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Full text: Blickpunkt Integration (Rights reserved) Issue2008,3 (Rights reserved)

Integration Quartal 03/2008 3 Blickpunkt Aktueller Informationsdienst zur Integrationsarbeit in Deutschland Mehrsprachigkeit: Motor oder Hindernis für die Integration? Aktuelles aus dem Bundesamt Neue Einbürgerungsstandards: Sprachkenntnisse und Test sind Pflicht Integrationslandschaft Deutschland Modellprojekt an Hauptschulen soll zu erfolgreichem Schulabschluss verhelfen Blick über die Grenzen Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schweiz und Österreich Veranstaltungen Kompetenzen nutzen: Bundesamt und Migrantenorganisationen bauen Dialog aus www.integration-in-deutschland.de Editorial Inhalt Liebe Leserin, lieber Leser, Thema im Fokus  Mehrsprachigkeit: Motor oder Hindernis für die Integration? immer mehr Kinder wachsen heute zwei- oder mehrsprachgig auf. Mehrsprachigkeit gehört somit zum Lebensalltag und wird in Zeiten von Migration und Globalisierung immer wichtiger. Da „Mehrsprachigkeit“ auch in der derzeitigen integrationspolitischen Debatte von großer Bedeutung ist, nimmt die vorliegende Ausgabe des „Blickpunkt Integration“ das Thema in den Fokus. Unter dem Titel „Mehrsprachigkeit: Motor oder Hindernis für die Integration?“ beschäftigen wir uns mit der teilweise recht emotional und kontrovers geführten öffentlichen Diskussion um den Nutzen von Mehrsprachigkeit für den Integrationsprozess und die Volkswirtschaft. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen ist noch viel Forschungsarbeit nötig. Dazu leistet auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Beitrag, indem es beispielsweise in einer Repräsentativbefragung ausgewählter Migrantengruppen die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse ausgewertet hat. Zudem hat die Bundesbehörde eine Studie in Auftrag gegeben, welche die Potenziale von Mehrsprachigkeit für die Wirtschaft erforscht. Darüber hinaus stellt das Magazin einige viel versprechende Initiativen und Projekte für einen konstruktiven Umgang mit Mehrsprachigkeit vor. Die Redaktion Aktuelles aus dem Bundesamt  Forschung: Mehrsprachigkeit von Migranten  Mehrsprachigkeit im Berufsleben  Neue Einbürgerungsstandards  Startschuss für das ESF-BAMF-Programm  Migrantenorganisationen stärken  Sprachförderung an Hauptschulen  Mittler zwischen zwei Kulturen  Verstärkte Projektarbeit zur Integrationvon Muslimen Integrationslandschaft Deutschland  Zentrum für Mehrsprachigkeit gegründet  Eltern lernen Deutsch an Schulen  Modellprojekt zur Sprachförderung für Mütter und Kinder  Deutsch lernen hinter Gittern  Talentschmiede für junge Migranten  Keine Arbeit ohne Deutschkenntnisse  Qualifizierung für den Arbeitsmarkt  Imkerausbildung als Chance für Langzeitarbeitslose  Kooperation der Beratungsdienste Blick über die Grenzen  Wettbewerbsfähiger durch Sprachkenntnisse  Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schweiz und Österreich Veranstaltungen 3 6 7 8 10 11 12 13 14 15 16 17 18 20 21 22 23 24 24 25  Bundesamt baut Dialog mit Migranten organisationen aus  Mehr Vielfalt in den Medien  Zwei Jahrzehnte Politik für Aussiedler  Nürnberger Tag der Integration  Aufklärungsarbeit beim Niedersachsentag 26 Literaturhinweise kurz notiert Internetlinks Impressum 31 32 32 32 27 28 29 30 Thema im Fokus Schon seit langem gehört Mehrsprachigkeit in deutschen Kindertagesstätten und Schulen zum Alltag. Foto: Marion Vogel Mehrsprachigkeit: Motor oder Hindernis für die Integration? Wenige Themen der integrationspolitischen Debatte beschäftigen Fachleute, aber auch Öffentlichkeit und Politik so sehr wie das Thema „Mehrsprachigkeit“. Immer wieder ist zu beobachten, wie emotional die Diskussionen gerade zu diesem Thema geführt werden. Ursachen dafür sind einerseits die hohe integrationspolitische Relevanz des Themas wie auch die Tatsache, dass es zu vielen Aspekten von Mehrsprachigkeit noch keine ausreichend konsensfähige Forschungsergebnisse gibt. Tatsachen Trotz aller Diskussionen gibt es aber auch mehrere weitgehend unumstrittene Fakten: politische, psychologische und unterrichtsdidaktische Aspekte. 2. Die Zahl der mehrsprachigen 1. Das Thema „Mehrsprachig- keit“ hat nicht nur personenbezogene, sondern auch geografische, gesellschafts- Menschen ist weltweit höher als die der einsprachigen. Oft bezieht sich individuelle Mehrsprachigkeit auf ver- schiedene Lebensbereiche, das heißt nicht in allen Lebensbereichen werden alle Sprachen gleichermaßen verwendet. 3. Deutschland war schon im- mer ein mehrsprachiges Land, und dies in mehrerlei Hinsicht:  Mit den Sorben in der Ober- und Niederlausitz, den Dänen und den Friesen in Schleswig-Holstein sowie den Sinti und Roma hat Deutschland vier offizielle sprachliche Minderheiten. 3 Thema im Fokus  Viele Menschen in Deutsch- land lernen ausdauernd eine oder mehrere Fremdsprachen wie Englisch, Französisch oder Spanisch. Die Europäische Union und der Europarat propagieren die Beherrschung von mindestens zwei weiteren europäischen Sprachen neben der Muttersprache.  Seit Jahrhunderten wan- dern Menschen aus aller Welt nach Deutschland ein und bringen ihre Herkunftssprache(n) mit. Die am häufigsten vertretenen Migrantensprachen sind gegenwärtig Türkisch, Russisch, Serbisch/Kroatisch/Bosnisch und Polnisch (siehe dazu Seite 6). 4. Ein Seismograph für die Be- deutung von Mehrsprachigkeit sind die Kindergärten und Schulen in den Großstädten: Schon längst arbeiten die Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte dort in Gruppen und Klassen mit einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit einer anderen Familiensprache als Deutsch. Einige haben diese Sprachen aus ihrem Herkunftsland mitgebracht, die meisten jedoch sind hier geborene Kinder und Enkel von Einwanderern. 5. Es schadet einem Kind nicht, frühzeitig zwei oder mehrere Sprachen zu lernen. Entscheidend ist dabei die Quantität und die Qualität des Inputs. Eltern mit einer 4 anderen Herkunftssprache als Deutsch sollten ihr Kind in der ihnen vertrauten Sprache erziehen, um ihm die gesamte Bandbreite an Gedanken, Emotionen und Wissen zu vermitteln, die durch sie transportiert werden. Gleichzeitig müssen sie dafür sorgen, dass das Kind von Beginn an fest in eine deutschsprachige Umgebung hineinwächst. Dies sollte durch den möglichst frühen Besuch von Kindertagesstätten geschehen. Sehr wichtig ist es, den Kindern auch außerhalb der Bildungseinrichtungen die Gelegenheit zu Kontakten mit deutschsprachigen Gleichaltrigen zu geben. 6. Eine punktuelle Einbeziehung der Herkunftssprachen in den Unterricht kann didaktisch fruchtbar sein, da hier die Schülerinnen und Schüler oder die erwachsenen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer die Experten sind. So wird ihre Sprache und damit ein essenzieller Teil ihrer Persönlichkeit ernst genommen und wertgeschätzt. Darüber hinaus kann mit kontrastivem Unterricht das Sprachenlernen erleichtert sowie Sprachbewusstheit gefördert werden. Umstrittene Thesen Neben diesen weitgehend unstrittigen Punkten gibt es auch eine Reihe Thesen zum Thema Mehrsprachigkeit, über die teilweise heftig debattiert wird. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob und in welchem Umfang herkunftssprachlicher Unterricht durch die öffentliche Hand gefördert werden sollte. Befürworter einer großzügigen Förderung führen folgende Argumente ins Feld:  Das Lernen von zwei oder mehreren Sprachen gleichzeitig steigert sowohl die Sprachbewusstheit als auch die allgemeine Intelligenz.  Die deutsche Sprache kann nur vollständig erworben werden, wenn auf einer stabilen herkunftssprachlichen Basis aufgebaut werden kann.  Die Herkunftssprache/n bildet/bilden sowohl auf persönlicher Ebene als auch für den Arbeitsmarkt und die Volkswirtschaft eine wertvolle Ressource, die es gezielt zu fördern gilt. Gegner einer großzügigen Förderung herkunftssprachlichen Unterrichts argumentieren dagegen:  Der Zusammenhang zwischen Sprachen lernen und Steigerung der allgemeinen Intelligenz ist nicht nachgewiesen. Das leichte Erlernen und das kompetente Beherrschen von zwei oder mehr Sprachen kann auch daran liegen, dass die Betreffenden gute intellektuelle Grundlagen mitbringen.  Eine gegenseitige positive Beeinflussung beim parallelen Lernen zweier Sprachen gleichzeitig kann nicht nach- Thema im Fokus gewiesen werden. Wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Integration in Schule, Beruf und Gesellschaft ist der Vermittlung der deutschen Sprache der Vorzug zu geben.  Es ist noch nicht umfassend erforscht, ob auf dem Arbeitsmarkt ein nennenswerter Bedarf an mehrsprachigem Personal besteht, oder ob das derzeitige Angebot nicht schon ausreicht. Einigkeit herrscht bei den meisten darüber, dass die Zwei- oder Mehrsprachigkeit auf bildungssprachlichem Niveau vorhanden sein muss, das heißt über die reine mündliche und umgangssprachliche Kommunikationsfähigkeit hinausgehen muss. Forschungsarbeit nötig „Echte“ Mehrsprachigkeit sollte sich nach Meinung vieler Experten also auf die kompetente Beherrschung zweier oder mehrerer Sprachen beziehen. Menschen, die keine ihrer Sprachen kompetent beherrschen, werden in diesem Zusammenhang oft als „doppelt halbsprachig“ bezeichnet. Andere lehnen solche Bezeichungen ab, da für sie jegliche Sprachverwendung ein Ausdruck von Kompetenzen ist, auch wenn diese von der Mehrheit der Sprachgemeinschaft als falsch empfunden werden. Diese Diskussionen zeigen, dass hier noch viel Forschungsarbeit nötig ist. Beitrag des Bundesamtes Einen Beitrag dazu leistet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: In seinem Auftrag hat die Universität Hamburg eine Gerade am Arbeitsplatz, wie hier im Krankenhaus, kann Mehrsprachigkeit eine wichtige Foto: Marion Vogel Ressource darstellen. Expertise erarbeitet, in der typische Berufsfelder identifiziert wurden, in denen ein erhöhter Bedarf an mehrsprachigen Arbeitskräften besteht (siehe dazu Seite 7). Dazu gehören insbesondere Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Pflegeheime und die öffentliche Verwaltung. Aber auch in der laufenden Debatte hat das Bundesamt in Abstimmung mit Wissenschaft und Praxis Position bezogen: Angesichts begrenzter Mittel und der Tatsache, dass die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bleiben wird, besitzt der Deutscherwerb Priorität, bei gleichzeitiger Wertschätzung und gegebenenfalls auch Förderung der jeweiligen Herkunftssprache(n). Dies ist in den Handlungsempfehlungen zur sprachlichen Bildung niedergelegt, welche unter Federführung des Bundesamtes zusammen mit zahlreichen Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Praxis im Rahmen des bundesweiten Integrationsprogramms erarbeitet wurden. Aktivitäten anderenorts In vielen Ländern gibt es bereits Programme, welche die Mehrsprachigkeit von Schülerinnen und Schülern berücksichtigen. Als Musterbeispiel gilt Kanada, wo Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule ebenso gute Ergebnisse erzielen wie solche ohne Migrationshintergrund. Man vermutet, dass dies an im Vergleich zu Deutschland anderen Rahmenbedingungen liegt wie Akademisierung der Erzieher(innen)ausbildung, Ganztagesunterricht oder der Einbeziehung von Lehrkräften, Eltern und Schülern bei der Erarbeitung der Lehrpläne (siehe Blickpunkt Integration 2/2008). Doch auch in Deutschland gibt es viel versprechende Ansätze für einen konstruktiven Umgang mit Mehrsprachigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Neben vielen 5 Aktuelles aus dem Bundesamt kleineren Einzelinitiativen vor Ort ist hier vor allem das Modellprojekt „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (FörMig)“ zu nennen, an dem sich zehn Bundesländer beteiligen. Hier werden innovative Ansätze für die Förderung der sprachlichen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund entwickelt und erprobt. Tragende Säulen des Programms sind auch hier die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und die Förderung der Herkunftssprachen. Und sowohl im Nationalen Integrationsplan (NIP) als auch im bundesweiten Integrationsprogramm werden die Themen Mehrsprachigkeit und herkunftssprachlicher Unterricht ausführlich behandelt. In der Einleitung zum Themenfeld 2 des NIP „Von Anfang an deutsche Sprache fördern“ heißt es: „Die Mehrsprachigkeit der Kinder ist im Prozess sprachlicher Bildung als Chance zu verstehen und zu nutzen“ (NIP, S.47). Dieser Leitsatz beantwortet indirekt die Frage dieses Beitrages „Mehrsprachigkeit – Motor oder Hindernis der Integration?