Die Hochbauten.
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uiselie, welche bis 80 Musikern Platz gewährt; die andern Seiten werden durch
zwei Logen-Ränge eingenommen, deren elegante Formengebung leider in etwas
harten Gegensatz zu der unteren, den Saal umschliesseuden gedrückten Halle ge-
rathen ist. Zugang und Garderoben sind auch hier kümmerlich bedacht, woran
der beschränkte Bauplatz Mitschuld haben mag. — Unter dem Saal befindet sich
ein Tunnel. — Der ältere Saal, der als Nebensaal dient, ist seiner früheren Ver
wendung gemäss, überladen dekorirt. —
4. Die Deutschen Reichshallen,*) Leipzigerstr. No.. 77 am Dönhofplatz,
wurden im Jahre 1872/73 durch den Architekten Wesenberg erbaut. Die Strassen-
front nimmt ein Miethhaus ein; dahinter liegt, von einem glasbedeckten Hofe zu
gänglich, der Saalbau, der im Erdgeschoss ein grös
seres Restaurationlokal, darüber den grossen Konzert
saal enthält. Der letztere ist 38 m lang, 30,2 m breit und
16,5 m hoch, und besteht aus einem mit gerader Decke
abgeschlossenen Mittelschiff und zwei mit Kreuz
gewölben überdeckten Seitenschiffen. In diesen,
sowie in der ersten Travee des Mittelraums sind
etwa 4,l m über dem Fnssboden Gallerien eingebaut.
An der dem Eingang gegenüber liegenden Seite be
findet sieh das Orohesterpodium mit einer Orgel. Die
Beleuchtung erfolgt bei Tage in ziemlich spärlicher
Weise vorzugweise durch 4 runde Oberlichter des
Mittelschiffs von 4,4 ,u Durchm., während am Abend
2 grosse Kronleuchter in der Mitte und 8 kleinere
über den Seiten (mit zusammen ca. 1000 Flammen)
ein blendendes Licht verbreiten. Im Ganzen gwährt
der in derben Renaissanceformen ausgebildete Saal
mit seinen Pfeilerstellungen und Gallerien einen
effektvollen Anblick, zumal als Rahmen und Hinter
grund so grossartiger Feste, wie der dort abgehal
tenen Künstler-Kostümbälle. In ungenügender Be
messung der Nebenräume ist, wie die nebenstehende
Skizze zeigt, hier wohl das Aeusserste geleistet.
5. Das Konzert- und Festlokal der Kaiser-
Gallerie, im ersten Stockwerk derselben an der Front Unter den Linden belegen
(man vergl. d. Grundriss Fig. 215 auf S. 317), ist von den Baumeistern Kyllmann
und Heyden im Jahre 1873 eingerichtet. Es ist unter den bezgl. Anlagen Berlins
bis jetzt jedenfalls die vollkommenste, wenngleich die durch die mannichfachsten
Bedingungen beeinflusste Grundrissbildung in Betreff der Verbindung der einzelnen
Räumlichkeiten zu wünschen übrig lässt. Der Vorsaal, an dem die auch hier
etwas beengten Garderoben liegen, trennt die vorhandenen 4 Säle in zwei Gruppen.
Nach der Strasse liegt der (durch nur eine Thür zugängliche) Hauptsaal (i8,25 m
lo-> 15,22"“ br., 11'“ h.) mit einem kleinen Nebensaal (ll,93 m lg,, 6,75 m br.,
5"' h.); auf der anderen Seite liegen an der Gallerie der Speisesaal (20,72“ lg.,
9.73 m br., 7,06™ h.). sowie ein zweiter Nebensaal (11,50“ lg., 9“ br., 5™ h.).
*) Publizirt im Jahrg. 1873 der B augewerke-Zeitung.
A. Konzertsaal. B, Glasbedeckter Hof.
a. Garderoben, b, c. Vorraum,
d. Treppen zum Saal.
Fig, 243.
Rcichsballen. (Hauptgeschoss.)
(Archit. Wesen borg.)