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Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

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Zweiter Abschnitt. 
Stadtbezirk, das Kreisgericbt für die Kreise Nieder-Bamim und Teltow, das 
Kammergerieht als Appellinstanz für den Regierungsbezirk Potsdam und das 
Ober-Tribunal als höchste Landesinstanz. Au letzteres scbliessen sieb ferner 
an: der Disziplinarbof für nicht richterliche Beamte, der Gerichthof für kirchliche 
Angelegenheiten und der Geheime Justizrath für die ehemals souveränen Fürsten 
und den preussischen Hof. 
Die mannichfachen Reformen, denen die Organisation der preussischen Justiz 
verwaltung unterworfen worden ist, haben es bisher verhindert, dass die baulichen 
Anlagen für die Berliner Gerichthöfe eine definitive und monumentale Gestalt gewinnen 
konnten. Mit einer einzigen Ausnahme sind dieselben bisher stets in älteren, 
ursprünglich für einen anderen Zweck bestimmten Gebäuden uutergebracht worden 
und es ist dem stetig hervortretenden Bedürfniss nach Erweiterung der betreffenden 
Lokalitäten durch stückweise An- und Zubauten, bezw. durch Verlegung einzelner 
Abtheiluugen in anderweitige Gebäude nur nothdürftig Genüge geschehen. Es 
herrscht in Folge dessen zur Zeit noch eine ausserordentliche Zersplitterung der 
Gericht-Lokale und cs lassen die Einrichtungen derselben an Würde und Zweck 
mässigkeit sehr viel zu wünschen übrig. 
Die erwähnte Ausnahme bezieht sich auf den ältesten unter den Sitzen der Recht 
pflege in Berlin, das Kammergericht-Gebäude au der Ecke der Linden- und der 
Hollmannstr., in welchem die oberen Behörden der Justiz-Verwaltung: das Kam 
mergericht und das Obertribunal, der Disziplinarbof, der Gerichthof für 
kirchliche Angelegenheiten und der geheime Justizrath vereinigt sind 
und welches ausserdem die Bibliothek für alle richterlichen Behörden enthält. 
Das Gebäude, im Jahre 1734 durch den Oberbaudirektor Gerlach für die 
4 Senate des damaligen Kammergerichts erbaut und anfangs als „Konsistorium“, 
später als „Kollegienhaus“ bezeichnet, ist unter den von König Friedrich Wilhelm I. 
errichteten Profaubauten weitaus der bedeutendste. Es ist eine zweigeschossige, 
von einem hohen Mansardedach gekrönte Anlage, die aus einem Vorderhause und 
2 tiefen Flügeln besteht. Die noch ganz in ursprünglicher Gestalt erhaltene, in 
stattlichen Verhältnissen ausgeführte Faijade gewährt architektonisch insofern ein 
besonderes Interesse, weil sie stärker als irgend ein anderes Beispiel in Berlin 
von den Vorbildern des französischen Rokkoko beeinflusst worden ist. Eigen 
tümlich ist (Re Anordnung des Figurenschmucks; die allegorischen Gestalten der 
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sind in halbliegender Stellung auf dem ab 
fallenden Dache des mittleren Risalitgiebels angebracht. Auch das Innere des 
alten Baues, der 8 kleinere Sitzungssäle enthält, zeigt noch vereinzelte Rokkoko- 
Dekorationeu, besitzt seinen Hauptschmuck jedoch in den zahlreichen Porträts 
braudeuburgisch-preussischer Monarchen, die im Verein mit den Bildern und 
Büsten hervorragender preussisober Juristen den Räumen ein gewisses historisches 
Gepräge verleihen. In den Jahren 1866 — 58 ist durch den (damaligen) Bau- 
iuspektor Wäsemann eine Erweiterung des Gebäudes erfolgt, indem die Flügel 
verlängert und durch ein hinteres Quergebäude verbunden wurden. In letzterem 
befindet sich die Bibliothek, während in dem inneren Flügelbau ein grosser, mit 
Luftheizung versehener Saal für die Plenarsitzungen der beiden Gerichthöfe an 
gelegt worden ist, der eine reiche Stuck-Dekoration erhalten hat. — 
Das Beriiner Stadtgericht, der Gerichthof erster Instanz für den Bezirk 
des Berliner Weichbildes, bestand vor 1849 aus drei selbstständigen Behörden:
	        
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