IV. Wasserstrafsen und Häfen.
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einen grofsen Elbkahn oder, unter Anwendung des Mittelthores, zwei Oderlcähne, wobei die
Lichtweite in den Thoren und Kammern 9,60 m beträgt. Die Böschungen des Schleusencanals
sind durchweg mit Klinkern bekleidet. Das Leitwerk, welches von der Spitze der Insel bis
zur Eisenbahnbrücke reicht, ist erst später ausgeführt worden, um die nach dem Wehr
gerichteten Seitenströmungen, welche die Schiffahrt belästigten, abzuschneiden. In dieser
Gestalt hat sich die Anlage sowohl für die Schiffahrt als auch für die Vorfluth und für die
Erhaltung des Normalwasserstandes im Innern der Stadt vollkommen bewährt.
Nach Fertigstellung der soeben erörterten Theilanlagen wurde die Durchführung des
Gesamtunternehmens der Canalisirung der Unterspree dadurch angebahnt, dafs die
Stadt im Jahre 1887 die Gebäude der ehemaligen Dammmühlen käuflich an sich brachte
und sofort einen Theil derselben niederlegte. Demnächst kam im Jahre 1888 zwischen der
Staatsregierung und der Stadt ein Vertrag dahin zu stände, dafs die noch erforderlichen,
sehr umfangreichen Bauausführungen auf gemeinschaftliche Kosten bewirkt werden sollten.
Es wurde vereinbart, dafs von dem ursprünglichen Plane, der darauf hinausging, gleich
zeitig mit den alten Stauwerken im Mühlendamm die Mühlengebäude vollständig zu besei
tigen und dem Flusse einen einheitlichen Lauf zu geben, Abstand zu nehmen sei, weil die
Stadt den Wunsch hatte, den Abbruch auf die beiden seitlichen Speichergebäude zu be
schränken und die beiden Hauptgebäude, die grofse und kleine Mühle, zu erhalten, um
sie vereinigt zu einem städtischen Verwaltungsgebäude umbauen zu können. Auch legte
die Stadt Werth auf die Durchführung der Burgstrafse auf dem rechten Spree-Ufer von
der Langen Brücke (Kurfürstenbrücke) bis zum Mühlendamm. Die Nothwendigkeit, mit der
Erneuerung der Stauwerke einen vollständigen Neubau der für den Verkehr viel zu engen
Mühlendammbrücke mit der Fischerbrücke zu verbinden, wurde allseitig anerkannt, dagegen
erwies sich die Hoffnung, die Kurfürstenbrückc in ihrem bisherigen Zustande erhalten zu
können, als unerfüllbar, weil die unzulängliche Tiefe der Fundamentirung die für die Vor
fluth und die Schiffahrt erforderliche Senkung der Flufssohle nicht gestattete. Das Gleiche
ergab sich in Bezug auf die vom Mühlendamm bis zur Friedrichbrücke vorhandenen Ufer
mauern. Für die Friedrichbrücke war ursprünglich nur eine Vergröfserung der Oeffnungen
zwischen den nicht ganz stromgerecht liegenden Pfeilern und eine Hebung des Ueberbaues
als erwünscht für die Schiffahrt bezeichnet worden, da sich aber zugleich das Bedürfnifs heraus
stellte, zur Erleichterung des hier sehr lebhaften Strafsenverkchrs die Brückenbahn zu ver
breitern, so ergab sich auch hier die Beibehaltung des vorhandenen Bauwerks als unthunlich.
Bei Vertheilung der auf das Gesamtuntemehmen zu verwendenden Kosten, welche
ohne Einrechnung der zur theilweisen Canalisirung der Spree bereits verbrauchten Beträge
mit 11000 000 JL veranschlagt waren, auf den Staat und die Stadt wurde von dem Gesichts
punkte ausgegangen, dafs diejenigen Summen, welche ausschliefslich auf die Verbesserung
des Strafsenverkchrs zu verwenden waren, von der Stadt allein getragen werden sollten. Sie
waren zu 4 600 000 JL berechnet. Der Rest mit 6 400 000 JL entfiel auf die Verbesserung
der Schiffahrt, welche als die Aufgabe des Staates, und auf die Verbesserung der Vorfluth,
welche als die Aufgabe der Stadt anerkannt wurde. Bei der Schwierigkeit, die Kosten der
hierhin gehörigen Bauausführungen nach ihrer verschiedenen Zweckbestimmung aus einander
zu halten oder die nach der einen und anderen Richtung dem Staat und der Stadt erwachsen
den Vortheile auf ihren Geldwerth zu schätzen, gelangte man zu dem in dergleichen Fällen
allein richtigen Entschlüsse, jene Kosten zur Hälfte, also mit je 3200000 JL dem Staate
und der Stadt aufzuerlegen. Nach erfolgtem Abschlüsse des Vertrages wurde die Aus
führung des gemeinsamen Werkes in der Weise geordnet, dafs untei Ausgleichung dei
entsprechenden Geldwerthe durch Baarzahlung aus einer Kasse in die andere, die staatliche
Bauverwaltung die eigentlichen Wasserbauten, also den Bau des Wehres und der Schiffs
schleuse am Mühlendamm, sowie der Ufermauem unterhalb des letzteren, ebenso die inner
halb und aufserhalb des Weichbildes der Stadt noch erforderlichen Spree-Regulirungsai beiten,
dagegen die städtische Bauverwaltung alle übrigen Leistungen, insbesondere den Grunderwerb
und sämtliche Brückenbauten übernahm. Zugleich wurde der Stadt die Eimächtigung ertheilt,
die Höhenanlage ihrer sämtlichen über die Spree und den Landwehi canal noch zu erbauen
den Brücken vorweg nach dem gesenkten, zukünftigen Hochwasserstande zu bemessen.