Ansprachen
anläßlich der Einführung des Herrn Polizeipräsidenten Grzesinski
am 14. Mai 1925.
Minister Severing :
Jlachdem das Preußische Staatksministerium Sie, Herr Poli-
zeipräsident, zum Polizeipräsidenfen. ernannt hat, ist es mir heute
eine angenehme Pflicht, Sie in Ihren neuen Wirkungskreis einzu-
führen und Sie bei dieser Gelegenheit im Namen des Preußischen
Staatsministeriums in diesem Wirkungskreis willkommen zu heißen.
Zugleich drängt es mich, Ihnen, Herr Bizepräsident, den Dank der
preußischen Stkaatsregierung zu erstatten für die vorbildliche Vertre-
tung, die Sie in den lezten Wochen für den Polizeipräsidenten ge-
leistet haben. I< kann nur wünschen, daß der frische Zug, den
Sie in den lezten Wochen durch Ihre Präsidentenschaff in das Amt
gebracht haben, sic möglichst lange erhalten möge. Id bin über-
zeugt, daß das auch der beste und lebendigste Dank für Sie sein
wird. Ihre Ernennung, Herr Polizeipräsident, ist von einem Teil
der Presse nicht gerade ungekfeilt und unbestritten aufgenommen
worden. Sie dürfen sich aber damit trösten, daß alle Männer, die
heute im öffentlichen Leben stehen, scharf umstritten werden. Und
ic habe erfahren, und diese Erfahrung darf auch für Sie eine
Ark Trost sein, daß eine Vorschußkritik immer no< leichter zu er-
tragen ist als Vorschußlorbeer. Im übrigen darf ich darauf auf-
merksam machen, daß die kritischen Bemerkungen über Ihre Ernen-
nung wohl in erster Linie und nicht zumeist Ihrer Person und
fünftigen Amtsführung gegolten haben, sondern zuerst der Stelle,
die Sie zum Polizeipräsidenten ernannt hat. Man hat diese Stelle
angegriffen, daß wieder ein Nichkfahmann an die Stelle eines her-
vorragenden Verwaltungsbeamten, eines politischen Beamten gekom-
men sei. Man hat dieser Stelle vorgeworfen, daß sie nicht. nach
beruflicher Tüchtigkeit, nicht nach hervorragender Allgemeinbildung,
sondern nac< dem Parteimitgliedsbuche die Stelle vergeben habe.
Dazu möchte ich folgendes sagen : Ich habe als NMüinister des Innern,
als der Polizeiminister, der die Aufgabe hakt, für Ruhe ünd Ordnung
zu sorgen, die Verpflichtung, die staatspolitkische Verpflihkung, mög-
lichst alle Bevölkerungsschichten an der Berantwortung für den
Sfaat teilnehmen zu lassen. Das ist niht möglich dadur<, daß man die
Angehörigen einer bestimmken Schicht zu Ehrenmitgliedern ernennt,
die sonst passiv sind, das ist nur dadurch möglich, daß man alle
Gesellichaftskreise an der lebendigen Berantworkung am Staate
beteiligt, also daß man Repräsentanten dieser Schichten in den