Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ctatsjahr 1911.
M 26.
Wericht 6er Deputation zur Werwattung des Kestnöebet'ohnungs-
unö Hlnterstützungsfonös.
Das Benoaltungsjahr 1911 war für die Anstalt ein be
deutungsvolles. Am 1. April 1911 bestand das Gesindehospital in
der .Koppenstraße 50 Jahre. Dieses Ereignis gab Gelegenheit zu
einer durchgreifenden Aenderung des seit dem Jahre 1864 geltenden
Statuts.
Schon lauge wurde die Beitragspslicht der Dienstboten, bei
jedesmaligein Tienstwechsel einen sogenannten Gesindeschein für
50 3) zu lösen, also damit zur Unterhaltung des Gesindebelohnungs-
sonds beizutragen, als eine Ungerechtigkeit und Härte empfuitden,
die dadurch zum Ausdruck kam, daß sich die Dienstboten dieser
Verpflichtung mehr und mehr entzogen. Dabei war die Summe
der Beiträge im Lause der Jahre ständig zurückgegangen, so daß
die Deputation schon seit längerer Zeit das Hospital nicht voll be
setzen konnte, weil zuerst die einmal bewilligten Barunierstützungen
fort gezahlt Iverden inußten. Ebenso wurde das der Anstalt nach den:
alten Statut zustehende Erbrecht auf die Hinterlassenschaft der
Hospitalitinnen häufig lästig, insofern die Bewerberinnen sich sträubteil
auf das Versügungsrccht über ihre Ersparnisse schon bei der Aus
nahme zu verzichten und lieber ihre Bewerbung zurücknahmen, um
den meistens in kleinen Verhältnissen lebenden Verwandten die An-
lvartschaft auf die Hinterlassenschaft nicht zu entziehen. Das Be
streben der Verwaltung mußte also hauptsächlich dahingehen, diese
beiden Mängel, die Beitragspflicht der Dienstboten und das Erb
recht des Hospitals aus dem Statut zu beseitigen, um dadurch
zugleich die Anstalt zu einer reinen Wohltätigkeits- und Belohnungs
anstalt zu machen. In der neuen Satzung ivar aber auch bcn
neueren Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen. Es mußten die Be
dingungen für die Anwartschaft auf Unterstützung bziv. Ausnahme
in das Altersheim (Hospital) herabgesetzt und das Verpflegungs
geld erhöht werden. Ferner inußte die Bestimmung aus dem alten
Statut beseitigt werden, wonach ein Drittel der jährlicheil Bei
träac ru Barunterstützungen zu verwenden man um in Zukunft
zuerst das Altersheim füllen und unterhalten zu können. Eine
weitere Aenderung erschien zweckmäßig, nämlich die männlichen
Dienstboten von den Vorteilen der Anstalt auszuschließen, weil von
ihnen in den letzten 10 Jahren und länger kaum noch Beiträge
gezahlt worden sind, auch der letzte männliche Unterstützte bereits
im Jahre 1906 verstorben ist. Endlich erschien es ratsam, in die
neue Satzuilg, für welche die Königliche Genehmigung noch __ er
forderlich war, solche ilur für den Fall der Aufhebung der Anstalt
oder der Aenderung ihres Zweckes vorzusehen, für andere Aenderungen
der Satzung, auch wenn sie die Versorgung im Altersheim wegen
veränderter Zeitverhältnisse auflieben sollte, es bei der Genehmigung
durch den Dberpräsidenten genügen zu lassen. Tie übrigen Aende
rungen des alten Statuts waren unwesentliche und mehr redaktio
neller Art.
Pie in diesen: Sinne ausgearbeitete neue Satzung fand die
einhellige Zustimmung der städtischen Behörden und, am 31. Januar
1912, auch die landesherrliche Genehmigung. Sie ist an: 1. April
1912, also mit Beginn des neuen Verwaltungsjahres in Kraft
getreten. Mit Tank' müssen wir auch an dieser Stelle hervorheben,
daß die Aenderung nicht möglich gewesen wäre, wenn die städtischen
Behörden mit ihrer Zustimmung nicht sogleich den Einnahmeausfall
gedeckt haben würden. Dies ist geschehen durch die hochherzige Be
willigung eines unverzinslichen Darlehns von 500 000 .M auf die
Dauer von 20 Jahren, und damit dürfte für diese Zeit der Fort
bestand unserer Anstalt in ihrem jetzigen Umfange gesichert sein.
