Verwaltungsbericht
des
Magistrats zu Berlin
für
das Ltatsjahr Vll.
1» io.
Wericht über die städtische Wlindenpst'ege.
I. Tie Blindenschule.
1. Das Lehrpersonal.
An der Blindenschule unterrichteten:
der Direktor wöchentlich 12 Stunden,
ein ordentlicher Lehrer - 24
- - - -- 24
eine ordentliche Lehrerin - 22
- - ° 24
eine mit der Verwaltung des Kinder
gartens «Vorschule» beauftragte
Volksschullehrerin - 20 -
eine technische Lehrerin - 10 -
ein Musiklehrer - 20
Der Gesundheitszustand der Lehrenden war ein guter, bis auf
das Befinden des schwerkranken Direktors, der vom 26. Mai ab
beurlaubt werden mußte und am 0. Februar 1912 seinen Leiden
erlag. Ter Direktor wurde wahrend seines Urlaubs durch den Lehrer
M a a ß vertreten. Lehrer M a a ß übernahm auch nach dem Ab
leben des Direktors die Leitung der Schule vertretungsweise und
wurde infolgedessen in seiner Stundenzahl entlastet. Zur Erteilung
der Stunden wurde eine Lehrerin und Hospitaittin ans der könig
lichen Blindenanstalt in Steglitz angenommen. Sie konnte die Ver
tretung aber nur bis zum 7. Juli, dem Beginn der Sommerserien,
übernehmen. Aus Mangel an einer geeigneten Vertretung mußten
die Klassen bis Oktober kombiniert werden. Alsdann wurde die Ver
tretung dem vom 10. Oktober 1911 ab in städtische Gemeindeschul
dienste übernommenen Blindenlehrer Bosdors übertragen.
2. Frequenz.
Die Zahl der bisherigen fünf aufsteigenden Klassen war die
selbe. Im Laufe des Jahres wurden 13 blinde Rinder (8 Knaben,
5 Mädchen) in die schule aufgenommen. Entlassen wurden am
Schlüsse des Schuljahres 8 Kinder (4 Knaben, 4 Mädchen), von
denen 3 Knaben und 2 Mädchen in die Fortbildungsschule bzw. Be
sehäftigungsanstalt übertraten.
Am 15. Mai 1911 wurde der Kindergarten (Vorschule) einge
richtet, tvelchcr einem seit langer Zeit schwer empfundenen Mangel
abhalf.
Die Frequenz der einzelnen Klassen und des Kindergartens
(Vorschule) war folgende:
Klasse
Sommerhalbjahr
Winterhalbjahr
Knaben
Mädchen
Knaben
Mädchen
I.
5
3
4
3
II.
9
4
9
4
III.
7
5
7
6
IV.
3
10
4
10
V.
8
2
10
3
Kindergarten \
0
4
9
5
(Vorschule) f
38
28
43
31
66
74
3. Unterricht. Lehrmittel. Schnlzucht.
Die bisherige Zeit des Unterrichts blieb bestehen. Der Unter
richt wurde abgehalten im Sommerhalbjahr täglich von 8 12 und
im Winterhalbjahr von 9—1 Uhr, bis aus den Musikunterricht,
welcher an den Nachmittagen stattfand.
Die Verteilung der wöchentlich 24 Lehrstunden auf die ein
zelnen Unterrichtsgegenstände nach Maßgabe des dem Unterricht zu
grunde gelegten Lehrplans war folgende:
Nr.
Unterrichtsgegenstände
V
I
wöchentliche Stundenzahl
in Klasse
TT i TTT j T T7 1 TJ I ÄlllbCtflÖltCH
11 111 ji v | V | (Vorschule)
1
Religion inklusive Konfirmauden-
unterricht
2
2
3
4
4
2
2
Lesen und Teutsch
4
5
4
6
6
5
3
Schreiben der L>eboldschrift , . .
1
1
—
—
—
—
4
Anschauungsunterricht
—
—
2
2
2
3
5
Rechnen
3
3
4
4
4
3
6
Raumlehre und Zeichnen . . .
2
2
1
—
—
—
7
Naturkunde
2
1
—
—
—
—
8
Heimatkunde
—
—
2
2
—
—
9
Erdkunde
2
2
—
—
—
—
10
Geschichte
2
2
—
—
—
—
11
Turnen
2
2
2
2
o
3
12
Modellieren und Flechten . . .
2
2
4
2
4
2
13
Gesang
2
2
2
2
2
4
14
Bauen
—
—
—
—
2
zusammen
24
24) 24
24
24
24
Kombinationen:
zu Nr. 11 Turnen: die Knaben der Klassen I—III,
zu Nr. 12 Modellieren und Flechten: die Knaben der Klassen I—III,
Stricken: Mädchen der Klassen I—III,
zu Nr. 13 Gesang: die Klassen I—III.
Der Musikunterricht (wöchentlich 20 Stunden), welck>cr sich ans
Klavierunterricht erstreckte, und an welchem 10 Schüler und Schüle
rinnen teilnahmen, wurde außerhalb des Schulunterrichts in den
Nachniittagsstunden erteilt. Tie Angehörigen der Kinder sorgten
sür deren Zuführung zum Unterricht.
Der Konfirmandenunterricht wurde, nachdem Herr Pfarrer
P f u n d h e l l e r in den Ruhestand getreten war, von dem Pfarrer
der Jakobikirche, Herrn De. Ha chmeister, übernommen. Es
nahmen am Konsirmandenunlerricht 9 Schüler und Schülerinnen
teil. Sie wurden zu Ostern gemeinsam mit den Waisenmädchen,
ihren täglichen Führerinnen, eingesegnet. Auch in diesem Jahre
erhielten sie als Mitgäbe aus ihren ferneren Lebensweg ein Kirchen
liederbuch in Blindenschrift vom Königlichen Provinzialsckmlkollcginm.
Versetzungen fanden einmal im Jahre, und zwar zu Ostern, statt.
Ter Lehrmittelapparat wurde nach Maßgabe der im Etat hier
für ausgeworfenen Mittel weiter ergänzt und in gutem Zustande
erhalten.
Der Schule wurden im Sommer zweimal wöchentlich blühende
Pflanzen aus dem städtischen Schulgarten geliefert. Dieselben fanden
im Botaniknnterricht der oberen Klassen und im „Anschauung-?
unterricht" der unteren Klassen gute Verwendung.
Die Schülerbibliothek wurde im Laufe des Jahres um ca. 120
Bände bereichert. