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XVI. Gebäude der Justizverwaltung.
der Gerichte herbeigeführt, dafs dem Bedürfnisse nach Erweiterung der Diensträume durch
An- und Umbauten, sowie durch Verlegung einzelner Abtheilungen in andere Gebäude,
in letzter Zeit auch durch Anmiethung von Privathäusern entsprochen werden mufste.
Die endgültige Beschaffung ausreichender Räume soll durch einen in der Vor
bereitung befindlichen, auf den Grundstücken Neue Friedrichstrafse 12—16 zu errichtenden,
staatlichen Neubau, welcher für die Civilkammern des Landgerichts I und die Civilabtheilungen
des Amtsgerichts I bestimmt ist, bewirkt werden; die allgemeine Anordnung ist aus dem
Lageplan Abb. 350 ersichtlich. Aufserdem haben sich verschiedene Vorortgemeinden er
boten, auf eigene Kosten gerichtliche Geschäfts- und Gefängnifsgebäude herzustellen und
dem Staate miethweise zu überlassen, sofern durch Gesetz eine Theilung des jetzigen
Amtsgerichts II herbeigeführt wird.
Der älteste Sitz der Rechtspflege in Berlin ist das Kammergerichtsgebäude,
Lindenstrafse 14, an der Ecke der Hollmannstrafse belegen, in welchem neben den schon
genannten Behörden, dem Kammergerichte und dem Disciplinarhofe, auch der Geheime Justiz
rath — der für Civilprocesse gegen die Mitglieder des Königlichen Hauses und der fürst
lichen Familie Hohenzollem zuständige Gerichtshof — seinen Sitz hat und welches aufser
dem die Bibliothek für
alle richterlichen Be
hörden enthält.
Das Gebäude, 1734
bis 173 5 durch Philipp
Gerlach als sogen.
Collegienhaus, d. i. Sitz
der Regierungsbehör
den, erbaut, ist unter
den von König Fried
rich Wilhelm I. ent
standenen Profan
gebäuden einer der
bedeutendsten. Die
Behörden, welche an
fänglich ihren Sitz in
demselben hatten,
waren das Tribunal,
das Kammergericht,
die Consistorien, das
Kurmärkische Lehns
archiv und Pupillencollegium. — Der Bau ist eine zweigeschossige, von einem hohen Man-
sardendach gekrönte Anlage, die aus einem Vorderhause und zwei tiefen Flügeln besteht.
Eine breite Rampe bildet die Auffahrt zum Haupteingang, über welchem ein Balcon
auf Consolen vorspringt. Die Formen sind einfach, aber trefflich und wirkungsvoll durch
gebildet. Der Giebel des Mittelrisalits enthält eine mächtige Kartusche mit der Königs
krone und zwei gelagerte allegorische Figuren. — Auch das Innere des alten Baues, der jetzt
fünf kleinere Sitzungssäle enthält, zeigt noch vereinzelte alte Decorationen, besitzt seinen
Hauptschmuck jedoch in den zahlreichen Porträts brandenburgisch-preufsischer Monarchen,
die im Verein mit den Bildern und Büsten hervorragender preufsischer Juristen den Räumen
ein gewisses historisches Gepräge verleihen. Unter den Büsten verdient das Marmorbrust
bild des Grofskanzlers Samuel v. Cocceji, im Sitzungssaale rechts vom Haupteingange, be
gonnen von Adam, vollendet von Sigisbert Michel 1765, besondere Erwähnung. — In den
Jahren 1856 —1858 ist durch den damaligen Bauinspector Wäsemann eine Erweiterung des
Gebäudes erfolgt, indem die Flügel verlängert und durch ein hinteres Oucrgebäude ver
bunden wurden. In letzterem befindet sich die Bibliothek, während in dem inneren Flügel
bau ein grofser, mit Luftheizung versehener Saal für Plenarsitzungen angelegt worden ist,
der eine reiche Stuckdecoration erhalten hat.