“: Mehrsprachigkeit in Deutschland ist eine Tatsache, die sich nicht wegdiskutieren lässt. Die Förderung des Deutschen steht aus integrationspolitischer Perspektive zwar im Vordergrund – dennoch gilt es, Mehrsprachigkeit klug zu nutzen und damit tatsächlich zu einem Motor der Integration werden zu lassen. Jens Reimann, Referat Grundsatzfragen der sprachlichen Bildung Integrationsforschung: Mehrsprachigkeit von Migranten Um die Mehrsprachigkeit von Migrantinnen und Migranten in Deutschland zu untersuchen, wurde die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse in der Repräsentativbefragung ausgewählter Migrantengruppen (RAM) ausgewertet. Diese wurde in den Jahren 2006 und 2007 im Auftrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge durchgeführt. Die Daten umfassen türkische, ex-jugoslawische, italienische, griechische und polnische Migranten. Beim Kompetenzbereich „Sprachverstehen“ polarisieren sich zwei Gruppen: Ein Großteil versteht sowohl Deutsch als auch die Sprache des Herkunftslandes gut oder sehr gut. Die Anteile der „Mehrsprachigen“ reichen von 79 Prozent bei Männern aus dem ehemaligen Jugoslawien und polnischen Frauen bis zu 50 Prozent bei türkischen Frauen. 6 Bei der zweiten großen Gruppe ist die Herkunftslandsprache dominant, das heißt, sie verstehen Deutsch mittelmäßig bis gar nicht und die Herkunftslandsprache sehr gut oder gut. Dies ist besonders häufig bei türkischen Frauen (44 Prozent) und polnischen Männern (34 Prozent) der Fall, die durch den Familiennachzug beziehungsweise durch die Arbeitsmigration zumeist Angehörige der ersten Einwanderergeneration sind. Nur eine Minderheit in allen Gruppen versteht besser Deutsch als die Herkunftslandsprache; bei Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien und bei Italienerinnen und Italienern ist der Anteil am größten. Auch beim Kompetenzbereich „Sprechen“ lassen Aktuelles aus dem Bundesamt sich die Befragten mehrheitlich der Gruppe der Mehrsprachigen zuordnen, insbesondere die polnischen Frauen und Männer aus dem ehemaligen Jugoslawien. Türkische Frauen und polnische Männer sprechen dagegen zumeist besser die Herkunftslandsprache als Deutsch. Bei der „Lesekompetenz“ wächst der Anteil mit Deutsch als dominanter Sprache. Mehr als 10 Prozent der männlichen und weiblichen Griechen, der Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie der männlichen Italiener und Türken können Deutsch sehr gut oder gut und die Herkunftslandsprache mittelmäßig bis gar nicht lesen. In diesen Gruppen sind auch viele Angehörige der zweiten Generation anzutreffen, die in Deutschland die Schule besucht haben. Beim Kompetenzbereich „Schreiben“ ist Mehrsprachigkeit in allen Nationalitätengruppen am seltensten zu finden. Nur 30 Prozent der türkischen Frauen können mehrsprachig schreiben; der Anteil bei den italienischen und polnischen Männern und den griechischen Frauen liegt nicht viel höher. Dagegen verfügen mehr als die Hälfte der polnischen Frauen über eine bilinguale Lese- und Schreibkompetenz. Mit Ausnahme der Polen gibt es in allen Nationalitätengruppen viele Personen mit eingeschränkten Schriftsprachenkenntnissen. 16 Prozent der türkischen Frauen können in keiner der beiden Sprachen gut oder sehr gut lesen und 19 Prozent von ihnen können weder Deutsch noch Türkisch gut oder sehr gut schreiben. Auch bei weiblichen und männlichen Italienern und Griechen weisen mehr als 10 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben nur eingeschränkte Schreibkompetenz in beiden Sprachen auf. Mehrsprachigkeit ist somit insgesamt unter der ausländischen Bevölkerung weit verbreitet. Allerdings ist in der Selbsteinschätzung die schriftliche Beherrschung der Sprache des Herkunftslandes sowie des Deutschen, und somit die schriftliche Mehrsprachigkeit, weitaus seltener als die mündliche. Ausführliche Forschungsergebnisse sind im Working Paper „Sprachliche Integration von Migranten“ (Nr. 14, aus der Reihe Integrationsreport Teil 2) abrufbar unter: http://www.bamf.de/Forschung Dr. habil. Sonja Haug, Referat Migrations- und Integrationsforschung: Schwerpunkt Empirie Mehrsprachigkeit im Berufsleben Wissenschaftler erforschen Potenziale für die Wirtschaft In der aktuellen Diskussion um die Rolle der Mehrsprachigkeit und der Herkunftssprachen bleibt meist unklar, worin genau ihr Potenzial liegt. Eine häufig emotional geführte gefüh ührt rte e Debatte des Themas Them mas in i der ÖffentÖffe ent ntlichkeit ist ist die di die Folge. Weit Weit schwerdass wiegenderr ist wi ist jedoch, je ss damit dam damit die Grundlagen Grun Gr und dlagen fehlen, feh hle len n, die d eine Nutspeziell zung g der der Mehrsprachigkeit M sp pez ezie ie ell von Menschen aus ZuwandererfaZuw uwa andererfaande milien in Deutschland Deut De uttsc schl hland gezielt für die di e Wirtschaft Wirtschaft möglich machen. Wirt n. Diese Aspekte erforschten Wissenschaftler des des SonderforSonderforrSo schungsbereichs schung ngsb sber ereichs MehrsprachigMe ehr hrsp sprachigkeit kei ke it der Universität Uni nive versität Hamburg Hambu burg rg im A Auftrag des Bundesamtes Bun und desamtes für Migration Migrat atio ion n und Flüchtlinge. Kern Ker ern n des Forschungsvorhabens d es Forschungsvorhab aben enss war en war die Frage,, in in welchen welch welc hen Bereichen dess Arbeitslebens de Arbeiitslebens ein besondeArbe res Potenzial für den Einsatz Eins Ei nsatz der de er Mehrsprachigkeit Mehrsprach chig igke keit von on Menschen Me M enschen mitt Migrationshintergrund mi Migratio Mi ions nsh hintergrun und d liegt li und un nd wi wie dieses konkret kon onk kret erschlossen werden werd we rden kann. 7 Aktuelles aus dem Bundesamt Die Sprachwissenschaftler konzentrierten sich dabei zum einen auf Berufsgruppen im Dienstleistungssektor. Hierzu gehören soziale Berufe, wie Erzieherinnen und Erzieher oder Pädagoginnen und Pädagogen, medizinische Berufe, wie Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegende, Büroangestellte in Behörden und Unternehmen sowie gewerbliche Berufe. Gleichzeitig fragten die Forscher auch aus internationaler Perspektive nach der Nutzung der Migrantensprachen. Kleine und mittlere Untenehmen entwickeln immer häufiger Geschäftsbeziehungen ins Ausland. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund und entsprechenden Sprachkenntnissen können hier zum Wettbewerbsvorteil werden. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens werden in Kürze veröffentlicht. Die Wissenschaftler aus Hamburg leisten damit einen Beitrag zum bundesweiten Integrationsprogramm, welches das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Auftrag des Bundesinnenministeriums erarbeitet. Die Forschungsergebnisse bilden die Basis für die Entwicklung von Strategien, die eine gezielte Nutzung des Potenzials Mehrsprachigkeit in den identifizierten Berufen möglich machen sollen. André Kühne, Referat bundesweites Integrationsprogramm Neue Einbürgerungsstandards: Sprachkenntnisse und Test sind Pflicht Die von der Innenministerkonferenz im Mai 2006 beschlossenen bundeseinheitlichen Standards für das Einbürgerungsverfahren haben mit der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2007 eine rechtliche Basis erhalten. Seither müssen Einbürgerungsbewerber schriftliche und mündliche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GER) und staatsbürgerliche Kenntnisse nachweisen. Dazu wurde zum 1. September 2008 ein bundesweit einheitlicher Einbürgerungstest eingeführt. Einen solchen Test muss ablegen, wer nicht über einen deutschen Schulabschluss verfügt und nicht altersbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen davon befreit wurde. Mit einer erfolgreichen Testteilnahme bescheinigen Einbürgerungsbewerber, dass sie sich mit dem Grundgesetz und den staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten auseinandergesetzt haben. Das Format des Einbürgerungstests gleicht dem des Orientie- 8 rungskurstests, dessen Start für den 1. Januar 2009 geplant ist. Es handelt sich in beiden Fällen um einen Multiple-Choice-Test. Einbürgerungsbewerber erhalten einen elektronisch erstellten Fragebogen mit insgesamt 33 Fragen. Zu jeder Frage werden vier Antwortmöglichkeiten angeboten, wobei die jeweils richtige anzukreuzen ist. Die Bearbeitungszeit für den Fragebogen beträgt insgesamt 60 Minuten. Den Test hat bestanden, wer mindestens 17 der 33 Fragen richtig beant- wortet hat. Der Gesamtkatalog der Einbürgerungstestfragen wurde vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen an der Humboldt-Universität Berlin entwickelt. Er umfasst insgesamt 300 bundesweit einheitliche Fragen und zehn länderspezifische Fragen je Bundesland. Die Durchführung der Tests haben alle Bundesländer per Verwaltungsvereinbarung auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übertragen. Dabei Aktuelles aus dem Bundesamt arbeitet das Bundesamt mit den Volkshochschulen als Prüfstellen zusammen. Zur Vorbereitung auf den Einbürgerungstest können die Bundesländer Einbürgerungskurse anbieten. und Struktur der Orientierungskurse auf. Daher können sich Einbürgerungsbewerber auch in den Orientierungskursen des Bundesamtes mit Themen des Einbürgerungstests befassen. Die Teilnahme an diesen Kursen ist für Einbürgerungsbewerber nicht verpflichtend. Finanziert werden die Einbürgerungskurse über Teilnehmerbeiträge. In mehreren Bundesländern werden seit dem 1. September 2008 Kurse angeboten. Das Bundesamt hat im Auftrag des Bundesinnenminsterium bzw. der Innenministerkonferenz im Jahr 2006 ein Curriculum für den 60 Unterrichtseinheiten umfassenden Einbürgerungskurs entwickelt. Dieser baut auf Inhalten Das Curriculum des Einbürgerungskurses umfasst die Module „Leben in der Demokratie“, „Geschichte und Verantwortung“ sowie „Mensch und Gesellschaft“. Damit sollen grundlegende Kenntnisse über Staatsaufbau, Regierungssystem und Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die Rechtsordnung, das Grundgesetz sowie über kulturelle Standards vor allem beim Umgang mit religiöser Vielfalt und Meinungspluralismus vermittelt werden. Informationsmaterialien zu Themen des Einbürgerungstests sind bei der Bundeszentrale für politische Bildung sowie bei den Landeszentralen für politische Bildung erhältlich. Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat außerdem Lernkarten für Selbstlerner entwickelt. Informationen zum Einbürgerungstestverfahren sowie eine interaktive Version des Gesamtkatalogs aller Fragen inklusive Lösungen gibt es unter: www. integration-in-deutschland.de. Dr. Oliver Steinert, Referat Öffentlichkeitsarbeit Integration Ablauf des Einbürgerungstestverfahrens: > Wer sich einbürgern lassen möchte, stellt bei der örtlichen Einbürgerungsbehörde einen Antrag und wird dort über die Voraussetzungen informiert. Die Einbürgerungsbehörde prüft auch, ob der Bewerber einen Einbürgerungstest ablegen muss und teilt mit, welche Prüfstellen in Frage kommen. > Einbürgerungsbewerber melden sich bei einer Prüfstelle für den Test an, vereinbaren einen Prüfungstermin und zahlen bei der Anmeldung eine Kostenpauschale von 25 Euro. > Der Test wird in den Räumen der Prüfstelle unter Aufsicht eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin durchgeführt. > Die ausgefüllten Testfragebögen werden in der Regionalstelle des Bundesamtes ausgewertet. Von dort erhalten die Testteilnehmer auch eine Bescheinigung über das Ergebnis, die sie - sofern sie den Test bestanden haben - bei der Einbürgerungsbehörde vorlegen können. 