Nr. 40. Städtische Markthallen.
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Mit dem Verkauf wurde eine größere Zahl von hiesigen See-
fischhandlungcn beauftragt. Wir legten großen Wert darauf, die er
forderlichen Verkaufskräfte gerade diesen" Kreisen zu entnehmen, weil
wir sie für unsere Absichten zu interessieren wünschten, den Betrieb
Fachleuten anvertrauen und denselben einen kleinen Gewinn zu
kommen lassen wollten. Auf diese Weise glückte es auch, eine Schädi
gung des Handels durch unser Konkurrenzunternehmen zu ver
meiden.
Zur Sicherung des Publikums, der Verwaltung und des Be
triebes wurden für die Verkäufer besondere Vorschriften erlassen,
deren Befolgung ihnen zur unumgänglichen Pflicht gemacht und
deren Innehaltung ron den Markthalleninspckiionen gefordert und
überwacht wurde. Es wurde streng darauf geachtet, daß nur die
von der Verwaltung gelieferten Fische zum Verkauf kamen und
nicht Ware anderer Herkunft unter sie gemischt wurde. Tie Händler
waren ferner verpflichtet, keine höhere, als die amtlich festgesetzten
und bekannt gemachten Preise, weder zu sordern, noch anzunehmen.
Zur Aufklärung und Unterrichtung des Publikums über die Zu
bereitung ron Seefischen hatten die Verkäufer jedem Käufer ein Exem
plar der vom Verein der Fischhändler von Großberlin heraus
gegebenen Kochrezepte zu übergeben.
Für unser Unternehmen konnten nur >vohlseilerc Fischsorten
in Betracht kommen. Schellfisch, Kabeljau, Seelachs und Schollen
kamen regelmäßig, Goldbars und Rotzungen oft auf den Markt. Es
wurde auch versucht, noch andere billige Fischarten einzuführen und
zu diesem Zweck probeweise ein Ankauf von Dorsch, Lemante und
Lengfisch veranlaßt. Diese Sorten fanden aber keinen Anklang, von
ihrem weiteren Bezüge mußte daher Abstand genommen werden.
Verkaufsstellen wurden bei Eröffnung des Betriebes zunächst
in folgenden sieben Markthallen eingerichtet:
In der Markthalle VII, Dresdener Straße,
- - - VIII, Andreasstraße,
- - - IX, Pücklerstraße,
- - - X, Arminiusplatz,
- - - XI, Marheinekeplatz,
- - - XIII, Wörther Straße und
-- - - XIV, Reinickendorfer Straße.
Da sich bald darauf ein Bedürfnis nach weiteren Verkaufs
stellen in anderen Stadtteilen herausstellte, rraten
am 26. Oktober 1911
die Markthalle IV, Dorotheenstraße,
und - - V. Magdeburger Platz
und am l. November 1011
die Markthalle VI, Ackerstraße,
hinzu.
Hiermit waren sämtliche Hallen mit Ausnahme der Zentral
markthallen und der Markthalle II, die wegen Platzmangels nicht in
Frage kamen, an dem städtischen Seefischverkauf beteiligt.
In der Markthalle IV wurde der Verkauf wegen mangelnder
Nachfrage am 9. November 1911 wieder eingestellt.
Die Zahl der Verkäufer war anfänglich recht bedeutend. In
ollen zehn Markthallen waren beim Beginn des Unternehmens
65 Händler für uns tätig. Als sich aber der erste Ansturm gelegt
und der Verkehr einen "zwar geringeren, aber bestimmteren Um
fang anzunehmen begann, schied der überflüssige Teil der Verkaufs
kräfte mit der Abnahme des Umsatzes nach und nach wieder aus.
Mit Beginn des Jahres 1912 belief sich ihre Zahl auf etwa 30 Per
sonen. iSeit dein 5. März waren noch 29 vorhanden, und zwar
in Markthalle V 2 Verkäufer,
VI 2
- - VII 1
- - VIII 4
- - IX 4
- - X 6
XI 3
- XIII 4
- - XIV 3
Am günstigsten war das Geschäft in der Markthalle X, in der
zuletzt noch 6 Händler tätig waren. Auch in den Hallen VIII bis
XI, XIII und XIV mit je 3 bis 4 Verkäufern wurden ganz annehm-
barc Umsätze erzielt. In den Markthallen V und VI fanden dagegen
nur je 2 Verkäufer ausreichende Beschäftigung, und in der Markt
halle VII, die doch für unsere Zwecke sehr günstig belegen ist, weil
in ihrer Umgebung eine zahlreiche Bevölkerung aus den einfacheren
Kreisen wohnt, war schließlich nur noch einer vorhanden. Besonders
in dieser Halle wurde unS allerdings an unseren Verkaufstagen von
Standinhabcrn durch Preisunterbietung Konkurrenz gemacht, llnsere
Absicht, den Einwohnern Berlins billige Fische zugänglich zu machen,
wurde von diesen Händlern natürlich nur gefördert.
