellt und geben den Ateliers etwas
sehr Behagliches. (Vergl. Central
blatt der Bauverwaltung, Jahrgang
1894, Nr. 32.)
Die architektonisch interes
santeste Anlage dieser Art ist je
doch das Atelierhaus Fasanen-
strafse 22, das von B. Sehring
erbaut wurde und den Namen
„Künstlerhaus zum St. Lucas“ führt
(Abb. 688—691). Abweichend von
den vorigen steht dasselbe nicht auf
Hinterland, sondern liegt an der
Strafse und hat nach hinten zwei Seitenflügel und ein halbes Quergebäude. Aus der
Ansicht des Eingangsportals und des Hofes, welchem letzteren die Hoffront des gleichfalls
von Sehring erbauten Nachbargebäudes einen wirkungsvollen Abschlufs giebt, ist die
geschickte, malerische Gruppirung der Gebäudetheile bei Verwendung verhältnifsmäfsig
geringer Mittel zu ersehen. Hier und dort wird der malerische Eindruck durch einen
kleinen Brunnen, durch eine alte Heiligenfigur, durch ein altes geschmiedetes Gitter und
vor allem durch geschickte Anpflanzungen von wildem Wein und Epheu gehoben. Die
Ateliers liegen im Vorderhause und im linken Seitenflügel; doch ist im letzteren die Be
leuchtung natürlich keine sehr vorzügliche. Einige Ateliers können mit Wohnung ver-
miethet werden; zu anderen gehört nur ein Vorraum und ein Schlafzimmer, das neben
dem Atelier oder über dem Vorraum gelegen ist. Für die Hausbewohner war im Erd-
geschofs ursprünglich eine besondere Restauration mit behaglichem Kneipraum angelegt
Abb. 692. Atelier- und Wohnhaus „Zum Bieber“
in Wilmersdorf, Durlacher Strafse 6.
Architekt Wilhelm Walther.