9 Aktuelles aus dem Bundesamt Startschuss für das ESF-BAMF-Programm Träger für berufsbezogene Sprachförderung werden ausgewählt Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten ist es soweit: Unmittelbar nach Veröffentlichung der Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) am 27. August 2008 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen bundesweiten Wettbewerbsaufruf gestartet, um geeignete Kursträger bzw. Trägerkooperationen für die berufsbezogene Sprachförderung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF-BAMF-Programm) zu ermitteln. Die ausgewählten Träger bzw. Trägerkooperationen haben das Recht, für eine bestimmte Zeit in einem der 116 Fördergebiete Projektanträge für die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des ESF-BAMF-Programms zu stellen. Nach Ablauf der Antragsfrist wird derzeit intensiv geprüft, welche Träger bzw. Trägerkooperationen mit der Durchführung der Kurse beauftragt werden. Die Maßnahmen des ESF-BAMFProgramms richten sich an alle Personen mit Migrationshintergrund, die einer sprachlichen und fachlichen Qualifikation bedürfen, um in den ersten Arbeitsmarkt einzutreten. Insbesondere sind dies Empfänger von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II sowie Beschäftigte in Betrieben. Bis zum Jahr 2013 stehen hierfür ESF-Mittel in Höhe von rund 330 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Maßnahme im Rahmen des ESF-BAMF-Programms umfasst maximal 730 Unterrichtsstunden und besteht in der Regel aus Sprachunterricht und einem Qualifizierungsmodul, welches wiederum in die drei Teile theoretischer Unterricht, Praktikum und Betriebsbesichtigungen gegliedert ist. Sprachunterricht und Qualifizierungsmodul müssen eng aufeinander abgestimmt sein. Um eine Maßnahme bedarfsgerecht gestalten zu 10 können, gibt es keine festgelegte Stundenanzahl für die einzelnen Komponenten. Die Dauer einer Maßnahme beträgt sechs Monate in Vollzeit und bis zu zwölf Monate in Teilzeit. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wählt die geeigneten Träger bzw. Trägerkoope- rationen nach wirtschaftlichem Handeln, nach Fachkompetenz, nach Kapazitäten und nach Zuverlässigkeit aus. Ein weiteres Kriterium ist eine bereits vorhandene Zusammenarbeit mit den Akteuren, die vor Ort in der beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten aktiv sind. Dies sind insbesondere die Agenturen für Arbeit, die Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen, aber auch Be- triebe, die Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Betriebe können jedoch auch selbst vom ESFBAMF-Programm profitieren, da sie die Möglichkeit haben, ihren Beschäftigten eine aus dem ESF geförderte Weiterqualifizierung anzubieten. Um die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt und den Agenturen für Arbeit und den Arbeitsgemeinschaften zu regeln, wurde am 9. Juli dieses Jahres eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschlossen. Diese soll als Richtschnur für die Zusammenarbeit beider Behörden sowie für die Kooperation zwischen Bundesamt und Arbeitsgemeinschaften dienen. Mit dieser engen Kooperation wird gewährleistet, dass möglichst viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Genuss einer erfolgreichen berufsbezogenen Sprachförderung kommen. Jens Reimann, Referat Grundsatzfragen der sprachlichen Bildung Aktuelles aus dem Bundesamt Migrantenorganisationen stärken Neuer Schwerpunkt im bundesweiten Integrationsprogramm Im Rahmen des bundesweiten Integrationsprogramms sollen Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Angebote der Integrationsförderung in Deutschland formuliert werden. Ein Ziel ist dabei, die Rolle von Migrantenselbstorganisationen (MSO) bei der Integrationsförderung zu stärken und dabei auch ihre Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung zu intensivieren. MSO leisten vor Ort wichtige Integrationsarbeit - etwa in den Bereichen Elternbildung, Sozialberatung oder Seniorenarbeit. Sie befinden sich jedoch mit ihrem Engagement in einer paradoxen Lage: Zwar verfügen viele MSO über einen guten Zugang zu den unterschiedlichen Zielgruppen und können Integrationsangebote aufgrund der eigenen Migrationserfahrung bedarfsgerecht ausrichten. Daher werden sie häufig als Experten für die Ausrichtung der Angebote von Bund, Ländern, Kommunen und privaten Trägern herangezogen. Trotzdem sind sie beispielsweise als Träger von Integrationsprojekten oder bei der Vergabe von Fördermitteln im Vergleich mit etablierten Organisationen deutlich unterrepräsentiert. Die Gründe dafür: Fördermöglichkeiten sind MSO selten bekannt, ihr Engagement findet überwiegend ehrenamtlich statt und verfügt damit auch über weniger professionelle Struktu- ren. Ihre finanzielle Ausstattung reicht oft nicht aus, um die für die Projektförderungen häufig geforderten Eigenbeiträge von 15 bis 30 Prozent aufzubringen. Um die MSO aktiv als Partner in die Konzeption und Umsetzung von Angeboten zur Integrationsförderung einzubinden, wird eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesamtes Handlungsempfehlungen erarbeiten. Die Runde besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von MSO, der politischen Integrationsförderung und Verwaltung, der Forschung, der Weiterbildungspraxis sowie aus Akteuren im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements. Daneben werden aber auch die Fachkenntnisse weiterer Vertreter von MSO sowie aus Forschung und Praxis bei der Entwicklung der Empfehlungen berücksichtigt, etwa im Rahmen von Experteninterviews und Diskussionsrunden. Die Arbeitsgruppe befasst sich unter anderem mit folgenden thematischen Schwerpunkten:  Engagementschwer- punkte, Integrationsansätze und Potenziale von MSO  Rahmenbedingungen ihres Engagements (Stichwort Ehrenamt)  Weiterbildung und Professionalisierung (Abgleich von Bedarfs- und Angebotslage)  Fragen der strukturellen Förderung sowie der Projektförderung  Heterogenität von MSO (etwa Ziele, Organisationsgrade, interkulturelle Öffnung) Auch Bundesbehörden sowie Länder und Kommunen sollen einbezogen werden. Einige von ihnen haben bereits spezifische Förderinitiativen für MSO mit verschiedenen Grundsätzen aufgelegt. Dazu gehört beispielsweise, dass beantragte Projekte von MSO bei gleicher Qualität bevorzugt werden oder Sonderfördertöpfe für MSO eingerichtet wurden. Auch werden zunehmend gemeinsame Projektträgerschaften oder Vernetzungen zwischen Vereinen der Mehrheitsgesellschaft und MSO gefördert. Die Auswirkungen dieser Förderansätze auf die Integrationsarbeit und Teilhabechancen von MSO sowie auf interkulturelle Öffnungsprozesse sollen im bundesweiten Integrationsprogramm vergleichend analysiert und Empfehlungen für die Stärkung der Rolle von MSO als Akteure der Integrationsförderung entwickelt werden. Nicole Möhle, Referat bundesweites Integrationsprogramm 11 Aktuelles aus dem Bundesamt Sprachförderung an Hauptschulen Modellprojekt soll zu erfolgreichem Schulabschluss verhelfen Foto: BiZArt Ein Blick in die Schulstatistik zeigt, dass gerade hier Hilfe nötig ist. Im Abgangsjahr 2006 blieben bundesweit 7,8 Prozent der Schulabsolventen ohne einen Abschluss. Bei den Schülern mit deutscher Staatsangehörigkeit1 betrug der Anteil 7 Prozent, unter den ausländischen Schülern lag er bei 16,8 Prozent. Bei den jungen Männern fällt er stets höher aus: 8,7 Prozent der deutschen und sogar 19,8 Prozent der ausländischen jungen Männer bleiben ohne Abschluss, während dies nur für 5,2 Prozent der deutschen und für 13,5 Prozent der ausländischen Frauen gilt. Auch wenn zwischen den einzelnen Bundesländern Unterschiede bestehen – niemand kann mit einer solchen Bilanz zufrieden sein. Die Bundesländer Niedersachsen, Bayern und Berlin starten daher gemeinsam mit dem Bundesamt im Lauf des Schuljahrs 2008/2009 ein Modellprojekt, das sich an Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an Hauptschulen richtet. Mit diesen drei Partnern wird gegenwärtig 12 Das Thema Bildung ist an höchster Stelle angekommen: Am 22. Oktober hat die Bundeskanzlerin Bund und Länder zu einem Bildungsgipfel einberufen. In einer Pressemitteilung zum Gipfel betont Staatsministerin Prof. Maria Böhmer: „Nur wer eine gute Bildung und Ausbildung hat, kann die Chancen, die unser Land bietet, auch nutzen. Zugleich können wir die Probleme unseres Bildungssystems nur durch eine bessere Sprachförderung, Bildung und Ausbildung der Migrantinnen und Migranten lösen.“ ein Unterrichtskonzept erarbeitet. Kernstück des Konzepts ist eine begleitende Sprachförderung, deren Ziel es ist, sprachliche Defizite auszugleichen, die einem erfolgreichen Schulabschluss entgegen stehen. Dabei steht nicht die Alltagssprache, sondern die Bildungssprache im Mittelpunkt. Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie dem Unterricht besser folgen und sich mündlich und schriftlich aktiv an ihm beteiligen können. Gerade die Beherrschung der Schriftsprache wird heutzutage immer wichtiger, und dies nicht nur in der Schule, sondern auch in praktisch jeder Ausbildung und jedem Beruf. Das Konzept soll Module für einen begleitenden Unterricht Deutsch als Zweitsprache von der 5. bis zur 9. Klasse bereitstellen. Die Bundesländer können so bestehende Lücken in der sprachlichen Förderung schließen. Damit wird eine der wichtigsten Handlungsempfehlungen des bundesweiten Integrationsprogramms umgesetzt. Im Ergebnisbericht zum Handlungsfeld sprachliche Bildung vom März 2008 heißt es: „Die Förderung von Deutsch als Zweitsprache für Kinder und Jugendliche sollte so früh wie möglich einsetzen und ‚durchgängig‘ sein […].“ Ein besonderer Charme dieses Modellprojektes liegt darin, dass die mitwirkenden Bundesländer ihre Vorstellungen verwirklichen und eigene Maßnahmen damit verbinden können. Dies ist ein Beispiel dafür, wie Bund und Länder ihre Kräfte bündeln können, ohne Zuständigkeiten aufzulösen. Schließlich liegt es im Interesse aller, die Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss zu erhöhen und Perspektiven auf einen Berufseinstieg zu eröffnen, kurzum die Zukunftsaussichten für Hauptschüler nachhaltig zu verbessern. Erika Hoffmann, Referat Grundsatzfragen der sprachlichen Bildung 1 In der Schulstatistik wird nur nach Staatsangehörigkeit unterschieden, nicht nach Migrationshintergrund. Aktuelles aus dem Bundesamt Mittler zwischen zwei Kulturen Projekte zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz Für eine erfolgreiche Integration von Zuwanderern sind interkulturelle Kompetenzen unerlässlich. Darunter werden Kommunkations-, Handlungsund vor allem Konfliktlösungsfähigkeiten verstanden, die erforderlich sind, wenn Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen aufeinandertreffen und interagieren. Diese Fähigkeiten zu trainieren und damit die gegenseitige Akzeptanz zwischen Einheimischen und Zugewanderten zu verbessern, ist das Ziel vieler vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderter Integrationsmaßnahmen. Ein gutes Beispiel für die geförderte Integrationsprojekte zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz ist das im November 2007 gestartete zweieinhalbjährige Projekt „Kulturmittler“ der Deutschen AngestelltenAkademie in der Stadt Halle in Sachsen-Anhalt. Halle hat ein eigenes kommunales Integrationsleitbild für kulturelle Vielfalt. In der Stadt wird Integration als eine gemeinschaftliche Aufgabe vieler beteiligter Akteure verstanden. Netzwerk für Integration Ein Netzwerk für Integration und Migration koordiniert maßgeblich die Integration von Zuwanderern. Hier sind wesentliche integrationspolitische Leitgedan- ken entwickelt