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Erster Abschnitt.
Mietskasernen. Eine Villen-Kolonie kleinen Maasstabes, „Wilhelms-Höhe“, ist am
Kreuzberge entstanden, dessen Umgebungen landschaftlich leider noch arg ver
nachlässigt sind.
Der ganze Osten des Weichbildes, das äussere Stralauer Kevier und die
äussere Königstadt, ist in der Bebauung noch weit zurück; nur in der südöstlichen
Ecke bei Rummelsburg, wo die Pump- und Filter-Station der städtischen Wasser
werke und das städtische Waisenhaus liegen, sowie längs der Chausseen ist eine
solche vorhanden. Im Friedrichhain ist neuerdings die umfangreiche Anlage des
städtischen Krankenhauses vollendet worden.
Um so stärker angebaut und um so lebhafter in Entwickelung begriffen sind dafür
zum Theil die nördlichen Viertel — das äussere Spandauer Revier, der Wedding und
Moabit; die Hauptsitze der blühenden Berliner Eisenindustrie, von welcher nament
lich die westliche Hälfte des Spandauer Reviers, die frühere Oranienburger Vor
stadt, den Kamen des „ Maschinenbauer-Viertels “ erhalten hat. Sie machen als
solche auch äusseriieh sich geltend, da die Fabrikgebäude hier nicht wie in der
Louisenstadt und dem Stralauer Revier vorwiegend auf das Innere der Häuser-
Quarticrc beschränkt sind, sondern vielfach in originellen und malerischen Bau
gruppen an den Strassen selbst zur Erscheinung treten. An den durchgehenden
Verkehrlinien, zwischen der Brunnen- und Gartenstrasse (dem ehemaligen „Voigt
lande“) und in Moabit sind noch zahlreiche Reste der alten vorstädtischen Be
bauung mit kleinen niedrigen Häusern vorhanden; im Wedding und dem Gesund
brunnen, die erst seit 1861 zum städtischen Weichbilde geschlagen und bisher
immer noch unvollkommen mit dem Hauptkörper der Stadt verbunden sind, über
wiegt eine solche noch heute. Alle neu entstandenen Strassen bis an die äusserste
Grenze der Bebauung sind leider mit fünf- und sechsgeschossigen Miethhäusem be
setzt worden. Neben jenem Hervortreten der Fabrikgebäude verleiht dem östlichen
Theile des betreffenden Abschnittes, der ehemaligen Rosenthaler Vorstadt, die Lage
im Uebergauge von der Thalstadt zur Hochstadt — dem westlichen Theile der
Spandauer Schiffahrt - Kanal mit seinen Hafenbassins und die verhältnissmässig
bedeutende Zahl der öffentlichen Gebäude ein eigenartiges Ansehen. In der Nähe
des Humboldthafens liegen die Bahnhöfe der Lehrter und Hamburger Balm, die
grosse Uhlanenkaserne, das Zellengcfängniss und das Invalidenhaus mit seinem
Parke, unweit davon das Garnison-Lazareth, die Zeutral-Turn-Anstalt und das
Augusta-Hospital dicht nebeneinander. In der Nähe des Gesundbrunnens am
Hnmboldthain ist die kolossale Viehmarkt- und Schlachthaus-Anlage erstanden.
4 Kirchen, mehre Kapellen, eine Anzahl von Schulen sind innerhalb der ver
schiedenen Viertel vertheilt.
Als eigentliche Vorstädte Berlins mit dem charakteristischen Gepräge einer
halb ländlichen, halb städtischen Bebauung sind ausser dem Wedding und Gesund
brunnen die meisten der auf Seite 4 genannten Ortschaften zu betrachten. Die
lebhaft anfblühende Stadt Charlottenburg, sowie die Dörfer Schöneberg und Eicks
dorf, welche innerhalb des Ringes der neuen Verbindungsbahn liegen, dürften in
kurzer Zeit dem städtischen Weichbilde einverleibt werden. Von den in der Um
gegend gegründeten Villen - Kolonien haben bisher nur Westend, Priedenau und
Lichterfelde zu einiger Bedeutung sich entwickelt.