138
IX. Thore und Brückenhallen.
Läden, die Obergeschosse Geschäftsräume. Gliederungen und Flächen bestehen aus Sand
stein, die Säulen der Vorhalle sind Granitmonolithe. Die Gruppen der vier Jahreszeiten
über den Eckpfeilern der Vorhallen sind Arbeiten von Drake und Pohlmann.
4. Einfache Thorgebäude mit Bogenvorhallen nach Entwürfen des Hof-Bauinspectors
v. Arnim bezeichnen die Grenze zwischen dem Berliner und Charlottenburger Weichbilde
an der Charlottenburger Chaussee.
5. Die einzige wirkliche Thoranlage Berlins ist heute das Brandenburger Thor
am Pariser Platze. Obwohl nach dem Vorbilde der Propyläen in Athen entworfen, bildet
dieser Bau dennoch eine selbständige, richtig für den gegebenen Platz berechnete Anlage
| von bedeutender monumentaler Wirkung. Als erster in antiken Stilformen errichteter
Denkmalbau bezeichnet das Brandenburger Thor ferner einen Markstein in der Baugeschichte
l unserer Stadt. Es ist in den Jahren 1788—1791 nach Plänen von Carl Gotthard
Langhans errichtet. — An den Hauptbau lehnten sich einst auf der Thiergartenseite
geschlossene, durch Pilaster gegliederte Flügelbauten, während an der Stadtseite im rechten
Winkel jederseits zwei dorische Peripteraltempel, links für die Militärwache, rechts für die
Steuer vorspringen. — Nach dem Abbruche der Stadtmauer 1868 wurden durch Strack
an Stelle der äufseren Flügel offene dreischiffige Säulenhallen angelegt, welche den Durch
gang für die Fufsgänger enthalten.
Der Hauptbau enthält fünf durch massive Querwände getheilte Durchfahrten. Vor
die Stirnseiten der Querwände treten schlanke dorische Säulen, welche das Gebälk und
I einen hohen attikenartigen Aufbau tragen. -— Die Mafse sind sehr ansehnlich. Die ganze
Breite des Thores beträgt 62,50 m, die Mittelöffnung des 11 m tiefen Hauptbaues mifst im
Lichten 5,65 m, die Seitenöffnungen messen 3,79 m. Die Säulen sind bei 1,73 m unterem
Durchmesser 14 m hoch. Die Spitze der krönenden Gruppe erreicht die Höhe von 26 m.
Der plastische Schmuck besteht aus Friesen und Rundfeldern mit Reliefs der
Thaten des Herakles. Die Metopen des Gebälks stellen die Kämpfe der Centauren und
Lapithen dar, ein figurenreiches Relief schmückt die Attika an der Stadtseite. Auf dieser
erhebt sich in etwa doppelter Lebensgröfse Schadows Siegesgöttin auf dem von einem
Viergespann gezogenen Triumphwagen, in Kupfer getrieben von dem Kupferschmied Jury
in Potsdam. Als ein Denkmal für die preufsischen Siege über. die französischen Revolutions-
heere bei Pirmasens und Kaiserslautern errichtet, stand sie ursprünglich nach aufsen ge
richtet. 1807 führte sie Napoleon als Siegesbeute nach Paris, um sie auf dem Triumph
bogen des Carrouselleplatzes im Tuilerienhofe aufzustellen. Als sie 1814 zurückgebracht
wurde, fügte man dem Vexillum der Siegesgöttin das eiserne Kreuz hinzu und richtete die
Figur nach innen. Seitdem ist sie mitsamt dem Bauwerke selbst im Volksbewufstsein geradezu
zu einem Denkmal der Freiheitskriege geworden. — In den Durchgangshallen des Thores
stehen zwei Sandstein - Statuen des Mars und der Minerva, jene ein geschätztes Original
werk von G. Schadow.
Als Baumaterial ist Pirnaer Sandstein verwendet. Die Kosten der ursprünglichen
Anlage haben 1 500 000 Ji., die des letzten Ergänzungsbaues 105000 Jk betragen.
Zu den dem alten Berlin eigenthümlichen Anlagen von monumentalem Gepräge
gehören die Brückenhallen, gedeckte Hallenanlagen mit anschliefsenden Verkaufs
räumen, welche die in der Flucht der Häuserreihen liegende Einfassung der Brücken bilden.
Die ersten derartigen, bis in die Neuzeit hineinragenden Anlagen bildeten die viel
berufenen, unter dem Grofsen Kurfürsten entstandenen Arkaden am Mühlendamm,
welche 1887—1890 abgebrochen wurden, um den grofsartigen Neubauten an dieser ältesten
Verkehrsstätte Berlins Platz zu machen. Dagegen sind drei in ganz andern Verhältnissen
entworfene decorative Bauanlagen dieser Art aus dem 18. Jahrhundert noch erhalten
geblieben: 1. Die Colonnaden in der Leipziger Strafse, in der Nähe des Spittelmarktes,
2. in der Königstrafse beim Bahnhof Alexanderplatz, 3. in der Mohrenstrafse.
Die Hallen in der Leipziger Strafse, auch Colonnaden der Spittelbrücke
genannt, dienten zur Einfassung der an jener Stelle über den alten Festungsgraben führenden
Brücke. Sie wurden 1776 nach Entwürfen von Gontards angelegt und bilden halbkreis-