Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ctatsjahr 1912.
M 10
Werictzt über die käötifche WLinöenpfl'eae.
I. Die Blindenschule.
. wöchentlich 10 Stunden,
- je 24
;e 2
90
24
10
20
- und
1. Das L e h r p e r s o n a l.
An der Blindenschule unterrichten:
der Direktor .......
zwei ordentliche Lehrer . .
zwei ordentliche Lehrerinnen . . .
eine mit der Verwaltung der Vor
schulklasse beauftragte Volksschul
lehrerin, die auch die .Kinder
gärtnerin-Prüfung abgelegt hat .
eine technische Lehrerin
ein Musiklehrer
Unter Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung (vom
26. September 1912 — Protokoll 29 6 9 —) wurde der Direktor der
Posenschen Provinzialblindenanstalt Niepel aus Bromberg als Nach
folger des verstorbenen Direktors.St u11 berufen und am 10. Oktober
durch Stadtschulrat Dr Fischer im Beisein des Dezernenten der
Beschäftigungsaustalt, Stadtverordneten Schulze, und mehrerer Depu
tationsmitglieder und des Lehrkörpers feierlich in sein Amt eingeführt.
Bis zu diesem Zeitpunkt führten die Vertretung Blindenlehrer Maaß
und vom 1. Juli 1912 ab die Lehrerin Fräulein Kirchner, während
der im städtischen Gemeindeschuldienst stehende Blindenlehrer Bosdorf
in gleicher Weise wie im Vorjahr tätig war.
Der Gesundheitszustand ' der Lehrenden war bis auf eine Er
krankung des Herrn Maaß gut: die Vertretung übernahm auch in
diesem Falle, von, 14. bis 27. Oktober, Herr Bosdorf.
2. Frequenz.
Unsere fünf Schulklassen und die Vorschule ivurdcu im Winter
semester 1911 von zusammen 73 Schulkindern besucht, und zwar von
42 Knaben und 31 Mädchen. Zur Entlassung kamen 5 Knaben und
5 Mädchen. <Bon ihnen traten 3 Knaben und 2 Mädchen zur Fort
bildungsschule, bezw. zum Stuhlflechtkursus über.) Im Laufe des
Jahres wurden 3 Knaben und 4 Mädchen neu aufgenommen, so daß
sich die Frequenz der 5 Schulklassen und der Vorschulklasse bei Beginn
der Halbjahre wie folgt gestaltete:
Klasse
Sommerhalbjahr
Winterhalbjahr
Knaben
Mädchen.
Knaben
Mädchen
I
6
4
6
4
II
7
4
8
4
III
5
8
7
7
IV
i;
4
6
5
V
9
5
. 10
6
Vorschulklasse
4
1
8
4
zusammen
37
26
45
30
63
75
3. Unterricht, Lehrmittel, S ch n l z n ch t.
Die bisherige Lage der Unterrichtsstunden wurde beibehalten.
Der Unterricht wurde im Sommerhalbjahr von 8—12 Uhr und im
Winterhalbjahr von 9—1 Uhr abgehalten: nur der Musikunterricht
fand an den Nachmittagen statt.
Die Verteilung der wöchentlich 24 Unterrichtsstunden war nach
Maßgabe des genehmigten Lehrplanes folgende:
Nr.
Unterrichtsgegenstände
Wöchentliche Stundenzahl
in Klasse
t 1 i7 Tti'Tirl Tr 1 «tnbcvoarlm
I | 11 1111] IV i V I «Vorschulklasse)
1
Religion inkl. Konfirmanden-
unterricht
2 2 3 4 4 2
2
Lesen und Deutsch
4 5i 4 6 6 5
3
Schreiben der Heboldschrift
1 ] _
4
Anschauungsunterricht....
■ — 2 2 2 3
5
Rechnen
3 3 4 4 4 3
6
Raumlehre und Zeichnen . .
2 2 1 —
7
Naturkunde
2 1 — -— —j —
8
Heimatkunde
2 2
9
Erdkunde
2 2 ' —
10
Geschichte
2 2 —
11
Turnen .
2 2 2 2 2 3
12
Modellieren, Flechten, Stricken
2 2 4 2 4 2
13
Gesang
2 2 2 2 2 4
14
Bauen
— 2
zusammen
24 24 24 ; 24? 24 24
i 1 ;
Kombinationen:
zu Nr. 11 Turnen: die Knaben der Klaffen 1—III,
zu Nr. 12 Modellieren und Flechten: die Knaben der Klaffen l—II,
Stricken: Mädchen der Klassen I— III,
zu Nr. 13 Gesang: die Klassen I—III.
Der Musikunterricht (wöchentlich 20 Stunden), welcher sich auf
Klavierunterricht erstreckte, und an weichem 10 Schüler und Schülerinnen
teilnahmen, wurde außerhalb des Schulunterrichts in den Nachmittags
stunden erteilt; die Angehörigen der Kinder sorgten für deren Zu
führung zum Unterricht.
Der Konfirmandenunterricht wurde von dem Pfarrer der Jakobi-
kirchc, Herrn Dr. Hachmeister, erteilt. Es nahmen an diesem Vor
bereitungsunterricht 12 Schüler und Schülerinnen teil. Sie wurden
zu Ostern gemeinsam mit den Waisenmädchen, ihren täglichen
Führerinnen, eingesegnet. Auch in diesem Jahre erhielten sie als
Mitgabe für ihren ferneren Lebensweg ein Kirchenliederbuch in Blinden
schrift vom Königlichen Provinzialschulkollegium.
Die unterrichtlichen Erfolge hielten sich aus der bisherigen Höhe.
Versetzungen fanden einmal im Jahre und zwar zu Ostern statt.
Ter Lehrmittelapparat wurde nach Maßgabe der im Etat hier
für ausgeworfenen Mittel iveiter ergänzt und in gutem Zustande
erhalten.
Der Schule wurden im Souimerhalbjahr zweimal wöchentlich
blühende Pflanzen aus dem städtischen Schulgarten geliefert. Dieselben
fanden im Botanikuntcrricht der oberen Klassen und im Anschauungs
unterricht der unteren Klassen gute Verwendung.
Die Schülerbibliothek wurde im Laufe des Jahres um ca. 150
Bände bereichert. Sie wurden von Herren und Damen in und außer
halb Berlins handschriftlich übertragen und kostenlos zur Verfügung
gestellt. Die Anstalt lieferte das Papier und besorgte den Einband.
Die Bibliothek zählte am Schlüsse des Jahres 841 verschiedene
Werke mit etwa 2 700 Bänden. Sie wurde fleißig benutzt von den
Schülern und Schülerinnen der oberen Klassen der Blindenschule, von
dem größten Teile der erwachsenen Blinden der Beschäftigungsanstalt
und von ca. 45 außerhalb der Anstalt in Berlin lebenden Blinden.