worden, in denen Begriff und Anforderungen an Integration definiert und Möglichkeiten zur Verbesserung formuliert werden. Aus dem Netzwerk heraus ist die Idee des Integrationsprojektes „Kulturmittler“ entstanden. Das Projekt will Migrantinnen und Migranten zu „Mittlern zwischen zwei Kulturen“ qualifizieren und sie dazu befähigen, fachlich kompetent andere Migrantinnen und Migranten in der Kommune bei ihrer Integration zu unterstützen. Aufbauend auf einer schon vorhandenen pädagogischen Ausbildung und/oder pädagogischen Eignung und Erfahrung wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Wissen über die deutsche Gesellschaft, Kultur, Werte und Normen vermittelt. Mit Unterschieden umgehen Dieses Wissen soll die Auseinandersetzung mit den kulturellen Unterschieden zwischen der Herkunftsgesellschaft und der deutschen Gesellschaft ermöglichen. Indem die Teilnehmenden diese Unterschiede kennen und handhaben lernen, entwickelt sich ihr Einfühlungsvermögen und ihre Fähigkeit zur Akzeptanz der unterschiedlichen gesellschaftlichen Anforderungen. gung. Sie können bei Bedarf von Schulen, Behörden, Wohnungsund Verkehrsunternehmen angefordert werden. Nach geleisteter „Akuthilfe“ in Krisensituationen haben sie die Möglichkeit, Klienten oder Konfliktparteien an die entsprechenden Dienste und Beratungsstellen weiterzuvermitteln oder selbst längerfristig beratend tätig zu werden. Die Qualifizierung und der Einsatz von Migranten als Kulturmittler ist eine erfolgreiche Integrationsmaßnahme zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz bei Migranten und der Aufnahmegesellschaft und spielt in verschiedenen vom Bundesamt geförderten Projekten eine wichtige Rolle. Steffany Trojansky, Referat Förderung von Integrationsprojekten für Zuwanderer Die Kulturmittler stehen im Anschluss an die Qualifizierung als Experten bei akuten Krisen sowie zur Unterstützung bei Problemen im Integrationsprozess zur Verfü- 13 Aktuelles aus dem Bundesamt In Stuttgart werden seit Mai 2008 24 Nachwuchskräfte aus islamischen Organisationen zu Vereinsmanagern, Integationspaten Foto: Sedat Cakir und Konfliktmoderatoren ausgebildet. Brückenbauer gesucht Verstärkte Projektarbeit zur Integration von Muslimen 14 Um die Integration der rund 3,4 Millionen Muslime in Deutschland zu verbessern, richtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sein Augenmerk seit diesem Jahr besonders auf die Förderung von Maßnahmen für diese Zielgruppe. Das Interesse, Projekte in diesem Bereich durchzuführen, war sehr groß. Migrantinnen und Migranten sowie deren Organisationen auch als Akteure der Integrationsarbeit zu gewinnen. Wie Integration gemeinsam mit Muslimen gestaltet werden kann, wird seit Mai 2008 mit dem Projekt „Interkulturelle Öffnung und Qualifizierung der Stuttgarter Moscheevereine“ modellhaft erprobt. Unterstützt wird damit auch das Ziel der im Herbst 2006 etablierten Deutschen Islam Konferenz: Die Verbesserung der gesellschaftlichen Integration der muslimischen Bevölkerung. Ein besonderes Anliegen des Bundesamtes ist es, muslimische Im Rahmen dieses Projekts werden Nachwuchskräfte aus islamischen Gemeinden zu Vereinsmanagern, Integrationspaten und Konfliktmoderatoren ausgebildet. Ziel ist die aktive Einbindung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die ver- schiedenen kommunalen Netzwerke. „Die jungen Menschen sollen Brücken bauen zwischen der Stadt, ihren Bürgern und den Moscheegemeinden“, erklärte der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster bei der Auftaktveranstaltung am 9. Mai 2008 im Stuttgarter Rathaus. Wichtig sei auch, die bisher nur punktuell bestehenden Kontakte zwischen den islamischen Gemeinden und anderen Institutionen in der Stadt auszubauen, wie Gari Pavkovic, Leiter der Stabstelle für Integrationspolitik und Koordinator des Projektes, hinzfügte. Für die Vertiefung der ersten Kontakte zwischen Integrationslandschaft in Deutschland den beteiligten Organisationen, der Türkisch-Islamischen Union, dem Verband der islamischen Kulturzentren, der islamischen Gemeinde der Bosnier, dem Islamische Zentrum für Albaner, der alevitischen Gemeinde, dem Al Maghreb Kulturverein und der Stuttgarter Kommunalverwaltung, sorgt unter anderem auch der Islamwissenschaftler Abdelmalik Hibaoui als Projektmitarbeiter. Langfristig ist der Aufbau eines gesamtstädtischen Arbeitskreises als Beratungs- und Kooperationsnetzwerk geplant, an dem später auch andere muslimische Vereine beteiligt werden. Dort sollen unter anderem Fragen zur Bildung und zum islamischen Religionsunterricht, zur gemeinsamen Entwicklung von Projekten zur Gesundheitsförderung, zur Integration von muslimischen Mädchen und Frauen durch den Sport und zur Vermittlung bei Konflikten behandelt werden. Jan Entrich, Referat Projektmanagement, besondere Maßnahmen der Integrationsförderung Bundesweit einmalige Kooperation in Köln: Zentrum für Mehrsprachigkeit gegründet Mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages haben in Köln die Stadt, die Bezirksregierung und die Universität im Frühjahr 2008 den Aufbau des „Zentrums für Mehrsprachigkeit und Integration“ (Z.M.I.) vereinbart. Damit bauen in Köln, wo Menschen aus 180 Nationen leben und in den Schulen mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen eine Zuwanderungsgeschichte haben, drei starke Partner nun gemeinsam Brücken zwischen Zuwanderern und Einheimischen. Die Einrichtungen führen ihr Engagement unter dem Dach einer einzigen Institution so zusammen, wie das in Deutschland bislang noch nicht versucht wurde. Und die Zusammenarbeit hat ihre Bewährungsprobe bereits bestanden. Das „Kompetenzzentrum Sprachförderung“, von 2004 bis 2007 von der EU als EQUALProjekt finanziert, wies die Richtung. Auf der Grundlage der hier gewonnenen positiven Erfahrungen verpflichteten sich die drei Kooperationspartner nun zu einer verbindlichen, auf Dauer und vor allem auf Nachhaltigkeit Vereinbarten den Aufbau des „Zentrums für Mehrsprachigkeit angelegten und Integration“ in Köln: (v.l.n.r.) Axel Freimuth, Rektor der ZusammenarUniversität, Oberbürgermeister Fritz Schramma und Regiebeit. Das Z.M.I. rungspräsident Hans Peter Lindlar. Foto: Stadt Köln sieht sich in der Tradition des Das Z.M.I. soll zu der zentralen Kompetenzzentrums – jedoch Anlaufstelle für sprachliche mit einer weiter gefassten inhaltBildungsfragen in Köln werden lichen Fokussierung darauf, dass – institutionsübergreifend, bildie natürliche Mehrsprachigkeit dungsabschnittsübergreifend von Menschen mit Migrationsund sprachenübergreifend. Ziel geschichte eine wichtige Resund Auftrag ist es, alle Aktivitäsource für das Zusammenleben ten, Projekte und Initiativen zur darstellt: Mehrsprachigkeit wird Förderung sprachlicher Fähigkeiinsbesondere für Bildungseinten und Fertigkeiten in und um richtungen als große Chance Köln zu vernetzen, weiterzuentbegriffen. wickeln und auszubauen sowie 15 Integrationslandschaft in Deutschland mit Blick auf die verschiedenen Zielgruppen zu koordinieren. Und dabei soll es eben nicht nur um die Förderung der deutschen Sprache gehen, sondern auch um Mehrsprachigkeit überhaupt – ist es doch Ziel, die Vorteile der Mehrsprachigkeit erfahrbar zu machen, etwa bei Sprachprogrammen im Kindergarten oder in der Lehrerfortbildung. Hierfür hat die Stadt die Aufgaben der „Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien“ (RAA) ausgeweitet und als eine Abteilung innerhalb des „Amtes für Weiterbildung“ (VHS) etabliert. Die Bezirksregierung steuert vor allem die für Sprachförderung eingesetzten Lehrerstellenanteile bei, und die Universität zu Köln – die größte Lehrerausbildungsstätte in Europa – bringt wissenschaftliche Kompetenz zahlreicher Fachbereiche ein: von Alphabetisierung und Testverfahren über interkulturelle Bildung, Sprachrehabilitation und sprachliche Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bedarf bis hin zum „frühen Englisch“. Das Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration setzt sich dafür ein, die Kompetenzen im Deutschen, wie auch in weiteren Sprachen, zu fördern und dabei die Vermittlung der deutschen Sprache Hand in Hand mit der Förderung der jeweiligen Herkunftssprache voranzubringen. Nachdem die Kölner Regionalkoordinatoren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bereits an der Auftaktveranstaltung zur Gründung des Zentrums für Mehrsprachigkeit und Integration im Kölner Rathaus teilnahmen, soll zukünftig die Zusammenarbeit zwischen dem Z.M.I. und der Regionalstelle Köln des Bundesamtes noch weiter intensiviert werden. Dr. Beate Blüggel, Stadt Köln Eltern lernen Deutsch an Schulen Integrationskurse mit Schwerpunkt Ausbildung und Erziehung Eltern mit Migrationshintergrund nicht nur sprachlich, sondern auch in ihrer Rolle als Erziehungsberechtigte zu stärken, ist das Ziel spezieller Integrationskurse, die seit November an Nürnberger Schulen angeboten werden. Den Anstoß zu dieser Initiative gab ein Beitrag in der Integrationskommission der Stadt Nürnberg zum Thema „Bildungschancen junger Migranten“. Basierend auf Zahlen des Amtes für Stadtforschung und Statistik wurde über die eher ungünstigen Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen aus Familien mit Zuwanderungsge- 16 schichte berichtet. Ursächlich sei einerseits der Bildungsabstand der Eltern, andererseits aber auch der eher geringe Stellenwert, den Schule und Ausbildung im sozialen Umfeld der Betroffenen einnehme. Das Engagement der Erziehungsberechtigten hänge letztlich auch von den individuellen Möglichkeiten ab, inwieweit eine Unterstützung der Kinder und Jugendlichen im schulischen Bereich möglich sei. Deutschkenntnisse der Eltern spielten dabei eine zentrale Rolle. Mit der Idee, die Integrationskurse für Eltern räumlich und inhaltlich mit der Schule zu verknüpfen, trat der für die Stadt Nürnberg zuständige Regionalkoordinator des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge an den städtischen Schulreferenten heran. Der Ansatz stieß auf offene Ohren und führte kurz darauf zur Initiierung des Projektes „Eltern lernen Deutsch Integrationslandschaft in Deutschland an Schulen“ (ELDS). Es wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich aus Vertretern des Pädagogischen Instituts der Stadt Nürnberg und dem Regionalkoordinator des Bundesamtes zusammensetzt. Auf der Basis des „Vorläufigen Konzepts für bundesweite Frauen- bzw. Elternintegrationskurse“ wurde ein Papier erarbeitet, das den Rahmen für ein neues, zusätzliches Kursangebot festlegt. Auch wenn der Spracherwerb im Mittelpunkt steht, so ziehen sich Themen rund um Erziehung, Pädagogik, Ausbildung und Berufswahl wie ein roter Faden durch alle Module des Kurses. Durch die Verortung des Angebots an die Schulen, die von den Kindern der jeweiligen Eltern besucht werden, soll ein noch engerer Bezug zu der Institution hergestellt werden. Die Kurse werden zunächst vom Pädagogischen Institut der Stadt Nürnberg durchgeführt. Nach der Auswertung der ersten Erfahrungen ist jedoch vorgesehen, das Projekt für die Trägerlandschaft in Nürnberg zu öffnen. Insgesamt konnten bisher 20 Nürnberger Schulen als Partner gewonnen werden, darunter auch zwei Realschulen und ein Gymnasium. Die Teilnehmerakquise erfolgt zum einen über die Stadtteil- und Netzwerkarbeit, zum anderen werden die potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt von den Schulen angeschrieben und zu Informationselternabenden eingeladen. Obwohl erst an fünf der teilneh- menden Schulen Elternabende stattgefunden haben, liegen bereits verbindliche Anmeldungen für sechs Elternintegrationskurse vor. Der Start der Kurse erfolgte im November dieses Jahres. Die Kursmodelle richten sich nach den Bedürfnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie den Möglichkeiten der beteiligten Schulen. Vorgesehen sind Teilzeitangebote mit Unterbrechungen während der Schulferien. Ein vollständiger Integrationskurs mit 945 Unterrichtseinheiten wird sich danach über zwei Schuljahre erstrecken. Detlef Duschek, Regionalstelle Zirndorf Gemeinsam Schule machen Modellprojekt zur Sprachförderung für Mütter und Kinder Im Janusz-Korcak-Kinderhaus in Kiel sitzen neun Frauen aus Kasachstan, der Russischen Förderation, dem Irak und der Türkei im Stuhlkreis und lauschen gespannt dem Logopäden. „Wie erwerben Kinder die Sprache? Was bedeutet Zweisprachigkeit? Welche Empfehlungen können Eltern gegeben werden?