I. Die Schlösser und Palais des Königlichen Hauses.
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in der östlichen Baugruppe der ehemalige Wintergarten mit seinem halbkreisförmigen Ausbau
sind im neuclassischen Stil decorirt. — Die dem Andenken der einzelnen Herrscher be
stimmten Sammlungsräume haben neben ihrem Inhalt und dem Mobiliar zum Theil auch
Wanddecorationen im Stil der Zeit, die sie repräsentiren, erhalten. — Die Porzellangalerie
östlich neben dem Mittelbau und deren Vorraum enthält eine werthvolle Sammlung japani
scher und chinesischer Porzellane aus älterem Besitze unseres Herrscherhauses.
Der zweite Haupttheil des Schlosses, die malerischen Vordergebäude am
Monbijouplatze, besteht aus zwei getrennten Flügeln von je 26,50 m Länge und 13 m
Tiefe mit einer bogenförmig zurückspringenden Hallenanlage, welche in der Mitte offen
den Eingang zum Park bildet. Die Flügel, als Putzbauten mit Sandsteirudetails ausgeführt,
zeigen eine den hohen Keller und das Hauptgeschofs zusammenfassende Pilasterstellung
mit Gebälk, darüber ein hohes Attikageschofs mit ovalen Fenstern. — Das Innere enthält
noch Th eile der ursprünglichen Decoration, im Südflügel namentlich einen kleinen ovalen,
durch eine Kuppel bedeckten Raum mit Stuckmarmorverkleidung und Reliefs.
6. Das Niederländische Palais, Unter den Linden Nr. 36, neben dem Palais
weiland des Kaisers Wilhelm, ist in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nach
Entwürfen von Andreas Krüger als Privathaus erbaut und wurde nach mehrfachem
Besitzerwechsel 1787 von Friedrich Wilhelm II. für seine Tochter, die Gräfin von der
Mark, erworben. Nach deren Verheirathung kam das im damaligen Geschmack reich aus
gestattete Palais, nachdem es 1792 noch durch ein Hinterhaus mit zwei vorspringenden
Flügeln, nach der Behrenstrafse zu, vergröfsert worden war, an die Mutter der Gräfin, die
Gräfin Lichtenau. Neue kostspielige Einrichtungen im Innern, darunter die eines Theaters
in der Ouergalerie zwischen beiden Binnenhöfen, waren die Folge davon. — Seit 1803 vom
Erbprinzen Wilhelm von Oranien, Schwiegersohn Friedrich Wilhelms II., gekauft, blieb das
Gebäude bis 1870 im Besitze des oranischen Hauses. 1873 wurde es von Koch restaurirt,
1882 von Kaiser Wilhelm erworben und mit seinem Palais durch eine Galerie aus Eisen und
Glas verbunden. Seitdem diente das Obergeschofs Hofdamen der Kaiserin Augusta zur Woh
nung, während das Erdgeschofs von dem Grofsherzog von Baden nebst Gefolge als Absteige
quartier benutzt wird. — 1883 und 1887 fanden neue Wiederherstellungen statt. Das Hinter
gebäude ist jetzt der Karten- und Musikaliensammlung der Königlichen Bibliothek überwiesen.
Das Palais besteht aus dem 27,20 m breiten Frontbau, zwei in Verbindung mit
dem Ouerflügel den vorderen Binnenhof einschliefsenden Seitenflügeln und den jetzt zur
Bibliothek gehörigen, um den zweiten Binnenhof gruppirten Hintergebäuden. Zur Verbin
dung der Bibliothekflügel ist neben dem das alte Querhaus einnehmenden grofsen Saale eine
schmale Verbindungsgalerie angebaut. —■ Nach der Behrenstrafse zu liegt ein dritter, an der
Strafsenfront durch eine Mauer abgeschlossener Vorhof mit Zugang zu den Hintergebäuden.
Die dreigeschossige Vorderfront ist stark modernisirt. Im alten Zustande ist noch
das Mittelrisalit mit seinem von gekuppelten Säulen getragenen Balcon. — Im Innern sind
zunächst Flur und Treppenhaus bemerkenswert!!, welche noch aus der Gründungszeit stam
men. Gute Rococodecorationen enthält das nordwestliche Eckgemach im ersten Stock.
Zu den schönsten Räumen, die Berlin aus der Zeit des neuclassischen Stils besitzt, zählt
der im östlichen Seitenflügel belegene, durch eine Säulenstellung oval gestaltete ehemalige
Speisesaal (graue Stuckmarmorwände, weifse Gliederungen, Gebälk und Reliefs, am
Deckengewölbe Malerei von Bernhard Rode). In die Spätzeit des Rococo gehört der
Saal in dem den vorderen Hof abschliefsenden Ouerflügel, in die Zeit Friedrich Wilhelms II.
dagegen wiederum ein im östlichen Hinterflügel liegender, jetzt zur Bibliothek gehöriger
dreifenstriger Raum mit Holztäfelung und Stuckdecke.
7. Das Palais des Prinzen Leopold am Wilhelmsplatz Nr. 9, an der Ecke
der Wilhelmstrafse, wurde in seiner ursprünglichen Gestalt im Jahre 1737, angeblich nach
Entwürfen von de Bodt, für den Grafen Truchsefs von Waldburg begonnen und nach
dessen Tode vom Markgrafen Karl von Schwedt, Oheim Friedrich Wilhelms I. und Herren
meister des Johanniterordens, für den Johanniterorden fortgeführt. — Nach dem Tode des
Markgrafen (1762) kam das Palais in den Besitz des Prinzen Ferdinand, jüngsten Bruders
Berlin und seine Bauten, II. 3