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Zweiter Abschnitt.
des Ausrlickens der allarmirten Feuerwehr-Mannschaften. Die Remisen für die
stets bereit stehenden Fahrzeuge öffnen sich direkt nach der Strasse; die Ställe,
in denen die Pferde fortwährend angeschirrt stehen, haben Dimensionen, wie sie
zu ungehinderter Bewegung erforderlich sind. Durch Unterbringung zahlreicher
Dienstwohnungen (das 2. Stockwerk, in dem sich an der Strasse die Wohnung
des Brandmeisters befindet, ist ganz zu solchen ausgenutzt) ist dafür gesorgt, dass
auch die älteren, verheiratheten Mitglieder bezw. Führer der Feuerwehr jederzeit
unmittelbar zur Stelle sind. — Auf dem hinteren Theile des Grundstücks sind die
Lokale für ein Depot des (bis vor Kurzem mit der Feuerwehr vereinigten) städti-
sclieu Strassenreiuigungs-Wesens mit Dienstwohnungen für 1 Schirrmeister und
mehre Kutscher angebracht. — Die Ausführung des Hauses, wie aller neueren
Feuer-Waehtgebäude, ist in einfachem Ziegelrohbau erfolgt, während die älteren
Anlagen noch den Putzbau zeigen.
o) Parlament-Gebäude.*)
1. Das provisorische Reichtaghaus, Leipziger Strasse No. 4,**) wurde
unter Benutzung vorhandener Gebäude der Kngl. Porzellan-Manufaktur im Jahre
1871 nach dem Entwürfe und unter der oberen Leitung des Geh. Regieruugsraths
Hitzig von den Baumeistern Gropius und Schmieden erbaut.
Der Haupteingang für die Mitglieder des Hauses liegt in der Mitte, während
die seitlich gelegene Durchfahrt (13) zu den Bureaus und den Tribünen führt.
Die letzteren liegen auf drei Seiten des Sitzungssaales Uber den Korridoren (4).
Der Sitzungssaal, 22 m breit, 28,25"' lang und 13—15 m hoch, enthält 400 Klapp
sitze mit vcrschliessbaren Pulten, die i. minim. 0,63 m breit und 1,10'" tief sind.
Das zu beiden Seiten der Tribünen-Anlage angeordnete, erhöhte Podium des
Bundesrathcs enthält 44 Sitze. Die Tribünen des Publikums (einschl. der rcser-
virten Tribünen) enthalten 316 Plätze.
Der Saal ist durch Oberlicht erleuchtet. Bei Abendsitzuugen werden eiserne
Wagen mit 66Q Gasflammen, über denen neusilberne Reflektoren angebracht sind,
über die Glasfläche des inneren, schräg liegenden Oberlichtes gerollt. In dem
beigefügten Querschnitt sind beide Stellungen dieser Wagen angedeutet. Grosse
Ampeln an den Wänden des Saales erhellen die Saaldeeke von unten.
Wegen der aussergewöhulich beschleunigten Bauausführung — der Bau wurde
in 4'/a Monaten hergestellt — konnte die Konstruktion der Saalwände und des
Daches nur in Holz ausgeführt werden; erstere wurden der Akustik und der
Trockenheit wegeu mit Holztäfelung bekleidet.
Die Heizung ist eine Dampfiuftheizung mit Pulsion. Zwei lange Heizkammern
liegen unter dem Foyer und dem gegenüber liegenden Korridor (4), neben ihnen
sind Kaltluftkanäle und Mischkammem angelegt, so dass man durch Stellung-
weniger Klappen die Temperatur der Heizluft ändern kann. Der Eintritt der auf
ca. 20 °R. erwärmten Luft erfolgt in der Höhe von 9'" über dem Fussboden. Die
•) Bearbeitet durch die Herren Reg.-Rath W. Neumann und Bauinspektor Emmerich.
**) Man vergleiche die Mittheilung im Jahrg. 1871 No. 39 der Deutschen Bauzeituug-