Die Hochbauten.
219
lierstrasse sich befindet. — Mit der Fertigstellung- des letzteren begann die segen-
reiche Thätigkeit des Vereins, welcher in kluger und wirtschaftlicher Weise,
unterstützt durch regelmässige Beiträge und ausserordentliche Kapitalzuwenduugen,
seinen Yermögenbestand, welcher am 31. März 1871 schon eine Höhe von ca.
135000 Mk. erreicht hatte, bis zum 31. März 1875 auf ca. 276000 Mk. zu ver
mehren verstand. Die Benutzung des Frauenasyls durch darin nächtigende Frauen,
Mädchen und Kinder beginnt mit dem Jahre 1870; dieselbe war bis zum Jahre
1872 in steter Zunahme, von da ab bis zum Schluss des letzten Vereinjahres in
erheblicher Abnahme begriffen. Während im Jahre 1870 das Asyl von 20500 Per
sonen weiblichen Geschlechts incl. der Kinder benutzt wurde, .weist das Voijahr
nur eine Summe von 13600 Personen nach. Im umgekehrten Verhältnisse steht
die Benutzung des Männerasyls in der Büschingstr. Dasselbe, im Jahre 1871 er
öffnet, wurde in diesem Jahre von 37000 Personen, im Jahre 1874 dagegen von
58400 Personen benutzt. Diese verschiedenen Zahlen stehen im innigen Zusam
menhänge mit der sozialen Lage der arbeitenden Klassen und lassen sich immer
auf deren Arbeit- und Wohnungsverhältnisse zurückfilhren; sie lassen aber auch
erkennen, dass es in einer Stadt wie Berlin stets einen gewissen Prozentsatz
von Individuen giebt, die eines Instituts, wie die Asyle es sind, durchaus bedürfen,
und dass dieser Prozentsatz nur wenig wechselnd, der Einwohnerzahl gegenüber
aber im hohen Grade gering ist. —
Das in der Füsilierstrasse neu erbaute Frauenasyl*), ein einfaches im Roh
bau ausgeführtes Gebäude hat eine Frontlänge von 17 111 bei einer Tiefe von 8,8 m ;
es ist ein Kellergeschoss und 3 Stockwerke hoch, enthält im Kellergeschoss eine
Volkküche, 2 Speisezimmer und eine Waschküche; im Erdgeschoss die kleine
Wohnung des Hausvaters, ferner eine grosse Küche, in welcher die Suppe und
der Kaffee für die Obdachlosen bereitet werden, eine Badestube mit 3 Badewannen
nebst einem zur Vertilgung des in den Kleidern der Bewohner nistenden Unge
ziefers bestimmten sogenannten Insektenofen, ein Waschzimmer mit 8 Waschbecken,
ein Krankenzimmer, eine auf halber Höhe mit Wandpolstern versehene Isolirzelle
für Geisteskranke und ein geräumiges Vorstandzimmer. In den oberen Stock
werken liegen die Schlafsäle, deren lichte Höhe 4,4 m beträgt.
k) Gebäude für Heilanstalten.**)
I. Krankenhäuser.
Die zahlreichen öffentlichen und Privat-Krankenhäuser Berlins zeigen, je nach
der Zeit ihrer Entstehung, die verschiedenartigsten Systeme in ihrer baulichen
Anlage. Man findet in den älteren Theileu des Charite-Krankenhauses eine
kasernenartige Disposition in mehren Geschossen mit Zimmerreihen auf beiden
Seiten eines Mittelkorridors, dann wieder eine Reihe grösserer und kleinerer
Anstalten mit zweckmässig angelegten, gut lüftbaren Korridoren undKrankeuräumen
an c 'ner Seite derselben (Korridorsystem), endlich aber auch Anstalten von
*) Abbildung und Beschreibung im Jhx-g. 1870 der Baugewerkzeitung.
*0 Bearbeitet durch die Herren Baumeister Schmieden und von Weltzien.