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IV. Gebäude für die Verwaltungsbehörden des Deutschen Reiches.
Reichsschulden - Angelegenheiten, das Reichsvermögen sowie die Bearbeitung der Zoll- und
Steuersachen zu verwalten hat, nimmt ein im Jahre 1874—1877 nach dem Entwurf des
Geheimen Regierungsrath von Mörner durch den Architekten R. Wolffenstein an einer
Ecke des Wilhelmsplatzes ausgeführtes Gebäude ein, welches ursprünglich für einen Theil
des Auswärtigen Amtes
bestimmt war. Die An
lage auf dem Eckgrund
stücke wird durch die bei
gefügte Abbildung des
Erdgeschofs - Grundrisses
Abb. 58 wiedergegeben.
Im ersten Stock liegt
die Wohnung des Staats-
secretärs, deren Wirth-
schaftsräume sich im
Kellergeschofs befinden.
Im zweiten und dritten
Stockwerk ist .Raum für
Registratur, Bibliothek,
Secretariat und Canzlei ge
schaffen. — Bemerkens
werth ist besonders der
Flur 1 und das in grofsen
Verhältnissen angelegte
Treppenhaus.
Die sehr vornehm und monumental ausgebildeten Paraden sind in Seeberger Sandstein
hergestellt und zeigen wirksam abgestufte Quaderflächen von kräftigem Relief. Der plastische
Schmuck rührt vom Bildhauer Pohlmann her (vgl. den Lichtdruck).
10. Das Dienstgebäude der Normal-Aichungscommission. 1 ) DasDienst-
gebäude der Normal-Aichungscommission, das sogen. „Metronomische Institut“, ist in den
Jahren 1871 —1873 nach einem Entwürfe von Spieker auf dem Grundstücke der Stern
warte errichtet worden. Interessant ist an demselben die Einrichtung der drei Räume des
Erdgeschosses, in welchem die Comparatoren stehen, bezw. die Präcisionsarbeiten aus
geführt werden. Die gegen Erschütterung isolirten Mauerwerkspfeiler, auf welchen die
Apparate stehen, sind auf Brunnen fundirt.
Um in den drei Räumen eine gleichmäfsige Temperatur von bestimmtem höheren
oder niedrigen Grade herzustellen und zu erhalten, sind die Wände und Decken, theil-
weise auch die Fufsböden dieser Zimmer mit Hohlkörpern von Wellzinkblech bekleidet,
welche, mit Luft von dem gewünschten Grade angefüllt, durch Ausstrahlung ihrer Wärme
den Raum überall gleichmäfsig temperiren. Nachdem frühere Versuche, die Wellblechhohl
körper während der Untersuchungen fortdauernd mit bestimmt vorgewärmter Luft aus
einem Maschinenhause zu speisen, sich nicht genügend bewährt hatten, wird in neuerer Zeit
mit besserem Erfolge nur die Luft im Hohlkörper selbst durch eine Anzahl gleichmäfsig ver-
theilter Gasflammen erwärmt. Die kleinen doppelten Eingangsthüren sind mit Filz gedichtet.
Die Beleuchtung erfolgt nur indirect aus dem oberen Geschosse, was für die vorbereiten
den Arbeiten genügt; bei den Beobachtungen selbst wird elektrisches Licht angewendet. —
Der im Jahre 1883 ausgeführte Anbau enthält nur Räume zu minder genauen Messungen.
11. Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt in Charlottenburg
(Marchstrafse 25). Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt, in den Jahren 1886 und 1887
begründet, zerfällt in zwei Abtheilungen, von denen die erste (Physikalische) ausschliefslich
der wissenschaftlichen Forschung dient, die zweite (Technische) die Ergebnisse der For-
Abb. 58. Reichs-Schatzamt, Grundrifs des Erdgeschosses.
2., 6 u. 7. Arbeits- und Sprechzimmer der Räthe. 3. u. 5. Räume des Staatssecretärs.
8. Centralbureau. 9. Kasse. 10. Tressor. 11. Vorsteher. 12. Canzleidiener. 13. Lichtflur.
14. u. 15. Höfe.
1) Bearbeitet vom Land-Bauinspector Th. Astfalck.