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Full text: Berlin und seine Bauten (Public Domain)

Dio Hochbauten. 
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vergönnt war, Lehrer des grössten aller Architekten Berlins zu werden, dessen 
schöpferische Thätigkeit das Vierteljahrhundert nach den Freiheitkriegen erfüllt hat. 
Karl Friedrich Schinkel, am 13. März 1781 zu Neu-Euppin als Sohn eines 
Predigers geboren, trat 1798 als Schüler in das Atelier von Gilly, dessen Ban- 
Praxis er demnächst erbte. Auf einer längeren Studienreise in Italien (1803—5) zu 
künstlerischer Eeife gediehen, beschäftigte er sich während der nächsten Jahre 
unfreiwilliger, durch die traurige Lage des Vaterlandes bedingter Müsse im Wesent 
lichen als Architekturmaler. 1810 erhielt er das Amt eines Assessors bei der 
Technischen Ober-Bau-Deputation, von welchem er — mit Auszeichnungen aller 
Art seitens des eigenen Staates und anderer Nationen überhäuft — allmälich bis 
zur Würde des Ober - Landes - Baudirektors emporstieg. In die Jahre 1816—17 
fällt die Ausführung seines ersten Monumeutal-Baues in Berlin, der Neuen Wache, 
an die zunächst der Umbau des Domes, das Schauspielhaus, das Denkmal auf 
dem Kreuzberge, der Durchgang nach der Neuen Wilhelmstrasse, die Artillerie- 
und Ingenieurschule, das Potsdamer Thor und das Museum sich ansehlosseu. 
1824 reiste Schinkel zum zweiten Male nach Italien, 1826 nach Frankreich und 
England. Es folgen in der Reihenfolge seiner Berliner Werke; die Friedrich 
Werder’sche Kirche, das Feilner’sehe Haus, die Einrichtung der kronprinzlichen 
Wohnung im Schloss und der Palais für die Prinzen Karl und Albrecht, die 
Kaserne (Militär-Arrest) in der Lindenstrasse, die Packhof-Anlage, die Bau- 
Akademie, das ßedem’sche Palais, die Sternwarte, die 4 Kirchen in der Oranien 
burger Vorstadt, das Neue Thor, Die grosse Zahl seiner auswärtigen Bauten, 
seine Entwürfe, seine Gemälde, können hier selbstverständlich nicht erwähnt wer 
den. — 1840 einem Gehirnleiden verfallen, starb der Meister am 9. Oktober 1841. 
Auf den Werth, welchen die niemals den einzelnen Bau, sondern stets die ganze 
Gestaltung der Stadt ins Auge fassende Thätigkeit Schinkel’s, die in dieser Beziehung 
von derjenigen aller älteren Architekten Berlins sich unterscheidet, für die Stadt 
gehabt hat, wurde bereits in der allgemeinen Einleitung zu diesem Werke Bezug 
genommen. Alle guten Eigenschaften der Berliner Architektur-Schule in vollendeter 
Harmonie vereinigend, erscheint er als das natürliche Haupt ihrer 150jährigen 
Entwickelung. Voll des höchsten Ernstes für die idealen Ziele seiner Kunst und 
mit der Gestaltungskraft des Genius begabt, hat er das wirklich erreicht, was seine 
unmittelbaren Vorläufer nur ahnten: vorzudringen bis zu lebendiger Einsicht in 
das Wesen hellenischer Formgestaltung, um aus diesem Wesen heraus neue selbst 
ständige Formen zu schaffen, ja selbst für die Gebilde eines anderen Struktur- 
Systems organische Formen zu finden. Dass seine Bauten nicht alle auf gleicher 
Höhe stehen, dass namentlich seine lange fortgesetzten Versuche eine entsprechende 
Wiederbelebung der mittelalterlichen Bauweise zu erzielen und dieselbe im grie 
chischen Sinne zu läutern, nicht geglückt sind, kann die Bedeutung jener retten 
den That, durch welche der Baukunst wiederum eine solide Grundlage gegeben 
und die Möglichkeit weiterer Fortentwickelung eröffnet worden ist, nicht verringern. 
Schinkel ist mit ihr der Reformator der gesummten modernen Architektur geworden 
und hat kunstgeschichtlich eine internationale Geltung erlangt. Die klare 
Einfachheit, der keusche Adel seiner Werke bilden den besten Schatz der Berliner 
Baukunst, die an ihnen einen für alle Zeiten werthvollen Maasstab gewonnen hat. 
Nicht minder dankt sie es Schinkel, dass er aufs Neue eine monumentale Technik 
angebahnt, dass er in der Aufnahme des altheimischeu, mittelalterlichen Backstein
	        
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