Der Verkauf fand in der Zeit vom 10. Oktober 1911 !bis ein
schließlich 2. Juli 1912 an insgesamt 63 Tagen statt. In der Zeit
vom 14. Dezember bis 3. Januar wurde er mit Rücksicht lauf das
Karpfengeschäft in der Weihnachts- und NeujahrSwochc ausgesetzt. Mit
dem 2. Juli wurde er Pis auf weiteres eingestellt, weil bcr Stadl-
Zemeinde die zur Erhaltung der Fische während der heißen Jahres
zeit notwendigen Konservierungseinrichtungen nicht zur Verfügung
stehen.
Der Gesamtumsatz stellte sich an allen 68 Verkaufstagen wie
folgt:
Es wurden
insgesamt
Zentner
durchschnittlich
pro Verkaufstag
Zentner
angeliefert
7 999,si
117,oi
davon verkauft ....
7 370,os
108,38
- nicht verkauft . .
629,7»
9,23
In den einzelnen Monaten stellte sich das Ergebnis folgender
maßen :
M onat
Anfuhr
Verkauf
Rückstände
Zentner
Zentner
Zentner
a) insgesamt:
Oktober 1911
1 804,oo
1 585,39
218,61
November
1 331,75
1 141,12
190,63
Dezember*)
379,«o
337,30
42,30
Januar 1912
585,35
538,72
46,63
Februar
706,70
688,59
18,11
März
700,79
677,13
23,66
April
779,10
743,59
35,51
Mai
789,82
( d3 / 75
36,07
Juni
819,70
802,50
17,20
Juli
103,oo
101,93
1,07
Zusammen
7 999,81
7 370,02
629,79
b) in den einzelnen
Monaten durchschnittlich
pro Vcrkaufstag:
Oktober 1911
300,66
264,23
36,43
November
147,97
126,79
21,18
Dezember
94,90
84,33
10,57
Januar 1912
73,17
67,3t
5,33
Februar
78,52
76,5i
2,01
März
87,60
• 84,61
2,96
April
97,39
92,95
4,41
Mai
112,83
107,68
5,15
Juni bis 2. Juli
102,52
100,49
2,03
Im ersten Monat (Oktober 1911) war der Andrang zu dem
städtischen «eefischverkauf, wie bei allen neuen Unternehmungen
größeren Stils, über Erwarten stark. Nach der am Schluffe des
Jahresberichts abgedruckten Zusammenstellung der Ergebnisse der
einzelnen Verkaufstage (Tabelle 4> wurden in diesem Monat 238,
242, 297, 270, 309 und 227 Zentner an jedem Verkaufstage ab
gefetzt. An den ersten vier Tagen blieben auch nur geringfügige Ai engen
unverkauft, weshalb von den Verkäufern, die von dem Geschäft sehr
befriedigt waren, große Bestellungen gemacht wurden. Aber schon
am 25. und 26. Oktober erfüllten sich ihre Erwarningcn nicht mehr,
an diesen beiden Tagen blieben bei einer Zufuhr von 398 bzw.
329 Zentnern rund 89 bzw. 102 Zentner oder22,3 v. H. bzw. 30,s v. H.
unverkauft. Ter letzte Verkaufstag dieses Monats wies auch bereits
einen ganz bedeutenden Rückgang des Umsatzes selbst, und zwar
von 309 auf 227 Zentner auf. Der Monat November gestaltete sich
immer ungünstiger, ani 30. November konnten z. B. nur 86 Zentner
bei einem Rückstand von rund 52 Zentnern abgesetzt werden. Die
Schuld an diesen Verhältnissen tragen hauptsächlich die Preise, die
in den Wintermonaten allgemein hoch sind. In dieser Zeii ist die
Nachfrage nach Seefischen stets besonders groß, die Preise ziehen
daher, zumal häufig Warenniangel herrschte, stark an. Die Folge
war, daß auch wir für gute und frische Ware viel Geld anlegen
mußten, und daß die weniger bemittelte Bevölkerung dem städtischen
Seefischmarkt fernblieb.
Im Dezember und Januar gingen die Umsätze noch weiter
zurück. Die Fangergebnisse blieben infolge der häufigen Stürme
und Nebel auf See hinter dem Bedarf oft zurück, so daß die be
stellten Mengen mehrfach nicht gedeckt iverden konnten. Unser Geestc-
münder Vertreter hatte an solchen Tagen große Mühe, innerhalb der
ihm gezogenen Grenzen Ware zu bekommen. Vorübergehend mußte
sogar in eine Ueberfchreitung der Maximaleinkaufspreise gewilligt
werden. Unter diesen Umständen blieb natürlich ein großer Teil
der Käufer aus.
In der ani Schluffe beigefügten Zusammenstellung Nr. 5 geben
wir eine genaue Nachwcimng der in den einzelnen Markthallen an
jedem Verkaufstagc abgesetzten und unverkauft gebliebenen Mengen.
Ueber die für die einzelnen Verkaufstage festgesetzten Preise gibt die
•) In bcr zweiten Dezemberhälfte wurde der Verkauf mit Rücksicht auf
das Karpfengeschäft in der Weihnachts- und Neujahrswoche ausgesetzt.