Die Hochbauten.
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befindet, so ist doch anzuerketinen, dass bereits eine Wendung zum Besseren ein
getreten ist. — Die seit der Einführung des bayrischen Bieres eingetretene Ent
wickelung des Wirthshauslebens hat allmälieh das Bedürfhiss nach grösseren,
geräumigen Lokalen hervorgerufen.. In den Gärten, Gartenhallen und Sälen,
welche zunächst in den vorstädtischen Ausschank-Lokalen der Brauereien für den,
auf die Sonntage und die sommerlichen Abendstunden konzentrirten Besuch der
erholungsbedürftigen Volkmassen eingerichtet wurden, bildete sich die Gewohnheit
heraus, dass nicht nur Männer, sondern ganze Familien in ihren Freistunden im
Wirthshause zusammen kamen. Von dort aus hat sich dieselbe nach und nach
auf die Lokale im Inneren der. Stadt übertragen, und im Zusammenhänge damit
hat man angefangen, auch hier Lokale auzulegen, die für Massenbesuch geeignet
und speziell zu Eestauration-Zwecken eingerichtet sind. Gleichzeitig hat sich die
allgemeine Steigerung der Ansprüche an Komfort auch in der Ausstattung dieser
Lokale geltend gemacht.
Als gemeinsam für die Berliner Eestaurationen, die überwiegend zu ebener
Erde, selten im ersten Stock und bei den Lokalen besserer Gattung auch nicht
allzu häufig im Souterrain sich befinden, kann es betrachtet werden, dass sie fast
sämmtlich im Inneren der Häuser, an den Höfen und Gärten liegen. Es hängt
dies einerseits. damit zusammen, dass die Strassenfronten der Häuser in den be
lebten Strassen durchweg zu Läden dienen, andererseits damit, dass die Verbin
dung mit einem zum sommerlichen Aufenthalte der Gäste geeigneten „Garten“
für grössere Lokale als ein fast unentbehrliches Bediirfniss angesehen wird. Die
betreffenden Gärten genügen allerdings zum grösseren Theil nur den bescheiden
sten Ansprüchen und sind häufig auf einen von Brandmauern umgebenen Hof
reduzirt, in dem einige dürftige Kugel-Akazien vegetiren.
Eine Eintheilung der Eestaurationen, die selbstverständlich nicht streng dureh-
geführt werden kann, ergiebt sich am Besten nach Maassgabe des in ihnen ver
abreichten Haupt-Getränkes. Eigentliche Speisehäuser, in denen lediglich gegessen
wird, sind kaum vorhanden; ebenso wenig ausschliessliche Trinkhallen, wenn
man zu den letzteren nicht etwa die „Destillationen“ und die Selterswasser-
Buden rechnen will.
Die nachfolgende Erwähnung bestimmter Eestauration-Lokale, von denen
selbstverständlich nur sehr wenige ein lediglich zu diesem Zweck bestimmtes Ge
bäude beanspruchen, ist auf einzelne charakteristische und durch ihre architekto
nische Ausbildung interessante Beispiele beschränkt.
Unter den Weinhäusern, an denen wegen ihres verhältnissmässig eng be
grenzten Publikums ein Fortschritt in den räumlichen Einrichtungen am Wenigsten
ersichtlich ist, sind nur wenige neuere, für die vornehme Welt bestimmte Eestau
rationen ersten Eanges bemerkenswert!!.
1. Hiller’s Eestaurant, Unter den Linden No. 62, elegant und behaglich
ausgestattet, aber räumlich beschränkt. Architekt: Titz.
2. Eestaurant de l’Europe (Pöppenberg), Unter den Linden No. 33; zur Zeit
das glänzendste Lokal dieser Art, auch architektonisch nicht uninteressant durch
die in französischer Eenaissance gehaltene Dekoration. Es umfasst mehre Speise-
und Nebensäle in wirksamer und praktischer Verbindung. Architekten: Ende
und Böckmann. i
3. Müller’s Eestaurant, Unter den Linden No. 4'. Zwei Säle übereinander;