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II. Packhöfe, Speicher und Mühlen.
C Reinigung und D der anschliefsende unter Ziffer 3 näher beschriebene Speicher. Abb. 59g
ist ein Längsschnitt, Abb. 597 u. 598 sind Querschnitte durch Mühle und Reinigungsanlage.
Das sechs Geschofs hohe Gebäude ist feuersicher, mit völligem Ausschlufs von Holz,
aus Stein und Eisen erbaut; die Decken sind zwischen eisernen Trägern 1 / 2 Stein stark aus
Ziegeln gewölbt und mit Asphaltestrich belegt. Die Holzcementdeckung ruht auf einer
Ziegelflachschicht zwischen JL-Eisen. Neben der grofsen Feuersicherheit bietet diese Aus
führung den Vortheil, dafs alle die Einnistung von Ungeziefer begünstigenden Hohlräume
in den Decken und Böden vermieden sind und die Erhaltung der Sauberkeit sehr erleichtert ist.
Zum Antriebe der gesamten Mühlenwerke dient eine von A. Borsig gelieferte
Woolf’sche Dampfmaschine von 800 Pferdestärken, deren Kraft durch Hanfseile auf die
Hauptwelle der Mühlentransmissionen übertragen wird. Eine kleine Dampfmaschine von
24 Pferdestärken dient zur Aushülfe für den Betrieb der Speicher. Die Mühle arbeitet selbst-
thätig in Tag- und Nachtbetrieb.
Das zu vermahlende Getreide kann von jedem beliebigen Punkte der Speicher durch
Schnecken, Transportbänder und Becherwerke nach der Mühle gebracht werden. Die Auf
speicherung des Nachtbedarfs erfolgt in siloartigen, zwischen Mühle und Reinigungsraum, hinter
der Treppe gelegenen Behältern M, sodafs die Speicher während der Nacht aufser Betrieb
bleiben. Ein Becherwerk mit einstellbarer Speisevorrichtung führt das Getreide aus dem Be
hälter nach der Reinigungsanlage; in dieser durchläuft es zwei Vorcylinder zum Abscheiden
grober Beimengungen und losen Staubes, einen Magnetapparat zum Auslesen von Eisentheilen,
16 Trieurcylinder zum Ausscheiden von Raden und anderen Sämereien, ferner zweimal je
drei Spitzgänge und drei Centrifugal - Sichtmaschinen mit Schlägern (es sind im ganzen sieben
Spitzgänge, davon einer als Wechselgang, vorhanden), endlich einen kräftigen Aspirator
und fällt schliefslich, völlig gereinigt, in die ebenfalls zwischen Mühle und Reinigung
gelegenen Behälter N, um von hier aus durch ein zweites Becherwerk der Mühle zugeführt
zu werden.
Alle Reinigungsabgänge, ausgenommen Sand und grobe Abgänge usw., werden durch
zwei kleine senkrechte Mahlgänge und einen Schrotstuhl mit geriffelten Hartgufswalzen zer
kleinert, abgesichtet und der Kleie beigemischt.
In der Mühle geht das Getreide zunächst zur weiteren Reinigung und Vorarbeit für
das Mahlen über fünf Walzenstühle mit glatten Hartgufswalzen, wird hier gequetscht, dann
durch zwei Siebmaschienen abgesichtet, nochmals über einen grofsen Aspirator geführt und
gelangt endlich in die eigentlichen Mahlmaschinen. Diese bestehen aus 18 Walzenstühlen
mit geriffelten Hartgufswalzen von 420 mm Durchmesser und 600 mm Länge auf dem ersten
Boden, acht Dismembratoren auf dem dritten Boden und 26 Centrifugal-Mahlsichtern mit
Vorsichtern im Dachraume. Mahlgänge mit Steinen sind nicht vorhanden.
Entsprechend der Feuersicherheit des Gebäudes sind auch die Müllereimaschinen
so weit als thunlich unverbrennlich aus Eisen hergestellt, so alle Schneckentröge, Becher
werke , Schrotleitungsröhren; nur bei den Mahlsichtern und bei den Aspirationskästen mufste
die Holzconstraction beibehalten werden. Alle Maschinen sind mit Filteraspiration versehen.
Die Mühle vermahlt nur Roggen, und zwar täglich in 24 Stunden 150-—200 t.
Davon werden durchschnittlich 65% Mehl zum Backen und 31—32°/ 0 Futtermehl und Kleie
gewonnen: 3—4% gehen durch Verdunsten und Verstäuben verloren.
Aus den Mehlsichtern fällt das Mehl in sehr vielen verschiedenen Sorten, von den
feinsten bis zu den gröbsten. Durch Schnecken wird es aber, den Anforderungen des
Handels gemäfs, gewöhnlich in nur drei Sorten zusammengeführt, zu 3o°/ 0 Nr. o, ,30°/ 0
Nr. I und 5°/ 0 Nr. II, zusammen 65%. Durch fünf Centrifugal-Nachsichter werden dann
diese drei Sorten nochmals nachgesichtet, um etwa während des Mahlens doch noch hinein
gelangte Schrottheile usw. auszuscheiden.
Sowohl das Mehl wie die Kleie werden sofort mittels Packmaschinen gesackt, die
Säcke zu je 100 kg abgewogen und versandfähig zugebunden.
Die Mühle wurde 1882/83 nach den Plänen und unter Leitung des Mühlenbaumeisters
Ehrenberg erbaut.