“ Antworten auf diese und weitere Fragen gibt eine Seminarreihe, die im Rahmen der niederschwelligen Frauenkurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge angeboten wird. Der Logopäde Jan Eric Arndt erklärt ausländischen Müttern im Kieler Janusz-Korcak-Kinderhaus wie Kinder Sprachen lernen und dabei unterstützt werden können. 17 Integrationslandschaft in Deutschland Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund und Sprachförderbedarf haben oft selbst nur unzureichende Deutschkenntnisse. Daher erproben das schleswig-holsteinische Innenministerium und das Bundesamt modellhaft, wie es durch die Kooperation verschiedener Beteiligter und durch intensive Ansprache gelingt, Frauen in Seminarmaßnahmen und anschließend in Integrationskurse zu vermitteln. Die Einbeziehung von Müttern in die Sprachförderung der Kinder hat zwei Ziele: Mütter sollen ihre Deutschkenntnisse deutlich verbessern und Informationen über Deutschland erhalten. Damit sollen sie in die Lage versetzt werden, den Schulbesuch der Kinder aktiv zu unterstützen und ihren Bildungserfolg zu fördern. Je positiver die Sprachentwicklung mit Hilfe der Mütter gelingt, desto besser kann ein Kind in der Schule mitarbeiten. Um dies zu erreichen, soll in Schleswig- Holstein die vorschulische und schulische Sprachförderung für Kinder stärker mit niederschwelligen Seminarmaßnahmen für ausländische Frauen und Integrationskursen verknüpft werden. Bisher wurden in SchleswigHolstein vor allem Mütter zur Teilnahme an speziellen Frauenkursen geworben, deren Kinder die vom Land geförderten „SPRINT-Maßnahmen“ besuchen. Damit werden gezielt Kinder mit sprachlichen Defiziten im letzten halben Jahr vor der Einschulung unterstützt. Außerhalb von größeren Städten gelang es jedoch kaum, acht und mehr Mütter für eine niederschwellige Seminarmaßnahme zu gewinnen. Daher werden nun auch Migrantinnen einbezogen und angesprochen, deren Kinder im Kindergarten oder in der flexiblen Eingangsphase der Grundschule eine spezielle Sprachförderung erhalten. Zudem wurde im ländlichen Raum die Teilnehmerzahl pro Kurs gesenkt. Wesentliche Inhalte der niederschwelligen Seminare sind Sprachorientierung sowie Vorbereitung und Motivation zum Besuch der Integrationskurse. Es werden grundlegende Kenntnisse der deutschen Gesellschaft, insbesondere des Bildungssystems, vermittelt, und die Frauen erhalten Hilfestellungen bei der Erziehung und Förderung ihrer Kindern. Die Frauen im Janusz-KorcakKinderhaus in Kiel haben in den 90 Minuten des Seminars unter anderem erfahren, dass sie ein sprachliches Vorbild sind und man ohne Überforderung zwei Sprachen verstehen und sprechen kann. Sie wissen jetzt, dass Kinder Sprache quasi von selbst erwerben und drei bis zehn Prozent der Kinder jedes Jahrgangs Sprachentwicklungsprobleme haben, die nicht durch Mehrsprachigkeit verursacht worden sind. Rainer Biermann, Regionalstelle Lübeck Integrationskurse in Strafanstalten: Deutsch lernen hinter Gittern Ein ungewöhnliches Bild bietet sich derzeit in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg am Neckar: Gestandene Männer sitzen im Schulungsraum und hören ihrer Lehrerin Antonie Löffler aufmerksam zu. Neben Deutschunterricht stehen auch die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands auf dem Stundenplan. Die Gefangenen besuchen einen Integrationskurs des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, der ihnen bessere Chancen für das Leben nach der Haft ermöglichen soll. 18 In Baden-Württemberg kooperieren seit einiger Zeit die Volkshochschulen mit dem Justizministerium, um Bildungsangebote in den Strafanstalten bereitstellen zu können. Vor allem im EDV-Bereich wurden bereits erfolgreich Projekte durchgeführt und man war bestrebt, das Integrationslandschaft in Deutschland Angebot auszuweiten und die Kooperation weiter zu festigen. Über die von den Volkshochschulen durchgeführten Integrationskurse ergab sich eine passende Schnittstelle zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die es möglich macht, straffällig gewordenen Zuwanderern und Aussiedlern während ihrer Haftzeit einen Sprachkurs anbieten zu können. Teilnehmen können Häftlinge, denen nach Haftende keine Abschiebung in den Herkunftsstaat bevorsteht und die eine positive Prognose erhalten haben, dass sie den Kurs auch durchhalten. Die Unterrichtszeiten gelten für die Teilnehmer als Arbeitszeiten und werden dementsprechend vergütet. Weitere Kurse In der JVA Rottenburg/Neckar ist dieser Integrationskurs, der im Frühjahr 2008 begonnen hat, eine Premiere. Weitere Kurse laufen in Baden-Württemberg in den Justizvollzugsanstalten Freiburg, Mannheim, Ravensburg und Schwäbisch Hall. Für das Frauengefängnis Schwäbisch Gmünd und die JVA Bruchsal sind Kurse in Planung. Die Ergebnisse der ersten Integrationskurse in Strafanstalten stimmen optimistisch. So haben beispielsweise in der JVA Schwäbisch-Hall am Ende des ersten Kurses über 60 Prozent der Häftlinge die Sprachprüfung zum „Zertifikat Deutsch“ mit der Note 1 oder 2 bestanden. Dieses Zertifikat ist für viele ein wichtiges Zeugnis, das ihnen nach der Entlassung eine Perspektive auf Wollen Strafgefangenen mit Migrationshintergrund eine Perspektive geben: (v.l.n.r.) Regionalkoordinator Wolfgang Matti; Wolfgang Willard, Leiter der Strafanstalt Rottenburg, Kursleiterin Antonie Löffler; der pädagogische Leiter der JVA, Jürgen Fischer, Marion Kunz-Reiser, Fachbereichsleiterin Sprachen an der VHS Rottenburg, und Irma Zerr, Auszubildende in der Regionalstelle Reutlingen des Bundesamtes. Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt bietet. In Gesprächen mit der Anstaltsleitung und den Gefangenen hat sich gezeigt, dass beide Seiten profitieren und das Interesse an fest verankerten Sprachkursen in den Gefängnissen groß ist. Neue Wege beschritten Mit ihrem Kooperationsmodell zwischen dem VHS-Verband und dem Justizministerium nimmt Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle ein. Inzwischen werden aber auch in anderen Bundesländern, wie Bayern, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Integrationskurse in Gefängnissen durchgeführt. Neue Wege hat auch die Justizvollzugsanstalt Siegburg in Nordrhein-Westfalen beschritten: Dort findet auf Initiative der Volkshochschule, des Bundesamtes und des Jugendmigrationsdienstes erstmals ein Jugendintegrationskurs im Jugendstrafvollzug statt. Dieses Angebot soll jungen Menschen mit Sprachproblemen Starthilfe für ein Leben außerhalb der Mauern geben. Wolfgang Matti, Regionalstelle Reutlingen 19 Integrationslandschaft in Deutschland Talentschmiede für junge Migranten FORUM-Young Migrant Talents fördert begabte Schüler Laut einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelstages von 2007 fehlen den Betrieben in Deutschland quer durch die Sparten im Mittel rund 40 Prozent geeignete Bewerberinnen und Bewerber auf offene Stellen. Vor allem in den Natur- und Ingenieurwissenschaften hat das Land noch zu wenig studentischen Nachwuchs. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, braucht Deutschland demnach jeden klugen und ambitionierten Kopf. Unter jungen Menschen mit Migrationshintergrund schlummern viele Talente, die zu oft unentdeckt bleiben. Damit sich diese entfalten können, benötigen sie eine ihrem Niveau entsprechende Ausbildung und Informationen darüber, wie sie ihre Ausbildungs- und Berufswege organisieren können. Dafür muss sich die Aufnahmegesellschaft aber aktiv öffnen. Wie dies funktionieren kann, zeigt das Hamburger Projekt „FORUM-Young Migrant Talents“. Ziel der Talentschmiede ist es, begabte junge Menschen aus Familien mit ausländischem Kulturhintergrund schulbegleitend so weiterzubilden, dass ihnen die Übergänge von Schule in Ausbildung und Beruf erfolgreich gelingen. Unterstützer der Initiative sind unter anderem die Stadt Hamburg, insbesondere der Erste Bürgermeister Ole von Beust, sowie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Seit August 2007 arbeitet das Projekt mit mittlerweile 30 Familien begabter Absolventinnen und Absolventen von Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien zusammen, in Form anspruchsvoller 20 Projektteilnehmer informieren sich bei einer Exkursion mit Dr. Matthias Strasser, Leiter der Wattenmeerstation auf Sylt, über die „Globalisierung unter Wasser“. Foto: FORUM-Young Migrant Talents. Veranstaltungen und individueller Familienarbeit. Alle Veranstaltungen sind gegen einen Kostenbeitrag auch für Schülerinnen und Schüler deutscher Herkunft geöffnet; dies gilt insbesondere für einen Lernkreis: Dort unterstützen Gymnasiasten der Oberstufe von FORUM-Young Migrant Talents ihre Mitschülerinnen und Mitschüler bei deren schulischer Arbeit. Damit findet ein Paradigmenwechsel vom hilfebedürftigen zum hilfegebenden Schüler mit Migrationshintergrund statt. Die Vorgehensweise im Projekt verdeutlicht das Beispiel des aus Russland stammenden Leo. Seit vier Jahren lebt Leo mit seinen Eltern, einem Techniker und einer Bürokauffrau, in Hamburg und besucht ein Gymnasium. Er hat ausgezeichnete Noten, unterstützt seine Lehrerin in der Schule und schreibt Gedichte. Weil Leo gelegentlich nachts lernt und durch hohe Sensibilität und besondere Denkfähigkeit auffällt, sorgt sich der Vater und möchte ihn gerne in einem bodenständigen Beruf sehen. Ein durch das Projekt initiiertes Ex- pertengespräch mit zwei Universitätsprofessoren half den Eltern, ihren hochbegabten Sohn besser zu verstehen. Mit Einverständnis von Vater und Mutter und auf Vermittlung von FORUM-Young Migrant Talents mit einem Empfehlungsschreiben des ehemaligen Leiters eines großen Forschungsinstitutes ausgestattet, bewarb sich Leo bei einem Weltkonzern für ein Praktikum im Forschungsbereich. Er erhielt die Zusage für ein Schülerpraktikum in diesem sensiblen Unternehmensbereich und hat damit einen wichtigen Baustein auf seinem Weg von der Schule zu Forschung und Industrie gelegt. Dieser kleine Ausschnitt der Projektarbeit von FORUM-Young Migrants Talents zeigt, wie pragmatische, effiziente Impulse und Maßnahmen für ein Weiterkommen der zugewanderten Menschen und die Stärkung des Standorts Deutschland aussehen können. Barbara Seibert, Initiatorin und Geschäftsführerin FORUM-Young Migrant Talents Integrationslandschaft in Deutschland Keine Arbeit ohne Deutschkenntnisse Kooperationsprojekt zwischen Arbeitsagenturen und Bundesamt Die einen wollen Arbeitslosen zum neuen Job verhelfen, die anderen kümmern sich um die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Da beide Aufgaben in der Praxis oft dicht beieinander liegen, wollen die Träger der Grundsicherung und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge künftig noch stärker kooperieren. Vielen Zuwanderern gelingt es nicht, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dabei spielen mangelhafte Deutschkenntnisse eine wesentliche Rolle. „Wer unsere Sprache nicht spricht, hat bei der Jobsuche so gut wie keine Chance“, wissen Rolf Koch, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft (ArGe) Mayen-Koblenz, und Theo Krayer, Leiter der Jobcenter der Agentur für Arbeit im Landkreis Ahrweiler, aus Erfahrung. Daher entwickelten sie gemeinsam mit dem Bundesamt so genannte „Verbundprojekte“, die den Integrationskurs mit beruflicher Qualifizierung verknüpfen. Die ersten Kurse starteten im April 2007 in den Landkreisen MayenKoblenz