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X. Kirchen.
tekten Nohl. Diesen Gedanken hat Knoblauch mit sicherem Blick aufgenommen und unter
Schwedlers Beihülfe in mustergültiger Weise verwirklicht.
Die schiefe Lage des Grundstücks zur Strafse hat zu einer eigenartigen Grundrifs
anlage geführt. An der Strafse erhebt sich der stattliche Kuppelbau, der unten das Vesti
bül (i) (oben einen Saal für den Gemeinderath) umschliefst und von zwei kleinen Ncben-
kuppelthürmen (2) flankirt wird. Zur Rechten führt ein besonderes Portal zu der Treppe (3)
für die Frauenempore; links befindet sich die Durchfahrt zu dem am hinteren Ende des
Tempels angeordneten Trausaale (9) und zu anderen Nebenräumen (10 u. 11). Dem Vesti
bül schliefst sich zunächst der dreischiffige Vorsaal (5) mit Garderobe (13) und eine quer
gelegte dreischiffige, für den täglichen Gottesdienst bestimmte Vorsynagoge (6) an. Dann
folgt die grofse dreischiffige — unten durch seitliche Erweiterung vierschiffige — Synagoge (7)
mit ihrer geräumigen Emporenanlage und der Apsis, deren Gewölbcschcitel fast in gleicher
Höhe mit dem Mittelschiffe liegt. Der Raum ist der Länge nach auf jeder Seite durch
Eisensäulen unten in zehn, oben in fünf Arkaden getheilt. Die vier Binder, aus Gitter
trägern bestehend, tragen das vorerwähnte Deckensystem im Mittelschiff, während tiefer
geordnete Quertonnen auf Quergurten die Seitenschiffe bedecken.
Die Raum
wirkung des Innern,
dessen Gestaltung
und Gliederung mit
farbenprächtigem
Schmuck an die
besten Schöpfungen
orientalischer und
besonders mauri
scher Kunst sich an
lehnt, ist charakte
ristisch und stim
mungsvoll. Auch die
äufsere Fagadc ent
spricht in der Stil
richtung dem Innern.
Die Front
ist in Backsteinen,
deren feine Färbung aber nicht wetterbeständig gewesen ist, unter Verwendung von Granit
und Sandstein zu Plinthcn, Säulen und Pfostenwerk hergestellt worden. Die Kuppeln sind
von Schmiedeeisen und mit getriebenen, theilweise vergoldeten Zinkblechen bedeckt.
Für die Männer sind 1800 Sitzplätze, für die Frauen 1200 vorhanden. Der abend
liche und nächtliche Gottesdienst des jüdischen Cultus erforderte eine sehr ausgedehnte
Beleuchtung, die durch sinnreiche Vertheilung der Gasflammen sehr wirkungsvoll ausgeführt
ist. — Hauptmafse der grofsen Synagoge; 40,16 m Länge ohne Apsis, 24,48 m Breite und
24,32 m Höhe bis zum Flachkuppelscheitel. Die Gesamthöhe der äufseren Mittelkuppel
beträgt 48,01 m. Baukosten 1 759 100 Jt.
23. Die Zwölfapostelkirche an der Kurfürstenstrafse wurde 1871 nach dem
eigenen Entwürfe von Blankenstein begonnen, 1874 von Emmerich vollendet. Sie ist
ein dreischiffiger Hallenbau von fünf Jochen mit polygonalem Chor und gegenüber liegendem
quadratischen Thurm. Das Innere ist an drei Seiten mit Emporen ausgestattet und durch
weg mit Kreuzgewölben überdeckt. Mit Ausschlufs der Schiffspfeiler aus Sandstein wurde
der Bau ganz aus Backsteinen hergestellt. Der Thurm ist in den beiden oberen Geschossen
durchbrochen und mit einer massiven Achteckspitze bekrönt. Seine Höhe beträgt 55,10m;
Hauptmafse des Langhauses 17,60:27,40 m, Höhe 16,50 m. Altar, Kanzel und Taufstein
sind aus französischem Kalkstein gearbeitet. Sitzplätze 1250. Baukosten 258000 JL
Abb. 151. Synagoge in der Oranienburger Strafse, Grundrifs.