Path:
Erster Theil Erster Abschnitt B. Die geschichtliche Entwicklung Berlins.

Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

B. Die geschichtliche Entwickelung Berlins. 
43 
standen waren, die man im Falle eines Krieges unmöglich zerstören konnte, und 
seitdem auch im Inneren der Werke, in den Bastious und ßavelins, ja selbst in 
direkter Anlehnung an den Hauptwall der Courtinen, einzelne Gebäude und 
ganze Häuserreihen immer zahlreicher sich angesiedelt hatten. Eine nur mit 
enormen Kosten durchzufllhrende Erweiterung der Festung, wie sie Friedrich I. 
projektirt hatte, lohnte sich kaum noch, seitdem die Macht der eifersüchtigsten 
und gefährlichsten Nachbarn, Polens und Schwedens, gebrochen, Stettin eine 
preussische Stadt geworden war und Preusseu ein so grosses, schlagfertiges Heer 
besass. Der letzte Zweck endlich, den die seit 1713 nur noch mit halben Mitteln 
unterhaltenen Werke im Dienste der Akzise und zur Verhinderung der Desertionen 
von Soldaten zu erfüllen hatten, war mit der Ausführung der neuen Stadtmauer 
verschwunden. So entschloss sich der König, die überflüssig gewordene Befestigung 
ganz aufzugeben, um das Terrain derselben zu Strassen und Häusern ausnutzeu 
zu können. Berlin wurde damit des Zwanggürtels, der seine homogene Ent 
wickelung hemmte, um 50 oder 100 Jahre früher ledig, als andere deutsche 
Städte, die sich in gleicher Lage befanden; es musste diese Gunst freilich auch 
durch den Verzieht auf die Vortheile erkaufen, welche diese Städte aus einer ein 
sichtvolleren Verwerthung des Festungsterrains, als sie zu jener Zeit möglich war, 
gezogen haben. 
Dass mau unter den Verhältnissen des damaligen Verkehrs und der damaligen 
Lebensgewohnheiten ein Verständniss für die Bedeutung von Boulevards oder gar 
eines Ringes von Parkanlagen hätte haben sollen, ist nicht wohl zu verlangen. 
Die neuen, in der Linie der Umwallung entstehenden Strassen erhielten die dürftige 
Breite, welche die durch frühere Bebauung der Wallseite entstandenen Anfänge 
derselben zeigten. Dagegen ist immerhin anzuerkennen, dass die Verbindung der 
inneren Stadttheile mit den äusseren nach einem wohlüberlegten Plane erfolgte. 
Von den vorhandenen Thor-Passagen blieben die durch das Neue und das Köpenieker 
Thor als Strassen erhalten, während die durch das Leipziger Thor führende ge 
schlossen wurde. Statt der letzteren wurden der alte Weg über den Spittelmarkt, 
sowie die Jäger- und Grünstrasse nach Aussen geöffnet und entsprechende neue 
Brücken Uber den Graben geschlagen. Von ausserhalb wurden die Strassen der 
Friedriehstadt bis an den Graben verlängert, während in der Köpenieker Vorstadt 
aus den schon vorhandenen Häuserreihen an der Kontreskarpe, in der Verlängerung 
der Jakobstrasse, ein peripheraler Strassenzug sich entwickelte. Als Plätze wurden 
im Innern eines ehemaligen Bastions der Hausvoigteiplatz, vor dem Glacis der 
zum Exerzierplatz bestimmte Dönhofplatz freigehalten. Die alten Thore wurden 
abgebrochen; die Beseitigung des Walls und die allmälige Einschränkung des 
Grabens bis auf seine gegenwärtige, geringe Breite dauerte jedoch noch mehre 
Jahrzehnte.*) Das Hornwerk der Dorotheenstadt war schon in den ersten Regie- 
rungsjahren Friedrich Wilhelm’s den Besitzern der au den Wall grenzenden Grund 
stücke preisgegeben worden, doch blieb der offene Graben an der Behrenstrasse 
noch bis gegen -das Ende der Regierung Friedrich’s des Grossen, wo er in einen 
v ) Als einzige Reste der Festung auf dem linken Spreeufer sind heute noch der Hügel 
m den Gartenanlagen hinter dem kölnischen Gymnasium (ein Stück des Walls) und das 
Ihünnchendes sogenannten Wusterhausensohen Wehrs, an dem später eine Walkmühle angelegt 
wurde, etwas unterhalb auf dem Hofe des Hauses Neue Jakobstrosse Nr. 10 erhalten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.