86
IV. Wasserstrafsen und Häfen.
Wasserstrafse und der Schiffbarkeit der unteren Havel von der Elbe aufwärts bis Spandau
ihrer Vollendung, und die Verhältnisse drängten dazu, wenigstens auch die Unterspree von
Spandau bis in das Berliner Weichbild hinein den gröfseren und tief gehenden Fahrzeugen
bequem zugänglich zu machen. Die Staatsregierung entschlofs sich daher, zunächst eine
theilweise Canalisirung der Unterspree in dem für die Schiffahrt gebotenen Umfange, also
einstweilen ohne Rücksicht auf die Verbesserung der Vorfluth ins Werk zu setzen, die Bau
ausführung jedoch so einzurichten, dafs eine Erweiterung des Unternehmens im vollen ge
planten Umfange für eine spätere Zeit möglich bliebe.
Die vorläufige, theilweise Canalisirung der Unterspree ist in den Jahren
1883—1885 mit einem Kostenaufwande von 2200000 JL zur Ausführung gekommen. Sie
bestand aufser der Errichtung der grofsen Stauanlage bei Charlottenburg in der durch
greifenden Regulirung des Flufslaufs von da bis Spandau, dessen beiderseitige Ufer im
gegenseitigen Abstande von 50 m mit wasserfreien Leinpfaden eingefafst wurden, während
vermöge des grofsen Durchstichs bei Ruhleben, welcher die scharfe und für die Schiffahrt
sowie für die Vorfluth überaus hinderliche Stromkrümmung bei Paulsstem abschnitt, der
Flufs eine möglichst gerade_Richtung erhielt. Gleichzeitig wurde die Sohle bis auf 1,50 m
unter den nie
drigsten Havcl-
wasserstand
von Spandau
vertieftund ho
rizontal gelegt,
vorläufig aller
dings nur in der
für die Schiff
fahrt genügen
den Sohlen
breite von 25
Meter, wobei
die spätere, für
die vollstän
dige Verbesse
rung der Vor
fluth erforder-
Abb. 76.
Lageplan der Stauanlage in der Spree bei Charlottenburg.
liehe Verbrei
terung Vorbe
halten blieb.
Die Lage des
Stauwerks war
ursprünglich
für diejenige
Stelle geplant,
an welcher sich
der Landwehr
canal und ge
genüber der
Charlottenbur
ger Verbin
dungscanal mit
der Spree ver
einigen, die
Vorzüge dieser
Lage mufsten indessen aufgegeben werden, weil aus der damit verbundenen Senkung des
Mittelwassers neben dem Schlofspark von Charlottenburg und in der Nähe des Thiergartens
nachtheilige Folgen für den Baumwuchs befürchtet wurden. Das Stauwerk ist deshalb weiter
flufsabwärts in einen Durchstich gleich unterhalb der Brücke der Berlin-Hamburger Eisen
bahn verlegt worden, welcher zur Verbesserung der Durchfahrt durch diese Bracke ohnehin
ausgeführt werden mufste. Die Gesamtanordnung der umfangreichen Bauanlage wird durch
den vorstehenden Lageplan dargestellt (Abb. 76). Sie zeigt zwei durch eine Insel getrennte
Haupttheile, das Wehr im Hauptlauf der Spree und die Schiffsschleusen im Seitencanal,
und war von vornherein so bemessen, dafs bei der späteren Vervollständigung der Canali
sirung eine Erweiterung nicht erforderlich wurde. Das Wehr hat im ganzen 50 m Licht
weite, von denen 10 m auf das am rechten Ufer liegende Trommelwehr entfallen. Dieses
ist so eingerichtet, dafs es unter Anwendung des vorhandenen Wasserdrucks niedergelegt
und wieder aufgerichtet werden kann, um den von oben herabkommenden leeren Schiffen
den Durchgang ohne Aufenthalt zu ermöglichen, während die übrigen 40 m mit Schutz
vorrichtungen versehen sind, die durch Schrauben mit Vorgelegen und Handkurbeln gehoben
und gesenkt werden können. Der Normalwasserstand vor dem Wehre entspricht dem bis
herigen mittleren Wasserstande der Spree, bei Hochwasser wird das Wehr ganz geöffnet
und findet alsdann keine Behinderung des Abflusses statt. Von den beiden bis jetzt
erbauten Schiffsschleusen — zur Anlage einer dritten ist für den Fall des Bedürfnisses der
Raum vorgesehen — fafst die eine gleichzeitig vier gewöhnliche Oderkähne, die andere