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Zweiter Abschnitt.
sind, da man nicht anuahm, das dieselbe fortdauernd benutzt werden würde, 4
eiserne Oefen aufgestellt; auf Ventilation ist 'gar nicht gerlicksichtigt. Nachdem
aber die Frequenz der Halle sich so gesteigert hat, dass sie von früh his spät
fast ununterbrochen benutzt wird, ist eine Ventilatioueinrichtung nothwendig ge
worden und kommt jetzt zur Ausführung. Das Aeussere der Halle zeigt einen
ziemlich reichen Ziegelrohbau von gelben Steinen. Die Kosten des Baues haben
288000 Mk. betragen.
In Folge der Vennehrung der höheren Lehranstalten genügt die Turnhalle
gegenwärtig nur noch für die zunächst belogenen, so dass für die übrigen, wie
schon früher mehrfach erwähnt wurde, besondere Turnhallen erbaut werden
müssen, in welchen ein Turnsaal von mindestens 320, womöglich aber von 480 □ 111
eine kleine Garderobe und ein Gerätheraum gefordert werden. Dergleichen Hallen
bestehen gegenwärtig bei dem Kölnischen Gymnasium, der Andreas-Realschule,
dem Sophien-Gymnasium und der Realschule, der Friedrich-Realschule, der Louisen-
ßehule und — noch im Bau begriffen — für die Dorotheensfädtische Realschule
und das Werdersche Gymnasium. Von fiskalischen Lehranstalten hat gegenwärtig
nur das Wilhelm-Gymnasium eine vollständige Turnhalle. — Um den Turnunter
richt auch in den Gemeindeschulen durchführen zu können, wird gegenwärtig
für jede Knabenschule oder wenigstens für zwei benachbarte eine Turnhalle von
ca. 180 erbaut.
li) Erziehung«-Anstalten.*)
Berlin ist ziemlich reich an Anstalten, in welchen Knaben und Mädchen nicht
blos Unterricht erhalten, sondern auch zugleich wohnen und unter streng ge
messener Aufsicht erzogen werden. Zum kleineren Theil tragen dieselben den
Charakter sogen. Alumnate oder Pensiouate, d. h. es werden in dieselben (wenn
auch nicht als Regel) Zöglinge gegen Bezahlung aufgenommen. Zum grösseren
Theile sind cs Wohlthätigkcit-Anstalten, welche der Staat, die Gemeinde oder
Vereine, bezw. einzelne Stifter, ins Leben gerufen haben. Im Folgenden sind nur
die bedeutenderen dieser Anstalten erwähnt und nur diejenigen unter ihnen be
schrieben, welche ein bauliches Interesse darbieten.
I. Höhere Erziehungs-Anstalten.
1. Das Königliche Kadettenhaus, Neue Friedlichst]-. No. 12—16. Erster
Sitz des 1717 von König Friedrich Wilhelm I. organisirteu Kadettenkorps zu Berlin
war das 1693 durch Nehring ausgeführte Gebäude des „Hetzgartens“. (S. 35).
Da dasselbe seiner neuen Bestimmung nur sehr mangelhaft entsprechen konnte,
so liess Friedrich II. von 1776—79 durch Unger ein neues Gebäude aufführen,
welches das alte, nach Vollendung des Neubaues abgebrochene Haus umschloss.
Dieser Neubau, eine umfangreiche, dreigeschossige Anlage kasemenartigen Cha
rakters, in der Strassenfront durch einen tropäengeschmückten Säulen-Vorbau mit
■) Bearbeitet durch Hru. Baumeister Fr. Koch.