Die Hochbauten.
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der Befruchtung in üppigster Vegetation prangt. Die Anlage ist somit ein Vor
läufer für die Lösung der Berliner Kanalisation-Frage geworden.
Im Aeusseren sind sämmtliclie Baulichkeiten in einem schlichten Ziegelrohbau
mit sparsamer Anwendung von Formsteinen errichtet und mit Schiefer eingedeckt.
Nur die Architektur der kirchlichen Bautheile hebt sieh bedeutsamer hervor, ohne
aus dem Charakter der Auspruchlosigkeit herauszutreten. Von glücklicher Wirkung
ist die freie Gruppirung der den düsteruGeüingnisskeru flankirenden und deckenden
Gebäude, aus denen sich die schlanken Spitzen der Kirchthürme erheben.
Die Baukosten der ganzen Anlage, deren Ausführung früher der (jetzige)
Regierungs- und Baurath Spieker, nach ihm der Bauiuspektor Lorenz geleitet hat,
werden etwa 6,76 Millionen Mk. betragen, von denen bereits mehr als die Hälfte
verausgabt ist. Bei völliger Besetzung ergieht sich daher für jeden Gefangenen
ein Baukosten-Aufwand von 4200 Mk.
in) Gebäude für militärische Zwecke.* *)
I. Arsenale.
Das Zeughaus,**) auf der Nordseite des Zeughausplatzes, nordwestlich
von der Schlossbrücke belegen, ist das älteste und neben dem Schlosse das werth
vollste Baudenkmal Berlins aus der glänzenden Zeit König Friedrich’s I., die cs
um so treuer charakterisirt, als die namhaftesten Künstler dieser Periode au dem
bis heute wohl erhaltenen und fast unveränderten Baue Autheil gehabt haben.
Für seinen echten Kuustwerth spricht allein die Thatsache, dass es durch alle
Perioden des mannichfach wechselnden Geschmackes stets als eines der schönsten
Gebäude Europas gefeiert worden ist.
Der älteste Entwurf des Zeughauses, den Nehring bereits im Jahre 1685, also
noch unter der Regierung des Grossen Kurfürsten gezeichnet hatte, zeigt eine noch
reichere dreigeschossige Anlage mit einer hohen, durch Reliefs geschmückten Attika.
Am 28. Mai 1695 fand die feierliche Grundsteinlegung statt, welche durch eine
schöne Medaille von R. Falz verewigt worden ist. Inwieweit Nehring, der in
demselben Jahre starb, selbst noch eine Umarbeitung seines früheren Entwurfes
vorgenommen hat, wie wahrscheinlich ist, oder inwieweit einem und welchem seiner
Nachfolger ein selbstständiges architektonisches Verdienst an dem Baue gebührt,
ist nicht aktenmässig zu entscheiden. Zunächst wurde derselbe von Grünberg
fortgesetzt; von 1698 bis 1699 führte Schlüter, der sich nach Beginn des Schloss
baues auf die Ausführung der (von ihm schon 1695 übernommenen) Skulpturen
beschränkte, auch die architektonische Oberleitung; die äusserliche Vollendung
des Werkes erfolgte durch Jean de Bodt. Bereits 1702 wurde ein Theil des
Hauses in Benutzung genommen; 1706 empfing die Hauptfrout den Schmuck der
*) Bearbeitet durch Herrn Baumeister Aug. Beyer.
*) Eine, leider auf wenige Blätter beschränkte, Publikation des Zeugbaases nach einer
Aufnahme-von Perdisch und Nitschmann mit Text von F. Adler, ist im Jahrgang 1870 der
Zeitschrift für Bauwesen enthalten.