und im Ahrkreis. Das Besondere an diesen Projekten: Vormittags besuchen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Integrationskurse des Bundesamtes. Nachmittags haben sie die Chance, das Gelernte bei einer Qualifizierungsmaßnahme oder Arbeitsgelegenheiten praktisch umzusetzen. Diese werden in den Branchen Hotel- und Gastgewerbe, Metallbearbeitung und EDV angeboten, Altenpflege soll später noch dazu kommen. Damit sich die Teilnehmenden auf Deutsch unterhalten, wird darauf geachtet, dass sich die einzelnen Gruppen aus Personen aus möglichst vielen verschiedenen Herkunftsländern zusammensetzen. Eines der wichtigsten Elemente rung, dass das Erlernte bei der Bewältigung des Alltags in der neuen Heimat hilft, wächst auch die Akzeptanz für die Qualifizierungsmaßnahmen. Die ersten gemeinsamen Projekte mit weit über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind bereits erfolgreich beendet, andere laufen derzeit an den Standorten Andernach, Bendorf, Erfolgreiche Absolventen: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Verbundprojekts der Volkshochschule Andernach bekamen im Frühjahr 2008 durch den Bürgermeister der Stadt Andernach, Josef Nonn (3.v.r.), ihr „Zertifikat Deutsch“ überreicht. Foto: Stadtverwaltung Andernach des Konzepts ist die Betreuung der Teilnehmer durch zwei Sozialpädagogen. Diese findet in enger Abstimmung mit dem Jugendmigrationsdienst und den Migrationsberatern statt und wird im Landkreis MayenKoblenz von der ArGe finanziert. Es zeigt sich, dass gerade am Anfang viel Überzeugungsarbeit erforderlich ist. Mit der Erfah- Mayen, Ahrweiler und Sinzig. Gefördert werden die Projekte unter anderem aus dem Europäischen Sozialfonds. Der Erfolg gibt den Initiatoren recht: Wie die ArGen meldeten, konnten viele Teilnehmer schon während der Kurse in Arbeit vermittelt werden. Lothar Kaspers, Regionalstelle Trier 21 Integrationslandschaft in Deutschland Qualifizierung für den Arbeitsmarkt Verbundprojekte setzen sich in Thüringen durch Unter der Schirmherrschaft des Erfurter Oberbürgermeisters Andreas Bausewein ist in diesem Sommer das ErfurterVerbund-Projekt (EVP) gestartet. Dabei werden zwei Integrationskurse mit den gleichen ergänzenden Maßnahmen verknüpft. Ziel des Projekts ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neben dem Spracherwerb eine Qualifizierung für den deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Training und Bewerbungstraining bei unterschiedlichen Bildungsträgern absolviert. Im Anschluss daran nehmen alle Teilnehmer an einem Arbeitstraining teil. Das jeweilige Arbeitsfeld wurde mit den Projektteilnehmern anhand von Qualifikationen und Bildungsstand sowie eigenen Interessen ausgewählt. Zur Wahl standen die Arbeitsfelder Holz, Metall, Handel und Lager, Farbe, Computer, Büro und Verwaltung, Hauswirtschaft, rungskurs und die B1-Sprachprüfung schließen sich dem Arbeitstraining an. Flankierend dazu wird die Qualifizierung in den Bereichen Fachsprache, interkulturelle Kompetenz sowie Bewerbung fortgesetzt. Zum Abschluss absolvieren alle Migranten ein zweimonatiges soziales Sprachpraktikum in einem kleinen oder mittelständigen Betrieb in Erfurt und Umgebung. Auch der Thüringer Volkshochschulverband führt an neun Das Fördervolumen beläuft sich auf rund 200.000 Euro. Unterstützt wird das Verbundprojekt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Thüringer Innenministerium, die Robert-Bosch-Stiftung, die Stadtverwaltung sowie die Arbeitsgemeinschaft (ArGe) der Landeshauptstadt Erfurt. Die Laufzeit beträgt 15 Monate. Die Projektleitung liegt bei einer Koordinierungsstelle im „Zentrum für Integration und Migration“ in Erfurt. Jeder der beteiligten Bildungsträger ist für mindestens einen der insgesamt neun Projektbausteine zuständig. Nach einem Mobilitätstraining (Information über die Projektbausteine und die Maßnahmeträger) führen die Euro-Schulen Erfurt beziehungsweise der Evangelischen Kirchenkreis den Basissprachkurs durch. Bereits im dritten Modul werden flankierend hierzu Maßnahmen wie Fachsprache, interkulturelles 22 Die Ausländerbeauftragte der Stadt Erfurt, Renate Tuche, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des neuen Erfurter Verbundprojektes und stellte die Projektpartner vor. Hotel- und Gastgewerbe, Containerbau, erneuerbare Energien, Modellbau sowie Lehrmittelfertigung. Bereits hier haben die Migranten die Möglichkeit, ein Zertifikat, zum Beispiel einen Computerführerschein oder einen Gabelstaplerschein, zu erwerben. Dies soll ihnen die Suche nach einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erleichtern. Aufbausprachkurs, Orientie- Standorten Verbundmaßnahmen durch. Mit Unterstützung des Thüringer Innenministeriums wird der Integrationskurs um ein 6-wöchiges „Soziales Sprachpraktikum“ ergänzt. Im Anschluss wird zudem eine „Berufliche Potenzialanalyse“ durchgeführt. Heidi Wallendorf, Regionalstelle Jena/Hermsdorf Integrationslandschaft in Deutschland Fleißig wie die Bienen Imkerausbildung als Chance für Langzeitarbeitslose Im Landkreis Oberhavel in Brandenburg brummt und summt es künftig wieder öfter. Im Rahmen des vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge initierten Integrations- und Qualifizierungsprojekts „Ikolka“ absolvierten acht zugewanderte und acht einheimische Langzeitarbeitslose von März bis September 2008 eine Ausbildung auf dem Gebiet der Imkerei. Diese soll ihnen die Chance eröffnen, wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Alle Projektteilnehmerinnen und –teilnehmer verfügen zumindest über landwirtschaftliche Vorkenntnisse. Einige der Zugewanderten haben sich schon in der Vergangenheit mit der Bienenzucht beschäftigt. Sieben Monate lang lernten die angehenden Imker im Länderinstitut für Bienenkunde in Hohen Neuendorf Theorie und Praxis ihres neuen Berufs. Die zugewanderten Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten zuvor drei Module eines Integrationskurses des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von je 100 Stunden besucht. Weitere drei Module Sprachkurs finden nach Abschluss der Imkerausbildung statt. Warum Imkerei? Um Langzeitarbeitslose wieder langfristig zu beschäftigen, müssen Tätigkeitsfelder gefunden werden, in denen ein hoher Bedarf an Arbeitskräften besteht und eine Konkurrenz anderer Arbeitskräfte kaum oder gar nicht vorhanden ist. Diese Kriterien erfüllt der Beruf des Imkers: Der Ausbilder Philipp Neuberger (vorne links) erklärt den Projektteilnehmern den richtigen Umgang mit den Bienenstöcken. In den letzten Jahren ist die Zahl der Bienenzüchter bundesweit stark zurückgegangen. Außerdem erreicht der Großteil der Imker in den nächsten Jahren das Rentenalter, so dass neue Arbeitskräfte dringend gebraucht werden. Gleichzeitig werden die Produkte der Imkerei in Deutschland stark nachgefragt. Das Projekt Ikolka, das für ImkerÖkologie-KulturlandwirtschaftErwerbsarbeit steht, folgt einem ganzheitlichen Konzept. Dabei steht das Ziel im Vordergrund, dass möglichst viele Projektteilnehmer nach ihrer Ausbildung zumindest im Nebenerwerb als Imker tätig werden und sich so zum Teil von staatlichen Transferleistungen unabhängig machen können. Dazu erhalten die Teilnehmenden als „Startkapital“ Imkergrundausstattungen, die durch das Engagement von Sponsoren zur Verfügung gestellt werden konnten. Dar- über hinaus werden durch den täglichen Kontakt und die Kommunikation zwischen den zugewanderten und einheimischen Auszubildenden kulturelle Grenzen überwunden. Und auch der ökologische Aspekt kommt nicht zu kurz: Mit der Bestäubungsleistung ihrer zukünftigen Bienenvölker tragen die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Besonders innovativ Finanziert wird das Vorzeigeprojekt durch das Regionalbudget des Landkreises Oberhavel, das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg sowie verschiedene Stiftungen. Im Oktober 2008 wurde Ikolka mit dem Integrationspreis des Landes Brandenburg in der Kategorie „innovativstes Projekt“ ausgezeichnet. Hermann Kruse, Regionalstelle Eisenhüttenstadt 23 Integrationslandschaft in Deutschland Kooperation der Beratungsdienste In Schleswig-Holstein haben Träger der MigSowohl die MigrationsBegleitend zur Umsetrationsfachdienste (Migrationsberatung für fachdienste als auch zung finden regelmäerwachsene Zuwanderer/MBE, Migrationssozidie Jobcenter begleißige Arbeitstreffen der alberatung des Landes/MSB, Jugendmigrations- Migrationsfachberateten im Rahmen eines dienste/JMD) und Jobcenter einzelner Arbeitsge- rinnen und -berater und Casemanagements meinschaften (ArGen) bzw. Optionskommunen Migranten zu Beginn der Integrationsfacheine engere Zusammenarbeit vereinbart. ihres Integrationsprokräfte der ArGen zur Evazesses in Deutschland. luation und ProzesskontZiel der Vereinbarung > die Verbindlichkeit der Integrolle statt. ist es, das Beratungsangebot für rationsbegleitung Zuwanderer künftig besser zu ko- > die Zuständigkeiten und Eine der zentralen Herausforordinieren. Basis ist eine KoopeAufgaben der Migrationsfach- derungen ist dabei die Koordirationsvereinbarung, welche die dienste im Rahmen der Integnation an der Schnittstelle von beteiligten Träger in den Städten rationsbegleitung Integrationskurs und den MaßKiel, Neumünster, Flensburg, Lü> die Zusammenarbeit zwinahmen der Arbeitsmarktintegbeck und dem Kreis Herzogtum schen den Integrationsfachration. Lauenburg abgeschlossen haben. kräften der Jobcenter und den Konkret regeln die VereinbarunMigrationsfachdiensten Michael Treiber, gen: > den Zeitraum der IntegratiArbeiterwohlfahrt Landesverband > den Zugang der Zuwanderer onsbegleitung Schleswig-Holstein e.V. zu den Beratungsstellen Wettbewerbsfähiger durch Sprachkenntnisse Mehrsprachigkeit ist ein Vorteil für Europas Wettbewerbsfähigkeit. So lautet das Fazit des am 11. Juli 2008 in Brüssel vorgestellten Berichts zum Thema Mehrsprachigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsforums für Mehrsprachigkeit bei der Europäischen Kommission. Im Bericht, der von Leonard Orban, EU-Kommissar für Mehrsprachigkeit, in Auftrag gegeben wurde, wird festgestellt, dass sich im Zeitalter der Globalisierung die industriegeprägte Wirtschaft immer mehr zu einer wissensbasierten Wirtschaft wandelt. Der Bericht zeigt, dass auf internationalen Märkten eine Vielzahl von Sprachen benötigt wird. Die Inte- 24 gration mehrsprachiger Beschäftigter ist dabei von entscheidender Bedeutung. Wobei darauf hingewiesen wird, dass wirklich mehrsprachige Personen ihre Sprachkenntnisse häufig außerhalb des formalen Bildungssystems erworben haben. Daher empfiehlt das Wirtschaftsforum, dass die Regierungen der einzelnen Staaten das Erlernen von Sprachen auf allen Ebenen fördern und die Bandbreite der gelehrten Sprachen erweitern. Ab der Sekundarstufe sowie im gesamten Bereich der tertiären Bildung einschließlich der beruflichen Bildung sollten stärker praxisorientierte Sprachlernmodule eingeführt werden. Zudem wird empfohlen, bei den Schul- abschlüssen Sprachkenntnisse angemessen anzuerkennen und den Erwerb von Sprachkenntnissen in ihre Programme für lebenslanges Lernen und soziale Eingliederung einzubeziehen. Günther Verheugen, Vizepräsident der Europäischen Kommission, begrüßte den Bericht und wies darauf hin, dass es höchste Zeit sei, „dass die allgemeine und berufliche Bildung diesen Bedürfnissen Rechnung trägt und allen den Zugang zu einem breitem Spektrum von Fähigkeiten ermöglicht wird“. Bettina Scheer, Referat Grundsatzangelegenheiten und konzeptionelle Fragen der Integration Blick über die Grenzen Schüler lernen interkulturell Umgang mit Mehrsprachigkeit in der Schweiz und Österreich Mehrsprachigkeit gehört vor allem in den sprachlichen Misch- und Grenzgebieten unserer Nachbarländer Schweiz und Österreich zum Alltag. Geradezu ein Paradebeispiel für Mehrsprachigkeit ist die Schweiz. Neben den vier Amtssprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch