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Erster Theil Erster Abschnitt A. Allgemeine Schilderung Berlins

Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

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Erster Abschnitt. 
Die übrigen Abschnitte des betreffenden Ringes bieten ein wesentlich ge 
ringeres Interesse. Die einander ziemlich ähnlichen, beiden nördlichen Stadtviertel 
— die inneren Theile des Spandauer Reviers und der Königstadt — die bereits 
im vorigen Jahrhundert vollständig ausgebaut waren und seither verhältnissmässig 
geringe Aenderungen erfahren haben, zeigen noch eine ziemlich bedeutende Zahl 
zwei-, drei- und viergeschossiger Häuser. Sie tragen im Wesentlichen die Physiog 
nomie der untergeordneten Theile Alt-Berlins, mit dem sie auch gemein haben, 
dass in ihnen der Handel vorherrscht. Von öffentlichen Gebäuden liegen im 
Spandauer Revier; Schloss Monbijou mit dem Annex des Domkandidateustiftes, 
2 Kirchen und die grosse Synagoge, das katholische und jüdische Krankenhaus, 
das Viktoria-Theater, einige Kasernen und Schulen, — in der Königstadt: 
2 Kirchen, 2 Gefängnisse und einige Schulen. — Ebenso zeigen die beiden grossen, 
durch die Spree geschiedenen Abschnitte im Osten, die inneren Theile des Stralauer 
Reviers und der Louisenstadt, einen durchaus verwandten Charakter, der jedoch 
von dem der vorigen sehr abweicht. Die alte Behauung umfasste bei ihnen nur 
die dem Kerne der Stadt zunächst liegenden, winkligen und unregelmässigen 
Quartiere, sowie die Seiten der zu den Thoren führenden ehemaligen Landstrassen. 
Die noch erhaltenen Reste dieser Bebauung kennzeichnen sie als eine vorwiegend 
vorstädtische, halb ländliche, da diese Stadtgegend von Alters her und noch bis 
vor Kurzem der Hauptsitz der blühenden Gärtnerei Berlins war. Erst in neuerer 
Zeit sind die umfangreichen freien Flächen in intensivster Bauthätigkeit mit einer 
Anhäufung fünf- und sechsgeschossiger Miethkasernen, wie sie nirgends geschlossener 
und hässlicher auftritt, dicht besetzt worden. Nur wenige Partieen; die Frankfurter 
Linden, die Ufer des louisenstädtischen Kanals, der Mariannenplatz — von den 
beiden grossen Bahnhöfen der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn und der 
Ostbahn abgesehen — sind weiträumiger gehalten und gewähren ein freund 
licheres Bild; die Spree, welche der Gegend zur grössten Zierde gereichen könnte, 
entbehrt hier leider der Uferstrassen. Oeffentliche Bauten im Stralauer Revier 
sind, neben den Empfangsgebäuden jener beiden Bahnen, 2 Kirchen, das Wallner- 
Theater, mehre städtische Hospitale und neuere Schulen — in der Louisenstadt 
5 Kirchen, das Kammergericht, die Krankenanstalt Bethanien, die städtische Turn 
halle und eine grössere Zahl von Schulen und Kasernen. Die Bevölkerung beider 
Stadttheile betreibt gegenwärtig zum weitaus grössten Theile eine industrielle 
Thätigkeit; es sind hier fast alle Fabrikatiouszweige stark vertreten, doch über 
wiegt im Stralauer Revier, dessen nördlicher Theil seit alter Zeit das „Weber- 
Viertel“ heisst, die Gewebe-Industrie, in der Louisenstadt die Holz- und Metall 
industrie. 
Nicht minder ungleichmässig ist der zweite äussere Ring beschaffen, der 
zwischen dem Laufe der früheren Stadtmauer und der Wcichbildgrenze liegt und 
vorläufig zum grösseren Theile noch unbebaut ist. Dass hier vorwiegend die 
neuere Bauthätigkeit gewaltet hat und überall die regelmässigen Linien des Be 
bauungsplanes sich zeigen, ebenso dass sich hier rings die öffentlichen Anstalten 
finden, die nach ihrem Raumbedürfnisse naturgemäss auf eine Stelle in der äusseren 
Stadtregion angewiesen sind; die Bahnhöfe, die grossen Vergnügungslokale, die 
Kirchhöfe, ist allerdings ein gemeinsamer Zug in der Physiognomie dieser Viertel. 
Im Uebrigen herrschen jedoch die grössten Gegensätze sowohl in der Dichtigkeit 
wie in der Art der Bebauung.
	        
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