Da mit Ablauf des Verwaltungsjahres also die Verkaufsstellen
für die Gesindescheine überflüssig geworden, so sei auch den In
habern derselben hier für ihre Mühewaltung gedankt. Besoichers
gedenken müssen :oir noch der Blenge von Arbeit, die bisher von
der städtisckM Verwaltung bei der Einziehung der Beiträge und
der, welche von der Königlichen Polizei bei den Recherchen soivohl
nach den verzogenen Dienstboten als auch über die Lewerbermnen
in den einzelnen Revieren sowie vom Einwohnermeldeamt ftir
unsere Anstalt geleistet worden ist. Hiervon verbleiben nach der
neuen Satzung zwar nur die Recherchen über die Bewerberinnen, wir
:nöchten jedoch mft unserem Dank zugleich den Wunsch aussprechen,
daß diese auch in Zukunft in der bisherigem, gefälligen und blinkt
lichen Weise ausgeführt werden.
Das fünfzigjährige Bestehen des Gesindehospitals (jetzt Alters
heim) wurde am 2. 'April in einfacher, :vürdiger Weise in: Kreise
der Insassinnen durch einen Festakt mit Gottesdienst gefeiert; es
waren dazu je fünf Mitglieder des Magistrats und der Sradtver-
ordnetenversamntlung deputiert und eine Anzahl der Prüfungs
konmnssare sowie die Mitglieder der Deputation fast vollzählig
erschienen. Von letzteren hatten zur dauernden Ausschmückung der
Kapelle Herr Stadtrat P a n o s s k y die Büsten des Kaiserpaares
und Hem Bürgerdeputterter Schreber das Bild Kaiser Wilhelms!,
gestiftet. Die städttschen Behörden hatten 5000 M für diese Feier
bewilligt, die zum Teil zur Renovierung und festlichen Aus
schmückung des Altersheims und anderenteils zur Aufbessern:^ der
Verpflegungsgelder derjenigen Insassinnen, welche keine Alters- und
Invalidenrente beziehen, verwendet nn:rden.
A. Allgemeine Verwaltung.
1. An Stelle des verstorbenen Polizeidirektors lauter ist
Herr Polizeirat Stephan vom Königlichen Polizeipräsidenten de
putiert worden.
2. Von den Prüsungskommissaren ist im Lause des Berichts
jahres Herr Kaufmann Mäher durch Verzug ausgeschieden.
3. Die Beiträge der Dienstboten zun: Fonds haben im Berichts
jähre 1686 K nnmiger als im Vorjahre betragen (1910--- 18 420.'«,
1911 = 16 740 J(,).
4. Im Berichtsjahre sind 11804 Dienstboten gegen 11 796 in:
Jahre 1910 mft ihren Beiträgen in Rest geblieben. An Resten
gingen 1911 ----- 3022 M ein, mithin 500 weniger als in:
Vorjahre.
5. Den Inhabern der Annahmestellen für Beiträge zun: Fonds,
die 5 v. H. der verkauften Beitragsquittungeu als Tantieme erhalten,
sind im Berichtsjahre 680 M, also 83 Ji weniger als im Vor
jahre gezahlt worden. Diese Minderausgabe ist dadurch entstanden,
daß die Beiträge im Berichtsjahre um 1680 M zurückgeblieben sind.
6. Annahmestellen für Beiträge der Dienstboten zum Fonds
waren au: Anfange 133 gegen 136 am Ende des Berichtsjahres
vorhanden.
B. Bestand des Fonds.
1. Der Bestand des Fcnftrs in den letzten 5 Jahre:: (Kolonne 11
ergibt sich aus der weiter unten abgedruckten Tabelle A. Darnach
weist der Fonds am Schlüsse des Berichtsjahres einen Zugang
von 8923 Jt> auf, der daraus zurückzusiihrcn ist, daß sich die Wert
papiere infolge Erbganges und durch Ankauf eines verlosten Ersatz
stückes um 5800 M erhöhten. Dagegen ist durch Kursverlust ::nd
Verlosung ein Abgang von 1779 Jt eingetreten. Vom Werte des
Inventars sind 1155 M zur Abschreibung gelangt.