werden aufgrund der Zuwanderung viele weitere Sprachen gesprochen. In der Schweiz beträgt der Ausländeranteil gegenwärtig 20,3 Prozent. Rund zwei Drittel der Bevölkerung mit Migrationshintergrund geben eine Amtssprache als Hauptsprache an. Hier wird die Integrationsfunktion der Schweizer Schulen deutlich, die auch im Sprachengesetz vom Herbst 2007 zum Ausdruck kommt. Jedoch zeigen Studien zum Schweizer Bildungssystem eine Stagnation der Erfolgsquote ausländischer beziehungsweise mehrsprachiger Kinder und Jugendlicher im schweizerischen Schulsystem mit Tendenzenzen zur Verschlechterung. Mehrsprachigkeit ist in der Schweiz unter der Bevölkerung mit Migrationshintergund stärker verbreitet als unter der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Die Vorteile der Mehrsprachigkeit - etwa die Förderung des kreativen und flexiblen Denkens sowie eine erhöhte interkulturelle Kompetenz - nutzen die Wirtschaftsstandorte der Schweiz, wie zum Beispiel Basel, Zürich, Lausanne oder Genf, als Sitz vieler internationaler Organisationen. Damit ist Mehrsprachigkeit für die Schweiz ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil, der sich auch in den Integrationsmaßnahmen des Schweizer Ausländergesetzes aus dem Jahr 2005 widerspiegelt. Die individuellen Sprachkenntnisse des Einzelnen werden im Rahmen einer Integrationsvereinbarung berücksichtigt. Auch Österreich ist aufgrund seiner Lage und Geschichte ein Misch- und Grenzgebiet. Der Ausländeranteil beträgt derzeit 10,3 Prozent. Neben Deutsch als Landessprache zählen Kroatisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch, Serbokroatisch, Türkisch und Windisch zu den Umgangssprachen. Um der Mehrsprachigkeit und damit auch der Vielzahl der kulturellen Lebensformen Rechnung zu tragen, wurde bereits in den 90er Jahren ein neues Unterrichtsprinzip an Österreichs Schulen eingeführt: Seit dem Schuljahr 1991/1992 ist „Interkulturelles Lernen“ in den Lehrplänen der österreischen Volks-und und Hauptschulen sowohl als Unterrichtsprinzip als auch im allgemeinen Bildungsziel verankert, seit 1993/1994 auch im Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schulen. Dieses Unter- richtsprinzip wurde von Thomas Fillitz in einer 2002 veröffentlichten Studie „Interkulturelles Lernen in der Praxis“ untersucht. Darin wird deutlich, dass neben dem Erlernen der deutschen Sprache auch die Vertiefung der Muttersprachen im Fokus stehen muss, um die Sprachressourcen der mehrsprachigen Schülerinnen und Schüler zu nutzen. Die Autoren Günther Simonitsch und Gudrun Biffl weisen jedoch auf der österreichischen Internetplattform Integration darauf hin, dass bei mehrsprachigen Personen im Rahmen eines Überganges von einer Industriegesellschaft zu einer Wissensgesellschaft in Österreich dem Erwerb der deutschen Sprache besonderes Augenmerk zu schenken sei, da beispielsweise in den Beschäftigungsbereichen der personenbezogenen Dienstleistungen das Arbeiten in Teams eine besondere soziale und sprachliche Kommunikationskompetenz voraussetze. Bettina Scheer, Referat Grundsatzangelegenheiten und konzeptionelle Fragen der Integration 25 Veranstaltungen Kompetenzen nutzen Bundesamt baut Dialog mit Migratenorgansisationen aus Das Engagement von Zuwanderern für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland soll künftig mehr Unterstützung erfahren. Daher will das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zusammenarbeit mit Migrantenselbstorganisationen (MSO) weiter verstärken. Vor diesem Hintergrund fand am 31. Oktober 2008 die Informationsveranstaltung „Kompetenzen nutzen: MSO als Akteure der Integrationsförderung stärken“ mit 112 Vertreterinnen und VerMehr als 100 Vertreterinnen und Vertreter der Migrantenselbstorganisationen kamen tretern von Migrantenverbänden Ende Oktober zum Dialog ins Bundesamt. in Nürnberg statt. Der Präsident des Bundesamtes, Dr. Albert Schmid, betonte die aktive Rolle des Bundesamtes beim Prozess des Nationalen Integrationsplans sowie der Umsetzung der hieraus resultierenden Selbstverpflichtungen, wie beispielsweise der fachlichen Hilfe für MSO als Träger von Projekten. Er verwies darauf, dass Menschen mit Migrationshintergrund bereits jetzt einen wesentlichen Beitrag zur Integrationsarbeit leisten. Sie haben eine Brückenfunktion zwischen Zuwanderern und Aufnahmegesellschaft, kennen die Bedürfnisse der jeweiligen Zuwanderergruppen und fördern soziales Engagement. Das Bundesamt wolle diese Erfahrungen noch intensiver für die Integrationsförderung nutzen und die Rolle von MSO stärken. Mit Blick auf den dritten Integrationsgipfel am 6. November 2008 26 wies die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Prof. Maria Böhmer, auf die bereits erzielten Erfolge des Nationalen Integrationsplans hin. An dem eingeschlagenen Weg, nicht über, sondern mit Migranten zu sprechen, werde man festhalten. Nicole Möhle, Referentin Abteilung Integration, stellte das Thema Migrantenorganisationen als einen Schwerpunkt im Handlungsfeld „Gesellschaftliche Integration“ im bundesweiten Integrationsprogramm vor (siehe Seite 11). Sie würdigte die Ressourcen der MSO wie zum Beispiel das Verständnis für Lebenslagen und Bedürfnisse von Zuwanderern aufgrund der eigenen Migrationserfahrung, deren Mehrsprachigkeit sowie den besseren Zugang zu Menschen mit Diskriminierungserfahrungen. Die thematischen Schwerpunkte für das Engagement von MSO in der Projektförderung erläuterte Romy Bartels, Referatsleiterin Abteilung Integration. Als Beispiele nannte sie den Ausbau der interkulturellen Kompetenz und der wechselseitigen Akzeptanz sowie die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements oder der elterlichen Erziehungskompetenz . Im Jahr 2008 bewilligte das Bundesamt 430 Projekte, wobei nur 10 Prozent davon in der Trägerschaft von MSO lagen. Eine stärkere Beteiligung von MSO sei durchaus erwünscht. Gräfin Praschma, Abteilungsleiterin Wahrnehmung von Migrationsaufgaben, informierte über die Fördermöglichkeiten der EU-Fonds aus dem Rahmenprogramm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“. Den Veranstaltungen engsten Bezug dürften MSO zum Europäischen Integrationsfonds haben. Dieser bietet mit seinen sechs Maßnahmenbereichen – darunter Vorintegration, Integration durch gesellschaftliche Teilhabe, Integration durch Bildung – eine Vielzahl von Ansatzpunkten für Projektideen. Mit Interesse verfolgten die Gäste die Vorstellung erfolgreicher Ideen zur Integrationsförderung. Lamine Conté, Vorsitzender des Vereins Haus Afrika, berichtete, wie aus einer Idee im kleinen Kreis das Modellprojekt SchuMi (Schule und Migration) entwickelt wurde. Damit sollen Elternkompetenzen im Hinblick auf den Übertritt der Kinder vor allem in Kindergarten und Schule gestärkt und die Interaktion bzw. Kommunikation zwischen Migrantenfamilien und deutschen Institutionen verbessert werden. Hacer Bilgic und Melda Akbas, derzeit Praktikantinnen bei der Türkischen Gemeinde in Deutschland, informierten über l.o.s. (let’s organize somethin’). Ziel des Projektes ist es, Berliner Schüler mit Migrationshintergrund für eine Beteiligung an Institutionen der Schülervertretung zu interessieren und auf eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten. Aufgrund der positiven Resonanz seitens der Gäste soll der in diesem Forum begonnene Dialog mit einer Folgeveranstaltung im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Petra Fuchs, Referat Grundsatzangelegenheiten und konzeptionelle Fragen der Integration Mehr Vielfalt in den Medien Tagung diskutiert Wege der Integration im Medienbereich Wie kann der Zugang von Migrantinnen und Migranten zu den Medien verbessert und dadurch mehr Vielfalt in der Berichterstattung erreicht werden? Mit dieser Frage befassten sich zahlreiche Experten aus Forschung und Medienpraxis vom 4. bis 6. Juli 2008 bei einer Fachtagung der Evangelischen Akademie in Loccum. „Mediale Integration bedeutet, dass ethnische Minderheiten diskriminierungsfrei in den deutschen Medien dargestellt werden“, erklärte Professor Horst Pöttker von der Universität Dortmund in seinem Eröffnungsvortrag. In der Regel würden Minderheiten jedoch mit negativen Stereotypen belegt. Eine stärkere Diversifizierung in den Medien ist seiner Ansicht nach nicht über die Regulierung von Inhalten zu Medienfachleute diskutierten die Frage, ob ein besserer Zugang von Migranten zu den Medien gefördert oder gefordert werden sollte. erreichen, sondern durch die Erhöhung des Migrantenanteils in den Redaktionen. Dieser liegt derzeit bei zwei bis drei Prozent. Für mehr Mut auf beiden Seiten plädierte Heinz Günther Clobes, Leiter der Grimme-Akademie. An Medienschaffende mit Migrationshintergrund appellierte er, sich nicht in Minderheiten- oder Nischenprogramme abdrängen zu lassen. Die Programmverantwortlichen forderte er zu einem Perspektivenwechsel auf. Es gelte, neue Programme und Inhalte zu entwickeln, welche die gesellschaftliche Wirklichkeit abbilden. Eine Expertenrunde diskutierte die zentrale Frage, ob der Zugang zu den Medien gefördert oder gefordert werden sollte. Übereinstimmung herrschte darüber, dass eine positive Diskriminierung von Migranten in Form von Quoten auf Dauer 27 Veranstaltungen nicht zielführend ist. Statt dessen sollten junge Zuwanderer stärker dazu ermutigt und qualifiziert werden, in Medienberufen zu arbeiten. Auf der anderen Seite sollten Medienunternehmen mit Nachdruck von den Vorteilen einer diversifizierten Programmund Personalpolitik überzeugt werden. Dass einige Medienunternehmen bereits Initiativen für mehr Vielfalt in ihren Programmen gestartet haben, zeigten die vorgestellten Good Practice Beispiele. So bemüht sich der WDR beispielsweise mit Projekten wie „Grenzenlos“ und „Raus aus den Nischen“ gezielt um die Rekrutierung und das Training von jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Und das ZDF erschließt sich mit seiner bislang einmaligen Internetsendung „Forum am Freitag“ das islamische Publikum als neue Zielgruppe. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge versucht durch eine Medienkooperation mit einem deutsch-türkischen Fernsehsender das Thema Integration stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Um die kommunikative Teilhabe von Zuwanderern zu verbessern, sind jedoch noch weiterreichende Anstrengungen notwendig. Das wurde in der abschließenden Podiumsdiskussion deutlich. Ein wichtiger Ansatzpunkt dabei ist die journalistische Ausbildung. Diese sollte weiter verbessert werden, damit komplexe und brisante Themen objektiv und sachgerecht vermittelt werden können. Die Veranstaltung ist Bestandteil der noch bis 2009 laufenden Tagungsreihe „Zukunftsfragen von Integration und Migration in Deutschland“, die von den Evangelischen Akademien in Deutschland und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt wird. Andrea Mack-Philipp, Referat Öffentlichkeitsarbeit Integration Zwei Jahrzehnte Politik für Aussiedler Seit 20 Jahren gibt es den Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung. Dieses Jubiläum hat der derzeitige Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Dr. Christoph Bergner, Anfang September 2008 zum Anlass genommen, auf einer Fachtagung in Berlin mit 200 Teilnehmern aus Wissenschaft und Praxis Bilanz zu ziehen. Die Ernennung des ersten Aussiedlerbeauftragten im September 1988 markiert den Beginn besonderer politischer Bemühungen der Bundesrepublik zur Unterstützung der Deutschen in den mittelosteuropäischen (MOE) Staaten und in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Seither wurden den deutschen Minderheiten in den Herkunftsgebieten der Aussiedler durch das Bundesinnenministerium Hilfen in Höhe von 970 Millionen Euro gewährt. Im Rahmen der Aussiedleraufnahme kamen in den letzten 20 Jahren ungefähr drei Millionen Menschen (ca. 800.000 aus den MOE–Staaten und ca. 