Nr. 1. Allgemeine Verwaltung ueS Magistrats.
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aus. Zu seinem Nachfolger wurde vom Königlichen Konsistorium der
Hilssprediger Pastor Loose in Treptow vom 15. September 1911 ab
bestimmt.
Am 1. Januar 1912 trat der erste Geistliche an der St. Georgen-
Kirche, Superintendent a. D. Wegencr, in den Ruhestand. Her
kömmlich rückt bei Erledigung der ersten Pfarrstelle der zweite Prediger
ohne weiteres in sie ein. Demzufolge genehmigte der Magistrat, daß der
bisherige zweite Pfarrer an St. Georgen, Zimmer, in die erste
Pfarrstelle aufrückte. Die Besetzung der Pfarrstellen an St. Georgen
hat auf Grund des Kurfürstlichen Reskripts vom 2. November 1700 zu
erfolgen. Hiernach hat der Magistrat im Einverständnis mit dem Propst
zu Berlin der Gemeinde drei Kandidaten zur Wahl vorzuschlagen; aus
den vorgeschlagenen Kandidaten ist dann von den Mitgliedern der
Gemeinde der Prediger zu wählen. Demgemäß wurden für die durch
Ausrücken des Pfarrers Zimmer in die erste Pfarrstelle frei gewordene
zweite Pfarrstelle im Einverständnis mit dem Probst zu Berlin die
Prediger Lic. Bittlinger, Gabbe und Lic. Prof. Dr. Schulze als
Wahlkandidaten in Vorschlag gebracht. Von ihnen wurde der bisherige
Pfarrer an der Adventskirche Die. Bittlinger zum zweiten Prediger
an St. Georgen gewählt. Nach Bestätigung der Wahl durch das
Königliche Konsistorium wurde er am 11. Februar 1911 unter Be
teiligung der städtischen Körperschaften feierlich in fein Amt eingeführt.
Am 19. Oktober 1911 starb unerwartet der dritte Prediger der Kirche,
Dahms. Im Einverständnis mit dem Propst zu Berlin wurden vom
Magistrat die Prediger Crüfemann, Falk und Lic. Schneemelchcr
der Gemeinde als Wahlkandidaten für die Stelle vorgeschlagen. Gewählt
wurde der Prediger ani städtischen Großen Friedrichswaisenhause in Rum
melsburg Lic. Schneemelcher. Eine Bestätigung der Wahl durch das
Königliche Konsistorium ist im Berichtsjahre nicht mehr erfolgt.
Mit patronatlicher Genehmigung konnten infolge des günstigen
Standes der Kirchenkasse zur Unterstützung bedürftiger Gemeinden und
kirchlicher Vereine im Berichtsjahre 26 770 M verausgabt werden.
Der bisherige Früh- und Hilfsprediger an der Jerusalems-und
Neuen Kirche. Th. Tevaranne wurde zum 1. Oktober 1911 als
Prediger in die vierte Pfarrstelle an der Trinitatisgemeinde in Char
lottenburg berufen und schied mit patronatlicher Genehmigung mit
diesen! Zeitpunkt aus seinem bisherigen Wirkungskreis. Auf Vorschlag
oer vereinigten Gemeindckirchenräte der Jerusalem- und Neuen Kirche
ist der Kandidat Eißfeldt für diese Stelle in Aussicht genommen.
Die Besetzung der Stelle ist jedoch im Berichtsjahre nicht mehr erfolgt.
Wie bereits inr letzten Jahresbericht erwähnt, war die dritte
Pfarrstelle an der Luijenstadt Kirchengemeinde zu besetzen. In
diese Stelle wurde vom Magistrat der Oberlehrer Pretzfch in Eisenach
gewühlt. Seiner Berufung versagte jedoch das Königliche Konsistorium
der Provinz Brandenburg die Bestätigung. In der darauf folgenden
Neuwahl wurde der zweite Pfarrer der Osterkirchengemeinde in Berlin,
Paul Lilienthal, zum dritten Prediger an der Luisenstadt Kirche
gewählt. Nach erfolgter Bestätigung wurde er ani 8. Oktober 1911
feierlich in sein neues Amt eingeführt.
