238
Vierter Abschnitt.
Die Abnahme der Produktion an Messingrohren hat darin ihren Grund, dass
man in der Lokomotivbau-Iudustrie begonnen hat, die Messing-Siederohre durch
eiserne zu ersetzen.
Zum grössten Theil wurden diese Walzwerkprodukte in Berlin an die Lampen-,
Galanteriewaaren-, Militair-Effekten- und Lokomotiv-Industrie abgesetzt, zum
kleineren Theile nach Süddeutsehland, Russland und Holland exportirt. Auch
für militairische Zwecke (Patronenhülsen) fanden dieselben eine ausgedehnte Ver
wendung. An dem Konsum des Jahres 1874 hatte die Berliner Lampenfabrikation,
welche in Folge der niedrigen Petroleumpreise sehr stark beschäftigt war, einen
hervorragenden An theil.
Berliner Kupfer- und Messing-Werk von C. Heckmann. Der Be
gründer des Geschäftes, der jetzige Geb. Kommcrzienrath Karl Justus Heckmann,
wurde 1786 zu Eschwege geboren, erlernte das Kupferschmiede - Handwerk
und etablirte sich, nach einer längeren Gesellen-Wanderschaft durch Oesterreich,
Ungarn und Deutschland im Jahre 1819 in Berlin als Kupferschmiedemeister in
einem kleinen Hause der Wallstrasse unter der Firma C. Heckmann. Das in den
kleinsten Dimensionen sich bewegende Geschäft wuchs nach und nach, und er
langte grössere Ausdehnung, als Heckmann im Jahre 1824 zuerst die für Dampf
betrieb konstruirten Pistorius’schen Brenn-Apparate zu bauen begann, wodurch
gleichzeitig die Anlage einer Messing-Giesserei nebst Dreherei bedingt wurde.
Inzwischen erwarb Heekmann bei steter Zunahme seines Geschäftes ein eigenes
Grundstück auf dem Hausvoigtei-Platz No. 12 und legte im Jahre 1837 im Verein
mit Eavene ein Messing-Walzwerk in der Schlesischen Strasse No. 18/19 an.
Nach kurzer Zeit schied Eavene aus der Sozietät wieder aus und Heekmann ver
legte nunmehr seine Kupferschmiederei und sonstigen Werkstätten ebenfalls nach
dem Walzwerk-Grundstück. Er nutzte die Anlage dadurch weiter aus, dass er,
neben Messing, auch die für seine Kupferschmiedei ei nöthigen Kupferbleche etc.
auf diesem Walzwerk herstellte, blieb indess bei rastloser Thätigkeit auf diesem
Punkte nicht lange stehen, sondern brachte nunmehr die drei, auf seinem „Berliner
Kupfer- und Messing-Werk“ gepflegten Industriezweige, jeden einzelnen zur
weiteren Ausdehnung. In der Kupferschmiederei benutzte er, bei fortgesetzter
Herstellung von Brennerei- und Destillation-Anlagen, sowie Warmwasser-Heizungs-
Anlagen (Niederdruck-System) für Wohnhäuser und öffentliche Gebäude, die
derzeit aufblühende Eunkelrüben-Zucker-Industrie, um kupferne Apparate für diese
Zwecke nach allen Gegenden des Zollvereins zu liefern, suchte durch Anlage von
Roh Zuckerfabriken im Verein mit ländlichen Grundbesitzern dieser neuen Industrie,
namentlich im Oderbrueh, Eingang zu verschaffen, lieferte aber selbst nach Russ
land, Belgien und Amerika seine Apparate für Zuckerfabrikation. Im Zusammen
hang hiermit errichtete er demnächst Filialen für Kupferschmiederei in Breslau,
Moskau und anderen Orten. Die Kupferwalzwerkbranche dehnte er dahin
weiter aus, dass er nicht blos für den eigenen Bedarf, sondern auch für andere
Kupferschmiede Kupferbleche, Böden etc. fertigte und der mehr und mehr auf
blühenden Lokomotivbau-Industrie die starken Kupferplatten und das Stehbolzen
kupfer zu den Lokomotiv-Feuerbuchsen lieferte, welcher Geschäftszweig nach und
nach, bei dem sich stets steigernden Bedarf für Eisenbahnen und Lokomotivbau-
Anstalten, eine sehr grosse Ausdehnung gewann. Der Messingwalzwerkbranche
endlich, welcher er bereits die Drahtfabrikation hiuzugefügt hatte, gab er dadurch