XVI. Gebäude der Justizverwaltung.
337
Die Geschäftszimmer für das Landgericht sowie die Zimmer für den Präsidenten,
die Zimmer der Dircctoren mit den Gerichts-Schreibereien, endlich die beiden Sitzungssäle
im Mittelrisalit liegen im ersten und zweiten Stockwerk, während die Räume für das Amts
gericht mit den Gerichts-Schreibereien und den Grundbuch- und Kassenräumen im Erd-
geschofs sowie in den hinteren Theilen der beiden oberen Geschosse untergebracht sind.
Im Aeufsern tritt der vorspringende Mittelbau auch in seiner architektonischen
Durchbildung als Haupttheil hervor, an ihn schliefsen beiderseits die einfacher gestalteten
Rücklagen und nur wenig zurücktretend die als selbständiger Bautheil behandelte Ecke mit
der Durchfahrt. — Schmale Vorgärten mit schmiedeeisernen Gittern zwischen Steinpfeilern
trennen den Bau von derStrafse. Die Architektur schliefst sich an die Formen der italienischen
Hochrenaissance an, nimmt
aber in der Einzelbildung
Motive der deutschen Re
naissance auf. Das Erdge-
schofs ist durchweg in Postel-
witzer Sandstein verblendet,
die Obergeschosse zeigen
Flächen aus Laubaner Ver
blendern mit Gliederungen
aus Sandstein. Die Hinter
fronten sind sämtlich als ein
fache Ziegelbauten behandelt.
Im Innern heben sich als
reicher behandelte Bautheile
heraus die bereits erwähnte
Wartehalle, deren Oberlicht
decke durch schmiedeeiserne
Bogenträger gebildet wird. —
Der Flur unmittelbar vor der
Halle hat ornamentirte Gufs-
decken zwischen eisernen
Trägem.
Zur Erwärmung sämt
licher Räume, mit Ausnahme
der mit Luftheizung ver-
sehenenWartehalle, dienteine
Warmwasser-Niederdruck
heizung. Die Kellerwohnun
gen haben Kachelöfen. Die
Ausführungskosten stellten
sich auf rd. 822 400 JL, wo
von auf Nebenbaulichkeiten
rd. 34500 JL., auf Ausstattung
der Geschäftsräume 36 125 JL. entfielen. Nach Abzug dieser beiden Positionen ergeben
sich für das Quadratmeter bebauter Fläche 353,75 JL und für das Cubikmeter 18,77
Abb. 353. Landgericht und Amtsgericht 11, Wartehalle.
Das Gebäude des Criminalgerichts. Für die Strafrechtspflege innerhalb
Berlins ist während des Zeitraums von 1877 bis 1882 am Treffpunkte der Rathenower Strafse
mit der Strafse Alt-Moabit ein umfangreicher Neubau errichtet, in welchem die 12 Straf
kammern und die Staatsanwaltschaft der beiden Landgerichte sowie die 31 Strafabtheilungen
der beiden Amtsgerichte untergebracht worden sind. Das gleichzeitig und in Verbindung damit
neu errichtete Untersuchungsgefängnifs ist in dem Abschnitte „ Gefängnisse “ getrennt behandelt.
Die Lage des Neubaues, für welchen im Innern der Stadt ein geeigneter Bauplatz
sich nicht gewinnen liefs, mufs mit Rücksicht auf die Verbindung, welche die benachbarte
Berlin und seine Bauten. II. 43