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Zweiter Theil Dritter Abschnitt Die Ingenieurbauten

Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

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Dritter Abschnitt. 
oder sic verfolgen in ihren Ilauptrichtungeu die alten Verkehr- und Handelswege, 
welche in kürzester Richtung nach den benachbarten Orten und Städten führten. 
Ebenso sind die alten Theile Berlins: Cölu und Berlin, arm an grösseren Plätzen. 
Regelmässiger sind die Strassenanlagen in den Stadttheilen der Dorotheen- und 
Friedrichstadt, jedoch tritt auch hier ein Mangel an Plätzen hervor. Die Louisen 
stadt zeigt ebenfalls regelmässigere Strassenzüge und vor Allem schon eine mehr 
hervortretende Berücksichtigung des Bedürfnisses nach grösseren Plätzen; ausser 
dem sind die einzelnen Strassen-Quartiere hier in zweckmässigerer Grösse an 
genommen. 
Gegenwärtig erfolgt die Anlage neuer Strassen und Plätze auf Grund eines, 
seit dem Jahre 1858 bearbeiteten, im Jahre 1862 durch Königliche Kabinetsordre 
publizirton Bebauungsplanes. Dieser in XIV Haupt-Sektionen eingetheilte 
Plan erstreckt sich auf ein Terrain, das im Horden und Süden im Wesentlichen 
die Weichbildgrenze festhält, westlich jedoch bis über Cbarlotteuburg und östlich 
bis Lichtenberg hinausgreift. Die alten radialen Haupt-Verkehrwege sind beibe 
halten und durch mehrere peripherale Strassenzüge, namentlich durch eine grosse 
„GUrtelstrasse“ mit einander in Verbindung gesetzt worden. Die Zwischenräume 
sind in ein dctaillirtes Netz möglichst regelmässiger Strassen, die sich häufiger als 
in den alten Stadttheilen zu Plätzen erweitern, zerlegt. 
lieber die Zweckmässigkeit des Bebauungsplanes sind in den letzten Jahren 
eingehende Erörterungen gepflogen worden. Dass ein solcher Plan für eine 
schnell cmporblühende Stadt an sich ein ebenso unbedingtes Erforderniss ist, wie 
eine geregelte Bauordnung, ist eine wohl feststehende Thatsache. Die schnelle 
Entwicklung, welche in älterer Zeit die Friedrichstadt und in neuerer Zeit die 
Louisenstadt im Gegensatz zu den ohne Plan entstandenen ehemaligen Vorstädten 
auf dem rechten Spreeufer genommen haben, ist ein unmittelbar vor Augen liegendes 
Beispiel für die segensreichen Folgen eines selbst unvollkommenen Bebauungs 
planes. Schwer sind dagegen die Grenzen zu bestimmen, bis zu welchem Maasse 
herab und bis zu welcher Ausdehnung der Bebauungsplan einer Stadt in der 
Gegenwart festgesetzt werden soll, um der Zukunft nicht zu beengend vorzu- 
greifeu. Wenn man bei der Festsetzung des Bebauungsplans für Berlin auch 
offenbar bemüht gewesen ist, den vorhandenen Verhältnissen: vertiefender älterer 
Strassenzüge, grösserer privater oder fiskalischer.Eigenthumskomplexe, der Ver- 
theilung von Licht und Luft, von Vorfluthwerken etc. bei Bestimmung der Richtung 
und Breite der Strassen, der Grösse der Bauvicrtcl, der Durchsetzung der Stadt- 
thcile durch öffentliche Plätze thunlichst Rechnung zu tragen, so zeigt sich doch 
schon jetzt, wie alle Voraussicht in die Zukunft beschränkt und Stückwerk war. — 
Der Drang nach freier Bewegung und möglichst geringer Beschränkung in den 
Bauausführungen hat die Unternehmungslustigen zum Theil über die Grenzen des 
Bebauungplaues hinausgetrieben. Zu vielen ausgedehnten industriellen Anlagen 
war in den projeetirten Stadttheilen kein genügender Raum, oder die beabsich 
tigten Kommunikationen waren ihren Zwecken nicht entsprechend, die Anschlüsse 
an die Eisenbahnen nicht geeignet. Anträge auf Abänderung des Bebauungplanes, 
die zwar bereitwilligst Berücksichtigung finden, können wegen der grossen Zahl 
von Instanzen, die hierbei mit zu entscheiden haben, erst nach ausserordentlich 
langer Zeit auf Erfüllung rechnen. So hat sich in immer weiteren Kreisen der 
Wunsch verbreitet, dass der durch zahlreiche, sehr wesentliche Abänderungen
	        
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