2,2 Millionen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion) in die Bundesrepublik Deutschland. Eine besondere Herausforderung bei der Integration russlanddeutscher Spätaussiedler liege im weitge- 28 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gratuliert dem amtierenden Aussiedlerbeauftragten Dr. Christoph Bergner zum Jubliäum. Foto: BMI/Rickel henden Verlust der deutschen Sprache, erklärte der Aussiedlerbeauftragte bei der Tagung. Dieser Sprachverlust und Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Bildungsabschlüssen hätten Probleme bei der beruflichen Integration zur Folge, die durch fachliche und sprachliche Nachqualifizierungen überwunden werden müssten. Veranstaltungen Interkultureller Dialog auf Augenhöhe Nürnberger Tag der Integration im Zeichen kultureller Vielfalt Der interkulturelle Dialog und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft standen im Mittelpunkt des dritten „Tag der Integration“, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Stadt Nürnberg am 8. Juni 2008 mit zahlreichen Besuchern im Historischen Rathaussaal in Nürnberg feierten. Der dritte “Tag der Integration” in Nürnberg stand ganz im Zeichen von kultureller Vielfalt: (v.l.n.r) Regina Jordan, Abteilungsleiterin Integration beim Bundesamt; Nürnbergs OB Dr. Ulrich Maly; Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein; Dr. Albert Schmid, Präsident des Bundesamts und Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident. „Integration ist eine Gemeinschaftaufgabe, die sowohl Zuwanderern wie auch der Aufnahmegesellschaft Anstrengungen abverlangt und erarbeitet werden muss“, betonte der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Dr. Albert Schmid, zum Auftakt der Veranstaltung, die unter dem Motto „Kulturelle Vielfalt leben – interkulturellen Dialog fördern“ stand. Außerdem appellierte Schmid an die Zuwanderer, die deutsche Sprache zu lernen. Dass am Erwerb der deutschen Sprache kein Weg vorbeiführe, bekräftigte auch Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Er beklagte in seiner Rede die Tatsache, dass manche Zuwanderer nach zwei Jahrzehnten Aufenthalt in Deutschland noch immer nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügten. Der Oberbürgermeister plädierte aber auch dafür, die Sprache aus den Herkunftsländern anzuerkennen. Der frühere bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein hob hervor, dass für ihn Integration eine der großen Zukunftsaufgaben unserer Gesellschaft sei. „Wir fördern Integration, gleichzeitig fordern wir Integrationsbereitschaft ein“ sagte Beckstein. Parallelgesellschaften seien Gift für das Zusammenleben in unserem Land. Er kündigte eine Fortschreibung des bayerischen Integrationskonzeptes an, mit dem weitere Verbesserungen bei der Integration auf den Weg gebracht werden sollen. Ein wichtiger Schwerpunkt werde dabei die Stärkung der Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund sein. Der Dialog zwischen den Kulturen und die Frage, was dieser für die Integration der Zuwanderer bewirken kann, waren Thema einer Dikussionsrunde mit dem Titel „Dialog der Kulturen: miteinander oder doch aneinander vorbei?“. Die Teilnehmer, neben Nürnbergs Oberbürgermeister und dem Präsidenten des Bundesamtes auch die Vorsitzende 29 Veranstaltungen der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Bayerns, Mitra Sharifi-Neystanak, und der Vorsitzende des Nürnberger InterForums, Adil Kaya, waren sich einig, dass in den letzten Jahren ein intensiver Dialogprozess zwischen Vertretern der deutschen Mehrheitsgesellschaft und Migrantenorganisationen in Gang gesetzt wurde. Wichtige Voraussetzungen für den Erfolg dieses Dialogs sei jedoch, dass man sich auf Augenhöhe begegne, sich gegenseitig respektiere und aufeinander zubewege, wie Moderatorin Anna Koktsidou resümierte. Umrahmt von deutsch-türkischer Musik standen schließlich die Gewinner des Fotowettbewerbs „Gemeinsam leben – Kul- Die Nürnberger Kindergruppe „Kalinka“ präsentierte russische Volkstänze. turen begegnen sich“ im Rampenlicht. Zu dem Wettbewerb, den das Bundesamt gemeinsam mit der Stadt Nürnberg und den Nürnberger Nachrichten durchgeführt hatte, waren rund 80 Bei- träge eingegangen. Die besten Einsendungen wurden mit Geldund Sachpreisen ausgezeichnet. Andrea Mack-Philipp, Referat Öffentlichkeitsarbeit Integration Aufklärungsarbeit beim Niedersachsentag Rund 160.000 Besucher kamen Anfang Juli 2008 nach Winsen an der Luhe, um dort den 28. Tag der Niedersachsen zu feiern. Etwa 6.000 Aktive aus 120 Vereinen und Insititutionen präsentierten auf den Straßen und Plätzen ein vielfältiges Programm. Mit dabei war auch das Bundesamt für MigraWolfgang Söthe, Leiter der Regionalstelle des Bundesamtes tion und Flüchtlinge, in Hamburg (2. von links), konnte prominente Gäste, wie den das – mit Unterstützung niedersächsischen Ministerpräsident Christian Wulff (2. von rechts) und Sängerin Vicky Leandros (rechts), am Infostand des durch die RegionalBundesamtes begrüßen. stelle Hamburg - durch vertreten wurde. An einem Infordie beiden niedermationsstand konnten sich die sächsischen Regionalstellen zahlreichen Besucher, darunter Oldenburg und Braunschweig 30 auch viele prominente Gäste, einen Überblick über das Aufgabenspektrum der Behörde verschaffen. Dabei stand die Aufklärung über die gesamtgesellschaftliche Bedeutung einer gelungenen Integrationsarbeit im Vordergrund. Somit konnte ein wichtiger Beitrag zur Information und Öffnung der Aufnahmegesellschaft für das Thema Integration geleistet werden. Wolfgang Söthe, Regionalstelle Hamburg Literaturhinweis Integration durch interkulturelle Öffnung Manfred Budzinski (Hg.) (2008): Interkulturelle Öffnung in öffentlichen Verwaltungen und Wohlfahrtsverbänden. Bad Boll: edition akademie Band 21 (150 Seiten, 13 Euro). Mit dem Thema „Interkulturelle Öffnung in öffentlichen Verwaltungen und Wohlfahrtsverbänden“ startete im vergangenen Jahr die Veranstaltungsreihe „Zukunft von Integration und Migration in Deutschland“, die von den Evangelischen Akademien in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt wird. Jetzt ist die Dokumentation der Auftaktveranstaltung erschienen. Interkulturelle Öffnung (IKÖ) ist eine wesentliche Rahmenbedingung für den Integrationsprozess im Zuwanderungsland Deutschland. Sie hat Auswirkungen auf Personal, Struktu- ren und Handlungsprozesse und führt zu Veränderungen in Aufbau und Abläufen von Institutionen. Die Tagung wurde von der Frage geleitet, wie Institutionen auf die wachsende Komplexität interkultureller Anforderungen reagieren können, welche Strategien zu einer erfolgreichen Umsetzung von IKÖ führen und welche Schritte bisher unternommen wurden. Ziel der Tagung war es somit, einen Überblick über aktuelle Praxisansätze zu geben und aufzuzeigen, wo Handlungsbedarf besteht und wie dieser befriedigt werden kann. Dr. Peter Schimany, Internationale Forschungskontaktstelle Deutsch-italienischer Erfahrungsaustausch Die Integrationspolitik der EU ist ein vieldiskutiertes und komplexes Thema, da die Struktur der Migranten sehr differenziert ist. Ein konkreter Vergleich zweier Länder mit unterschiedlicher Migrationsgeschichte kommt in der internationalen Betrachtung häufig zu kurz. Diese Lücke will das Buch „Vom Einwanderer zum Mitbürger. Erfahrungen in Deutschland und Italien“ schließen. Übereinstimmungen und Unterschiede sollen aufgezeigt, exemplarisch die unterschiedlichen Umgangsweisen mit Sprache, Schule, Ausbildung, Beruf, Wohnung und dem Wohnumfeld der Migranten untersucht und politische Strategien verglichen werden. Während Italien über 150 Jahre lang Arbeitskräfte in die Industriestaaten der ganzen Welt schickte und erst seit den siebziger Jahren selbst zum Aufnahmeland wurde, blickt Deutschland auf eine lange Geschichte als Einwanderungsland zurück. Mit einem umfassenden Vergleich zwischen den beiden Ländern auf der Basis von statistischen Daten, Studien und politischen Positionen will das zweisprachige Buch zu weiteren Diskussionen anregen. Der Tagungsband ist als Printversion und als Download unter www.bamf.de / Publikationen zu beziehen. Andrea Diroll, Praktikantin im Referat Öffentlichkeitsarbeit Integration Deutsche Botschaft, Rom – Caritas Italiana. In Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung, Rom und dem Dossier Statistico Caritas/Migrantes: Vom Einwanderer zum Mitbürger. Erfahrungen in Deutschland und Italien. Integration von Migranten, ihren Familien und jungen Menschen. Edizioni Idos Rom, Februar 2008. 131 Seiten. 31 Kurz notiert Online-Diskussion Am 8. Dezember 2008, dem islamischen Opferfest, wurde der Startschuss für die neue Webseite der Deutschen Islam Konferenz (DIK) gegeben. Auf www.deutsche-islam-konferenz.de finden jetzt alle Bürger Informationen rund um die DIK, ihre Arbeit und ihre Ergebnisse. Herzstück der Webseite ist die Online-Diskussion. Sie bietet erstmals allen Bürgern die Möglichkeit, sich lebhaft und sachlich an der Diskussion über Themen der DIK online zu beteiligen. Diese Beteiligungsmöglichkeit steht für die Offenheit des Dialogprozesses zum Islam in Deutschland und kann dessen Akzeptanz maßgeblich fördern. Migration und Gesundheit Menschen mit Migrationshintergrund weisen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung oft Unterschiede in der gesundheitlichen Situation oder im Gesundheitsverhalten auf. Bisher gab es jedoch keine Möglichkeit, mehr über dieses Thema zu erfahren. Nun ermöglicht eine im Rahmen des EU-Projekts MIGHEALTHNET von der Universität Bielefeld entwickelte Internetplattform www. mighealth.net/de Forschern, Praktikern, Politikern und der interessierten Öffentlichkeit sich miteinander zu vernetzen und Informationen zum Thema Migration und Gesundheit auszutauschen. Darüber hinaus bietet die Plattform auch Informationen für spezielle Gruppen, wie Flüchtlinge und Asylbewerber, nichtgemeldete Migranten, Kinder und Jugendliche. Internetlinks > Mehrsprachigkeit: www.blk-foermig.uni-hamburg.de: Alles über das Modellprojekt „Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ www.streitfall-zweisprachigkeit.de: Dokumentation einer Tagung vom 19./20. Oktober 2007 in Hamburg www.integration.at/forum/viewtopic. php?f=6&t=943 Günther Simonitsch/ Gudrun Biffl, „Bildung und Sprache“ ec.europa.eu/education/languages/news/news1669_ en.htm Wettbewerbsfähigkeit durch Sprachkenntnisse; Empfehlungen des Wirtschaftsforums für Mehrsprachigkeit bei der Europäischen Kommission; > Projekt „FORUM-Young Migrant Talents“: www.young-migrant-talents.org > Kooperationsvereinbarung der Beratungsdienste in Schleswig-Holstein: www.awo-sh.de/migration/IntegrationsCenter Impressum Blickpunkt Integration Quartal 03/2008 Erscheinungsweise vierteljährlich Herausgeber: Preis Politische Bildung Im Rahmen der Aktionstage Politische Bildung im Frühjahr 2009 verleiht der Bundesausschuss Politische Bildung (bap) erstmals einen mit insgesamt 15.000 Euro dotierten „Preis Politische Bildung“. Die Auszeichnung soll künftig alle zwei Jahre mit einem wechselnden thematischen Fokus vergeben werden. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf Projekten und Veranstaltungen, die sozial- und bildungsbenachteiligte Menschen mit Migrationshintergrund mit der demokratischen Kultur vertraut machen und so zur Partizipation anregen. Einsendeschluss der Bewerbungen ist der 31. Dezember 2008. Weitere Informationen gibt es unter www.bap-politischebildung.de. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 90343 Nürnberg Redaktion: Dr. Oliver Steinert (verantwortlicher Leiter) Andrea Mack-Philipp Katja Carstens Jan Entrich E-Mail: info.buerger@bamf.bund.de Internet: www.integration-in-deutschland.de Layout: Gertraude Wichtrey Druck: Bonifatius GmbH Druck-Buch-Verlag Karl-Schurz-Str. 26 33100 Paderborn Auflage: 7500 Exemplare 32
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