III. Reichstags- und Landtags-Gebäude.
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erscheint trotz beschränkter Tiefenausdehnung das Haupttreppenhaus an der Ostseite, ganz
besonders eindrucksvoll der Eintrittsflur an der südlichen Schmalseite. Seine gegliederte Stein
schnittdecke, die prächtigen von G. Linnemann ausgeführten Glasfenster, endlich acht Bild
werke deutscher Kaiser, der Helden unserer Geschichte, vor die Tragepfeiler gestellt, ver
leihen diesem Raume die feierliche Grundstimmung. Reich mit Bildwerken geschmückte
Portale (Abb. 43), die zu den eigenthümlichsten decorativen Leistungen im Innern zählen,
führen von den Stiegenräumen an der Nord- und Südfront zu den Haupträumen an beiden
Langseiten. Die Gruppe der Verkehrsräume erreicht ihre höchste Steigerung in der grofsen
Wandelhalle (Abb. 42), sowohl durch den Mafsstab als durch den Reichthum der archi
tektonischen Gestaltung. Leider mufste die Absicht, die mächtigen Säulen, Pfeiler und
Gebälke aus istrischem Kalkstein herzustellen, mit Rücksicht auf die verfügbaren Mittel auf
gegeben werden. Wie sehr der Ersatz dafür durch künstlichen, sogen. Incrustatstein gegen
das ursprünglich Gewollte zurückbleibt, wird durch einen Vergleich mit der Architektur der
beiden Vorsäle vor den Räumen des Bundesraths und den Arbeitszimmern für den Vor-
Abb. 42. Querschnitt der Wandelhalle.
stand des Reichstages recht anschaulich. Hier ist die Schönheit jenes istrischen Lesinasteines
namentlich an den Reliefs der Pfeiler zur vollen Geltung gelangt.
Der Sitzungssaal stimmt in seinen Längen-, Breiten- und Höhenabmessungen im
wesentlichen mit dem in seiner Einrichtung und Akustik gut bewährten Saale des einst
weiligen Reichstagshauses überein. Die Architekturtheile seiner Wände und das Decken
gesims, welches den Anschlufs an das Oberlicht vermittelt, bestehen aus Eichenholz, dem
seine natürliche helle Farbe belassen ist. Die untere Wandzone bildet eine reich gegliederte
Täfelung mit Thüren, auf deren zweien der Vorgang der Abstimmung und Auszählung durch
reizvolle Darstellungen in farbigem Holzmosaik geschildert ist. Die obere Zone ist auf den
drei mit Zuhörertribünen besetzten Seiten in Stützenstellungen aufgelöst, während die vierte
östliche Wand (Abb. 44), vor welcher sich der Sitz des Präsidiums und die Plätze für den
Bundesrath befinden, durch zwei von Säulen umrahmte Nischenaufbauten in drei Felder
getheilt wird, für welche Gemälde geschichtlichen Inhalts in Aussicht genommen sind.
In den Hauptsälen am Königsplatz herrscht an Wänden und Decken ebenfalls Holz
vor, nur die Erfrischungsräume haben gewölbte Decken erhalten, und zwar der langgestreckte
Restaurationssaal ein nach der Fensterwand hin durch Stichkappen unterbrochenes, vom
Maler Hupp aus München bemaltes Tonnengewölbe, der Ecksaal, ein mit frei aufgetragenen
Stuckomamenten verziertes Klostergewölbe, nach Entwürfen von Fr. Stuck. Der Lesesaal
enthält über der Holztäfelung Wandmalereien von M. Koch. — Der Sitzungssaal für den