IX. Thore und Brückenhallen.
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förmige Säulengänge ionischer Ordnung, die an den über den Bürgersteig vorspringenden
Ecken und in der Mitte durch Pavillons mit plastischen Aufbauten gegliedert sind.
Weitaus die wirkungsvollste Anlage, ein Prachtstück decorativer Architektur, bilden
die Königscolonnaden am ehemaligen gleichnamigen Thore, am Ausgange der König-
strafse, vor der über den Festungsgraben führenden Brücke. Sie sind im Zusammenhänge
mit einem Umbau dieser in neuerer Zeit beseitigten Brücke 1777—1780 gleichfalls nach
v. Gontards Entwürfen entstanden. Die Länge der Halle beträgt rd. 52 m. Gekuppelte
ionische Säulen auf hohen profilirten Sockeln tragen ein kräftiges Gebälk mit Attika. Die
Mitte und Ecken sind durch vortretende Säulenstellungen und durch reiche plastische Auf
bauten von überaus wirksamen Umrissen betont. Diese Bildwerke (Abb. 112), die „Parade
aufsätze“, wie sie die spot
tende Kritik der nächsten
unter dem Einflüsse der an
tiken Kunst stehende Zeit
benannte, sind Arbeiten der
Bildhauer Meyer des Jünge
ren und Schultz. — Die
geschlossenen, durch Pilaster
gegliederten Rückwände ent
halten die Zugänge zu den
Läden. An der Nordseite
ergab sich die Nothwendig-
keit, Zugänge zu gewinnen
zu der längs des Bahnhofes
Alexanderplatz angelegten
neuen Strafse (v. Gontard-
strafse). Infolge dessen fielen
bei der letzten Erneuerung
die Läden an dieser Stelle .,. .
. . Abb. 115. Korugscolonnaden, Lageplan,
zum grofsen 1 heile fort,
die Rückwand wurde auch
an ihrer Abseite architektonisch ausgebildet und mit Durchgängen geöffnet. — Die alten
Colonnaden in der Jägerstrafse auf der einst über den Festungsgraben führenden Jäger
brücke, welche Unger 1780 aufführte, sind durch Neubauten verdrängt worden.
Die Hallen in der Mohrenstrafse, 1787 von C. G. Langhans entworfen, bilden
die späteste Anlage dieser Art. Sie zeigen in Formen, welche schon den Einflufs der
antikisirenden Richtung jener Zeit bekunden, Rundbogenarkaden auf gekuppelten toskani
schen Säulen, darüber ein Triglyphengebälk. Die von kräftigen Pfeilern getragene Mittel
achse springt vor und wird durch einen Flachgiebel mit Reliefs und krönenden Figuren
gruppen ausgezeichnet. Die Ecken der Hallen sind als einspringende Viertelkreise gestaltet.
Der plastische Schmuck, ruhende Localgottheiten in antiker Auffassung, stammt aus der
Werkstatt Gottfried Schadows und bekundet namentlich im Vergleich mit den Parade
aufsätzen der Königscolonnade deutlich den Wechsel des künstlerischen Standpunktes.