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Einleitendes - Ingenieurwesen Abschnitt A. Einleitendes II. Die Geschichtliche Entwicklung Berlins

Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain) Issue1896,1 Einleitendes - Ingenieurwesen (Public Domain)

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II. Die geschichtliche Entwicklung Berlins. 
was noch unter der Regierung Friedrich Wilhelms III. aus Staatsmitteln für Berlin ge 
schehen ist, nicht geringer schätzen dürfen als die Leistungen früherer Zeitabschnitte. 
Seit langer Zeit wurde zum erstcnmale wieder die planmäfsige Anlage und Bebauung 
ganzer Stadtthcilc in Angriff genommen. Ein solcher Stadttheil mit 50 neuen Strafsen, in 
dem vorzugsweise die aufblühende Maschinenindustrie ihren Sitz nahm, wurde zunächst 
im Jahre 1824 vor dem Oranienburger Thore ausgesteckt. 1826 wurde ein Bebauungsplan 
für das Köpenicker Feld, die äufsere Luisenstadt aufgcstcllt, der jedoch fürs erste noch 
keine regere Bauthätigkeit in der betreffenden Gegend veranlafstc; nur die kurzen Quer- 
strafsen, die von der Köpenicker Strafse nach den beiden neu angelegten Oberspree-Brücken 
führten, wurden besetzt. Besseren Erfolg hatte die Erschlicfsung des westlichen Thcils des 
ehemaligen Spandaucr Viertels, wo schon die Charite, die Thierarzenei-Schule und der Schiff 
bauerdamm sich befanden. Hier wurde ein neuer Stadttheil, die Friedrich-Wilhelm-Stadt mit 
der Luisen- und Karlstrafse als Hauptstrafscnzügen angelegt, der schnell mit Häusern sich 
füllte; der das nördliche Ende der Luisenstrafse bildende Luisenplatz wurde mit einem 
„Neuen Thore“ nach der Vorstadt geöffnet. Von Verbesserungen des Strafsennetzes ist 
die schon 1816 bewirkte Ueberwölbung des linksseitigen Festungsgrabens auf dem Opern 
platz und die Durchbrechung des langen Viertels zwischen Thiergarten und Landwehrgraben 
durch die Bendlerstrafsc (1837) zu erwähnen. Lustgarten und Leipziger Platz wurden in 
Schmuckplätze verwandelt, der Thiergarten mit mancherlei Anlagen versehen. 
Als neue öffentliche Bauten und Denkmale wurden — fast ausnahmslos nach dem 
Entwürfe Schinkels — errichtet; die Neue Wache (1818), das Schauspielhaus (1817 —1820), 
das National-Denkmal auf dem Kreuzberge (1821), die Artillerie- und Ingenieur-Schule 
(heute Kriegs-Akademie) Unter, den Linden (1822), die Schlofsbrücke (1822—1824), das 
Alte Museum (1824-—1829), die Werdersche Kirche (1823—1830), die Bau-Akademie 
(1832 —1835), die Gebäude des Packhofs (1830—1833), die Neue Charite (1831 —1834), 
die vier Kirchen in der Oranienburger Vorstadt, Moabit und Gesundbrunnen (1834 —1835), 
die Sternwarte (1836), die Thierarzenei-Schule (1840). Daneben eine gröfscrc Anzahl von 
militärischen Gebäuden, Cascrnen, Excrcierhäuscrn usw. und sonstigen Nutzbauten, die 
hier ebenso übergangen werden können, wie die Umgestaltungen und Erweiterungen älterer 
öffentlicher Gebäude — abgesehen von der eine wesentliche Veränderung der ganzen An 
lage herbeiführenden Umgestaltung des Domes am Lustgarten (1819). Als rein bildnerische 
Denkmäler traten dem älteren Bestände hinzu die Marmor-Standbilder ßülows und Scharn 
horsts neben der Neuen Wache und das Bronze-Standbild Blüchers am Opernplatz. — Es 
sei übrigens nachträglich erwähnt, dafs auch die traurigen Jahre von 1806 bis 1813 nicht 
ganz ohne Bauthätigkeit verlaufen waren; es sind damals der Verbindungsbau vom Palais 
des Königs nach dem Prinzessinnen-Palais und das Charlottenburger Mausoleum erstanden. 
Als bedeutsame Privatbauten sind neben den zum Thcil durch Umbau älterer 
Paläste geschaffenen Palais für die Söhne des Königs, die Prinzen Wilhelm, Karl und 
Albrecht, sowie dem Palais des Grafen Redcrn das Königstädtische Theater und das Ge 
bäude der Sing-Akademie, als der einzige städtische Neubau von einigem Belang das 
Nicolaus-Bürger-Hospital zu nennen. Einen ersichtlichen Aufschwung nahm der Wohnhaus 
bau, dessen Aufgaben zuweilen schon Architekten zur Lösung übertragen wurden. Wichtige 
Verbesserungen der öffentlichen Einrichtungen waren die Einführung der Gasbeleuchtung 
(1826) und der Granitplattcn-Trottoire (1824—1835); die erste Eisenbahn Berlins und des 
preufsischen Staates, die Berlin-Potsdamer Bahn, wurde im Jahre 1838 eröffnet. 
Die Einwohnerzahl Berlins, welche im Jahre 1810 auf 153 070 Seelen (allerdings bei 
wesentlich verminderter Garnison) gesunken war, stieg nach dem Kriege langsam aber 
stetig an; sie betrug im Jahre 1819: 201138, im Jahre 1831: 248682, im Jahre 1840: 
328692 Seelen, hatte sich also in 30 Jahren verdoppelt. Unter den im Jahre 1840 gezählten 
Einwohnern befanden sich 18 739 Militärpersonen; aufserhalb der Stadtmauer wohnten damals 
erst etwa 20 000 Personen. Mit dieser Bevölkerungsziffer, die nur noch durch diejenigen 
von London, Paris und Wien übertroffen wurde, war Berlin unter den Städten Europas an 
die vierte Stelle getreten. Für das Jahr 1837 wird die Zahl der Vorderhäuser zu 12 774,
	        
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