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Fünfter Abschnitt. -
von der Elbe zur Verarbeitung dortbin verfrachtet wird. Dieser Tbou, meist
Wiesentbon von gelblich erdiger Farbe, ist fett und plastisch, eisenhaltig und
stark mit schwarzfarbenden Knoten von Eisenoxydbydrat versetzt, deren Vor
kommen für diese Erde charakteristisch ist; sie enthält ca. 63% Thonsubstanz
und keinerlei schädliche Beimischungen, wird nur durch Auswintern und im Thon-
schneider bearbeitet, meist noch mit der Hand geformt, und in Oefen alter Kon
struktion gebrannt; sie reisst leicht und verlangt daher vollständig versehliessbare
Trockenöfen. Diese Erde giebt schon bei Sehwaehbrand einen festen, wenn auch
nicht wetterbeständigen Stein von hellrother ins Gelbe fallender Farbe, färbt sich
bei stärkerem Brande ziegelroth bis braun und bei Klinkerbrand schliesslich violett.
Für das alte Berlin lieferte sie das wichtigste Material für Rohbauten (Kloster
kirche, Marienkirche etc.), welches his in die neueste Zeit für stark belastete
Konstruktionen fast ausschliesslich verwendet wurde, jetzt aber mehr und mehr
durch Klinker aus anderen Erden ersetzt wird; sie liefert dagegen fast ausnahmlos
noch die Dachsteine für Bexlin und Umgegend. — Stark eisenhaltige rothfärbende
Erden (meistens sandige Lehme), welche in der Nähe des Plauenschen Kanals
und an andern Orten gefunden werden, liefern einen ähnlichen Stein, den sogen,
wilden Eathenower, wie denn überhaupt im gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht
selten jeder roth aussehende einigermaassen tragfiihige und wetterbeständige Ziegel
„Rathenower“ genannt wird.
2 Das weitaus grösste Quantum von Ziegeln — vielleicht 80% — liefern
die Ziegeleien, welche meist graubläulich gefärbte, kalkhaltige und in sehr ver
schiedenen Mischungsverhältnissen auftretende Erden verarbeiten. Letztere haben
den Vorzug, dass sie wegen ihres bedeutenden Gehalts an fein vertheiltem kohlen
saureu Kalk und feinem Saude meist wenig Neigung für Trockenrisse zeigen;
sie sind fast durchweg in stärkeren Bänken abgelagert und frei von schädlichen
Beimischungen, erfordern keine besonders hohen Temperaturen beim Brennen und
vereinfachen dadurch die Fabrikation, so dass sie die billigsten Steine liefern,
welche bei Sehwaehbrand erdig röthlich erscheinen, bei Mitterrand weisse, bei
Hartbrand gelbe, dann orange und endlich als Klinker grüne Farbe annehmen.
Wo diese Erde unrein auftritt und geschlämmt werden muss, wird sie meist zu
feineren Steinen verarbeitet, wie zu den fälschlich sogen, gelben Klinkern (Birken
werder, Hegermühle etc), welche keineswegs gesintert, sondern nur Hartbrand
sind, aber einen hohen Grad von Druckfestigkeit haben, letzteres gilt in höchstem
Maasse von dem grünen wirklichen Klinker. Die Hauptfund- und Fabrikation-
stätteu dieser Arten von Ziegelerde sind; auf beiden Seiten der unteren Havel
von Potsdam bis Brandenburg, Pätzow, Glindow, Werder, Ketzin, Lehuin; die
Gegend an der oberen Spree, der Dahme uüd Notte, von Köpenick bis Storkow
mit den Ziegeleien von Mittenwalde, Zossen am Kienitz- und Rüdersdorfer See
mit Herzfelde; an der obern Havel mit dem Havelländischen Kanal, Hermsdorf,
Birkenwerder, Oranienburg, Cremmen; am Finow-Kanal und Werbellin-See: Schöp-
furth, Hegermühle, Joaebimsthal, Neustadt-Eberswalde, Hohenfinow, Freienwalde
a. 0., Hohensaatheu. Innerhalb dieses grossen, Berlin von allen Seiten umgebenden
Rayons, bilden die nach Hunderten zählenden Ziegeleien, je nach der Beschaffen
heit ihrer Ziegelerde, kleinere' Gruppen, welche die verschiedenartigsten Ziegel
liefern, vom ordinärsten Uiutermaueruiigstein bis zum festesten Klinker und zu
guten Verblendsteinen.