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Erster Theil Erster Abschnitt A. Allgemeine Schilderung Berlins

Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

A. Allgemeine Schilderung Berlins. 
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Wie bei den meisten neueren Gressstädten ist die Entwickelung auf der 
Westseite die lebhafteste gewesen. Die Begünstigung, welche der Anbau hier 
durch planmässige Auslage von »Strassen erfuhr, die bevorzugte Dichtung des Ver 
kehrs, endlich die Lage des Thiergartens, der sich wie ein Keil inmitten der west 
lichen Seite des Weichbilds vorschiebt, erklären es wohl ausreichend, nicht nur, dass 
hier die intensivste Yergrösserung stattgefunden hat, sondern auch, dass hier die 
eigentlichen Luxusquartiere des modernen Berlin entstanden sind. 
Die letzteren, welche als eine Fortsetzung des elegantesten Theils der inneren 
Stadt zu betrachten sind, liegen in der südwestlichen Ecke des Weichbildes auf 
dem linken Spreeufer. Ein kleinerer nördlicher Abschnitt zwischen dem Thier 
garten und der hier mit stattlichen Kais und monumentalen Brücken ausgestatteteu 
Spree, der sich um den Königplatz mit dem Siegesdenkmal, dem Kroll’sehen 
Etablissement, dem Generalstabgebäude und den sogen, ßaezynski’schen Gebäuden 
gruppirt, ist noch im Werden begriffen; er scheint zu einem der vornehmsten 
Stadttheile Berlins und zu einer Bebauung mit vorwiegend palastartigen Wohn 
häusern bestimmt zu sein. Ein weitaus grösserer, südlicher Abschnitt jenseits des 
Thiergartens, der von dem mit schönen, schattigen Promenaden eingefassten Schiffahrt 
kanal durchschnitten wird, trägt dagegen den Charakter einer Gartenvorstadt. In 
einzelnen Strassen ist eine Bebauung mit wirklichen, von Park- und Gartenanlagen 
umgebenen Villen vorhanden; die anderen, zum Theil mit alten prachtvollen 
Bäumen bepflanzten Strassen, in denen die Häuser eine geschlossene Flucht bilden, 
sind mit breiten, wohlgepflegten Vorgärten versehen. Die Gebäude selbst, entweder 
für die Benutzung einer einzigen Familie bestimmt, oder doch auf Miether aus 
den begütertsten und gebildetsten Klassen der Bevölkerung berechnet, vertreten 
fast durchweg die neuere Berliner Privatbaukunst von ihrer besten und günstigsten 
Seite. So ist ein ausserordentlich anmuthiges und in seiner künstlerischen Mannig 
faltigkeit anziehendes Stadtviertel entstanden, wie cs ähnlich kaum eine zweite 
Grosstadt aufzuweisen hat; leider, dass die brutale Spekulation sich nicht gescheut 
hat, auch dieses schöne Bild durch Miethkasernen gewöhnlichen Schlages mehrfach zu 
entstellen. — Mehr im Charakter der inneren Friedrichstadt ist endlich das der 
selben zunächst liegende, stille Quartier in der Nähe des Potsdamer und Anhalter 
Bahnhofs bebaut worden, das den bezeichnenden Namen „ Geheimrathviertel “ 
führt. — Die öffentlichen Bauten treten in einer derartigen Stadtgegend selbstver 
ständlich völlig gegen die Wohnhäuser zurück; sie beschränken sich in den zuletzt 
erwähnten Vierteln auf 3 Kirchen, 3 Bahnhöfe, ein Krankenhaus und mehre Schulen. 
Das Weichbild ist nach dieser Eichtling hin nicht nur nahezu ausgefüllt, 
sondern bereits überschritten; Schöneberg und Charlottenburg sind erreicht und 
auch auf der Feldmark von Wilmersdorf beginnt bereits die städtische Bebauung. 
Dagegen ist die Entwickelung der südlichen Region durch den Exerzierplatz und 
der Hasenheide in ziemlich enge Grenzen gebannt. Die Physiognomie der hier 
entstandenen, bez. noch in Entstehung begriffenen Stadtviertel, in denen neben 
dem Görlitzer Bahnhofe, zwei neueren Kasernen-Anlagen, einer Erziehungsanstalt 
und einem Hospital die grossen, auf dem südlichen Bande des Spreethals liegenden 
Brauereien die Hauptrolle spielen, lässt dieselben einerseits als eine Fortsetzung 
jener westlichen Quartiere, andererseits als eine Fortsetzung der Friedrich- und Loui 
senstadt erscheinen. Es sind Baumpflanzungen und Vorgärten in den Hauptstrassen 
angelegt, die Häuser derselben jedoch bestehen fast ausnahmlos aus gewöhnlichen
	        
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