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X. Chemische Fabriken.
Heizfläche liefern den Dampf zum Kochen und die Betriebskraft für die Dampfmaschinen
und elektrischen Anlagen. An Brennmaterial werden jährlich 27 000 t Steinkohlen und 32 000 t
Braunkohlen verbraucht. Aufser einigen Bahnwagen für den Bezug der Gaswässer besitzt
die Fabrik eine Schmalspur-Locomotive zur Erleichterung des Innenverkehrs, zwei Dampfer
und 14 Kähne für den Wasserverkehr.
2. Die chemische Fabrik Salzhof bei Spandau ist eine Zweigniederlassung der
chemischen Fabrik Griesheim bei Frankfurt a. M. und wurde im Jahre 1889 für die Her
stellung von Schwefel- und Salpetersäure zur Lieferung an die Heeresverwaltung erbaut.
Auf dem lang gestreckten Grundstück (Abb. 755) sind die einzelnen Baulichkeiten — ganz
dem Gange der Fabrikation folgend — in sehr übersichtlicher Weise vertheilt.
Abb. 755. Chemische Fabrik Salzhof bei Spandau, Lageplan.
A — E. Schwefelsäure - Fabrik :
A. Kiesöfen.
B. Glover-Thürnie.
C. Kammcrgcbäude.
D. Gay-Lussac-Thünne.
E. Concentration.
F. Salpetersäure - Fabrik.
G. Trockenpfannen für Sal
peter.
H. Mischhalle für Schwefel
und Salpetersäure.
J. Kesselhaus.
K. Lagerhäuser.
L. Ladebrücke mit Kran.
M. Verwaltungsgebäude mit
Laboratorium.
N. Arbeiterwohnhäuser,
Die Schwefelsäurefabrik A—F zeigt die einzelnen Unterabtheilungen der Anlage:
das Kiesofengebäude, die Glover-Thürme, das 80 m lange Kammergebäude, die Gay-Lussac-
Thürme getrennt neben einander gereiht (vergl. damit die entsprechende Anlage der Fabrik
„Kanne“ in geschlossener Gebäudegruppe Abb. 744). Die Apparate für die Salpetersäure
fabrikation sind zu ebener Erde in einem 90 m langen Hallengebäude aufgestellt, welches
durch die Seitenöffnungen einer lang durchlaufenden Firstlaterne kräftig ventilirt ist.
Bei vollem Betriebe beschäftigt die Fabrik 80 Arbeiter.
C. Theererzeugnisse und künstliche Farbstoffe.
1. Theerproductenfabrik „Erkner“ der chemischen Fabriks-Actien-
gesellschaft in Hamburg. Die Gesellschaft besitzt in Deutschland vier Fabriken, in
denen sie die Verarbeitung von Theer und Theerölen betreibt. Die gröfste dieser Fabriken
liegt unweit des Bahnhofes Erkner, an dem Schiffahrtscanal zwischen Flaken- und Dömritz-
See. Der Lageplan (Abb. 756) zeigt die Vertheilung des Betriebs auf eine gröfsere Anzahl
getrennt liegender Einzelbauten; eine solche Anordnung war nothwendig, um bei der leichten
Brennbarkeit des Rohstoffs und der meisten Erzeugnisse ausbrechendes Feuer schnell auf
seinen Herd beschränken zu können.
Viele hundert schmiedeeiserne Kessel, Blasen, Behälter, Cylinder bis zur Gröfse
von 10 m Durchmesser bei 8 m Höhe sind für die Aufnahme der flüssigen Massen und ihre
fortschreitende Verarbeitung theils in Gebäuden, theils im Freien aufgestellt. Zur Bergung
gröfserer Vorräthe dienen aufserdem weite unterirdische ausgemauerte Gruben.
Der Rohstoff für die Fabrikation, der Steinkohlentheer aus den Gasanstalten,
wird auf dem Wasserwege angeliefert. Die Verarbeitung beginnt mit der Theerdcstillation