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V. Die Strafsenbrücken.
Die Gesamtleistung auf dem Gebiete des Brückenbaues vom Jahre 1876 bis etwa 1884
stellt sich wie folgt;
1. vier eiserne Spreebrücken,
2. drei eiserne Canalbrücken,
3. eine steinerne Canalbrücke,
4. zwei eiserne Fufsstege über die Canäle,
5. drei steinerne Brücken über die Panke,
6. eine eiserne Brücke über die Panke,
7. ein hölzerner Fufssteg über die Spree,
8. ein hölzerner Fufssteg über den Spandauer Canal,
g. sechs ältere Brücken haben erhöhte Fufsstege erhalten,
10. eine Brücke über den Spandauer Canal ist verbreitert,
11. bei drei Brücken sind an Stelle der hölzernen, eiserne Klappen eingelegt.
Alsdann trat ein Stillstand in der Bearbeitung neuer Entwürfe ein, und Brücken, deren
Beseitigung anerkanntermafsen ein dringendes Bedürfnis war, wie beispielsweise die Waisen-
und Albrechtshofer Brücke blieben bestehen. Die Ursache dieser Erscheinung war in der
seitens der Staatsregierung geplanten Regulirung der Spree von Berlin bis Spandau und
den dadurch bedingten Veränderungen der Hochwasserstände dieses Flusses im Weichbilde
der Stadt Berlin zu suchen. Dieses Unternehmen ist in Abtheilung IV dieses Abschnittes
ausführlich beschrieben worden, ebenso inwieweit sich die Stadt Berlin an ihm betheiligt
hat. Die grofse Bedeutung, welche das Zustandekommen der Spreeregulirung für die
spätere Entwicklung des gesamten Brückenbauwesens der Stadt Berlin hatte, erhellt aus
dem Umstande, dafs dadurch die Hochwasserstände in der Oberspree um 1,65 m, in der
Unterspree um rd. o,go m gesenkt wurden. Für den Spandauer Schiffahrtscanal ist die
Senkung der Hochwasserstände entsprechend derjenigen in der Unterspree anzunehmen,
während für den Landwehrcanal bei seiner Abzweigung aus der Spree eine Senkung von
rd. 1 m und an der unteren Schleuse im Thiergarten eine solche von rd. 0,25 m und
für den Luisenstädtischen Canal eine solche von etwa 0,50 m eintrat. Um diese Mafse
konnten nach Ausführung des Entwurfs die Scheitel sämtlicher neu zu erbauenden Brücken
tiefer gelegt werden.
Auf die Bearbeitung der allgemeinen Rampenentwürfe übte die zu erwartende
Spreeregulirung insofern sofort ihren Einflufs, als von nun ab die Lage der Scheitelpunkte
der neu zu erbauenden Brücken nicht blofs nach dem Hochwasser von 1855, sondern auch
nach den gesenkten Hochwasserständen des Wiebe’schen Entwurfes untersucht wurde. Fast
überall konnten die Rampenneigungen ermäfsigt, an vielen Stellen steinerne, anstatt eiserner
Brücken in Aussicht genommen, und endlich über den Schleusencanal im Innern der Stadt
überhaupt erst an feste Brücken gedacht werden.
Nach dem Gesagten lassen sich die Vortheile, welche sich für den Bau der Strafsen
brücken aus der Spreeregulirung ergeben, in folgenden fünf Punkten zusammenfassen.
1. Ermäfsigung der Gesamtbaukosten der Brücken, der erforderlichen Ufereinfassungen
und Rampenschüttungen.
2. Erhebliche Ermäfsigung, bezw. gänzlicher Fortfall der den Anliegern zu zahlenden
Entschädigungen.
3. Ermäfsigung der Rampenneigungen.
4. Die Möglichkeit, die über den Schleusencanal führenden Klappbrücken überhaupt in
feste Brücken zu verwandeln.
5. Die Möglichkeit, in Zukunft wieder mehr auf steinerne, als auf eiserne Brücken Bedacht
nehmen zu können.
Es erübrigt nunmehr, bevor wir zu der Besprechung der Brücken im einzelnen
übergehen, derjenigen Bauausführungen zu gedenken, welche seit 1884 von der Stadt in
Angriff genommen, bezw. fertiggestellt worden sind.
Unabhängig von der Durchführung der Spreeregulirung konnten die Kaiser-
Wilhelm-Brücke und die Moltkebrücke ausgeführt werden.