Vorwort
eletzte Gabe, die Ernst von Wildenbruch
seinem Volk bestimmt hatte, wird in dieser
Sammlung geboten: den im Laufe von dreißig
Jahren in Zeitungen und Zeitschriften ver—
offentlichten, bedeutsamen Außerungen des
Dichters zu den verschiedensten ihn und sein
Volk bewegenden und erregenden Fragen.
Er selbst hat sie vorbereitet. Die letzte sichtende Hand daran zu
legen verwehrte ihm das Schicksal. Seine Witwe und der Unter⸗
zeichnete sind in gemeinsamer Arbeit bemüht gewesen sein Ver—
mächtnis zu erfüllen.
„Blätter vom Lebensbaum“ — diesen Namen hat er
noch geprägt — sind es, aber nicht herbstlich fallendes Laub,
das von erlöschendem Leben Kunde gibt, sondern starke, aus
den tiefsten und saftreichsten Wurzeln und Zweigen zum Licht
drängende Triebe, die genau so wie die Früchte dieses Bau—
mes, seine Dichtungen, von rastlos treibender Lebens⸗ und
Schöpferkraft zeugen. Die Geschlossenheit und zugleich Mannig—
faltigkeit dieser Lebensäußerungen aus drei Jahrzehnten — hier
zum erstenmal als ein Ganzes überschaubar — wird, glaube
ich, vielen, wenn nicht den meisten Ernst von Wildenbruchs
Persönlichkeit von einer ganz neuen Seite, ja geradezu von
einer höheren Bedeutung erscheinen lassen.
Was Wildenbruch als Dichter war und sein wollte, das
haben wir ja wohl alle mehr oder minder deutlich empfunden
und zu würdigen dewußt. Doch was er als Charakter, als
Mann und Mensch für sein Volk und seine Zeitgenossen, für
seine Freunde und seine Gegner bedeutete, welch ein Schatz
und Schutz das Dasein dieser treuen, tapferen, unerschrockenen
Persönlichkeit an sich für das deutsche Volk und seine Fürsten
in diesem Zeitalter war und welch unersetzlichen Verlust alles,
was deutsch sich nennt, durch seinen Heimgang erlitten hat, das
wird vielleicht vielen mit ehrfürchtigem Schauer erst zum klaren