Uni erholungsbedürftigen Kindern und Gemeindegliedcrn einen
billigen oder im Falle der Bedürftigkeit unentgeltlichen Landaufenthalt
zu schaffen, wurde in Groß Besten ein 10 Morgen großes am See ge
legenes Grundstück erworben und ein „Erholungsheim der evan
gelischen Luisenstadt Kirchengemeinde in Berlin" begründet.
Die Verausgabung der Kaufpreis- und Einrichtungskosten mit insge
samt 62 000 Ji wurde patronatlich genehmigt.
Der günstige Stand der Kirchenkasse gestattete ferner unterstützungs
bedürftigen Gemeinden mit Genehmigung des Patrons erhebliche Be
träge zuzuwenden. Zum Bau eines Gemeindesaales wurde der Tochter-
gemeinde St. Thomas in Berlin ein Beitrag von 2500 ,M gespendet.
_ Durch notariellen Vertrag vom 22. Juni/11. Juli 1911 verkaufte die
Luisenstadt Kirchengemeinde mit patronatlicher Genehmigung ihre in
Neukölln belegenen ungefähr 5432 Quadratruten großen unbebauten
Grundstücke zum Preise von 330 M für die Quadratrute. Der Erlös
wurde als unantastbarer Fonds der Gemeinde zwecks deren Sicher-
Nellung für die Zukunft festgelegt. Aus den Zinsen des Kaufgeldes
beschloß die Gemeinde die Mittel für einen Kirchbau in der abzu
zweigenden Gemeinde Epiphanien II am Lietzensee in Charlottenburg
im Gesamtbeträge von 200000 zur Verfügung zu stellen und zwar
dergestalt, daß jedes Jahr — beginnend mit dem 1. April 1912 —
20000 M gezahlt werden sollen. Zu diesem hochherzigen Beschluß der
Gemeinde erteilte der Magistrat unter dem 12. April 1912 seine Ge
nehmigung,
Der Wirkliche Oberkonsistorialrat und Propst von Berlin,
Gencralsuperintendent D. Faber, trat am 1. Oktober 1911
infolge feines leidenden Zustandes in den wohlverdienten Ruhestand.
Dieses Ereignis war nicht nur für die St. Nicolai-Gemeinde, deren
erster Pfarrer er war, sondern auch für das kirchliche Leben in Groß
Berlin von großer Bedeutung. Um den Lebensabend des scheidenden
Propstes sorgenfrei zu gestalten, wurde ihm ein lebenslänglicher Ehren-
lold von jährlich 3000 M zu seiner Pension bewilligt. Zu seinem Nach
folger als Propst von Berlin und Pfarrer an St. Nicolai und St. Marien
wurde von Seiner Majestät dem Könige der zum Generalsuperintendenten
ernannte Superintendent Haendler aus Potsdam ernannt. Am
3. Dezember 1911 fand durch Se. Exzellenz den Oberhofprediger
Dryander, unter großer Beteiligung der staatlichen und städtischen
Behörden die feierliche Amtseinführung des neuen Propstes statt.
Die für den Propst von der Stadt Berlin erfolgte Instandsetzung
seiner Wohnräume im Propsteigebäude, Propstslraße 7, erforderte
einen Kostenaufwand von 18 350.M.
Für das zweite Diakonat an St Nicolai, das, wie bereits
im letzten Jahresbericht erwähnt, mit dem Pfarramt an dem zu einer
selbstständigen Anstaltsparochie vereinigten Friedrich-Wilhelm-, Nikolaus-
Bürger-, Gesinde-Hospital und dem Weydinger-Stift verbunden worden
war, wurde auf Grund der Gastpredigten der bisherige zweite Geist
liche an der Lutherkirche in Berlin, Pfarrer Vehfe, gewählt. Nach
erfolgter Bestätigung durch das Königliche Konsistorium wurde er am
10. Dezember 1911 in das Amt eingeführt.
Die neue Friedhofskapelle der St. Petrigemeinde aus deni
Kirchhof in der Friedenstraße wurde am 17. Dezember 1911 eingeweiht.
Die Kosten des Baues betrugen gegen 100 000 M.
Wie bereits im letzten Jahresbericht erwähnt, halte der Magistrat
in seiner Klage gegen den Propst an St. Petri Prof. Dr. Kawerau
gegen das auf Abweisung der Klage erkennende Urteil des Land
gerichts I Berlin Berufung eingelegt. Ter bisherige Klageantrag:
Den Beklagten zu verurteilen, anzuerkennen, daß dem jeweiligen
Propst an St. Petri zu Berlin ein Widerspruchsrecht gegen die in
Ausübung des Patronatsrechtes vom Magistrat zu Berlin getroffenen
Wahlen für die Diakonatsstellen an St. Petri nicht zusteht, wurde in
der Berufungsinstanz dahin abgeändert: Den Beklagten zu verurteilen,
daß ihm in feiner Eigenschaft als Propst von St. Petri in
Berlin ein votum negativuni im Gegensatz zum votum oonsultativum
gegen die in Ausübung des Patronatsrechtes vom Magistrat zu Berlin
getroffenen Wahlen für die Diakonatsstellen an St. Petri nicht zusteht.
Diesen abgeänderten Klageantrag erkannte der Beklagte teilweise
an, fodaß Aussicht vorhanden ist, den Prozeß im Wege des Vergleichs
beizulegen. Die Vergleichsverhandlungen sind jedoch im Berichtsjahre
noch nicht zum Abschluß gelangt.
Das Fehlen eines größeren Raumes für größere kirchliche Ver
sammlungen hatte sich schon feit langer Zeit in der St. Thomas
gemeinde bemerkbar gemacht. Ter Patron genehmigte daher den
Ban eines Saales auf dem Hofe des Gemeindehauses mit einem
Kostenaufwande von 20 000 M. Wie bereits erwähnt, hatte die
Luisenstadt Kirchengemeinde hierzu eineu Beitrag von 2600 ,ii ge
spendet. Noch am Schluffe des Berichtsjahres wurden die Räume
feierlich eingeweiht.
Die Zahl der in Berlin im Jahre 1911 Verstorbenen und
Totgeborenen belief sich auf 33 966. Bon diesen sind in den
Leichenhallen bis zur Beerdigung 30 381 Leichen also rund 89,s v. H.
untergebracht worden; während im Jahre 1910 nur 88,s v. H. und
1909 nur 88 v. H. der Verstorbenen von den Leichenhallen aus be
erdigt wurden.
1.
Die Zahl der bei den 20 Standesämtern vorgekommenen Amts
handlungen hat sich gegenüber dem Vorjahre um 4 ,593 (!,«) vermehrt
und zwar infolge Zunahme der Zahl der Eheschließungen um 646
(2,93), der Aufgebote um 572 (2,so), der Sterbefällc um 1 816 (5,«s)
sowie der gebührenpflichtigen Urkunden um 3091 (3,so), der Legitimationen
UM 37 (1,53).
Art
der Amtshandlung
1909
Jahr
1910
1911
1911 gegen 1910
weniger—j
r i i v. H.
mehr-s- ^ ^
Geburten ....
46 073
44 261
43 091
—1 170
— 2,64
Aufgebote ....
22 125
22 866
23 437
+ 572
+ 2,50
Eheschließungen .
21 200
22 016
22 662
+ 646
+ 2,93
Sterbcfälle . . .
33 633
31 984
33 800
+1 816
-j- 9,68
BesondereUrkunden
über Anerkennung
der Vaterschaft .
—
1
—
— 1
—100,oo
Legitimationen. .
2 266
2 419
2 456
+ 37
+ 1,53
Berichtigungen . .
1 129.
1 211
1 202
— 9
0,74
Urkunden:
gebührenpflichtige
79 366
79 354
82 445
+3 091
+ 3,90
gebührenfreie . .
78 833
76 613
76 224
— 389
0,51
284 624
280 724
285 317
+4 593
1 1,«t
Bei der Verteilung der Geburten auf die einzelnen Standes
ämter weist das Standesamt Xlllb die größte Zahl auf: es folgen:
XII», Xb. VIIb, XIIb, XIII», VIII, VIIc, IX, IVb. XI, Xe, Xa,
Vb, VII», V», IV», III, VI, I/II. Bei den Eheschließungen steht au
erster Stelle das Standesamt XII b; hieran reihen sich: XI, VII b, XIII b,
VIIc, VIII, Xb, XIII», VI, X», VII», V», IV», Vb, Xc, I/II, III,
IV b, XII», IX.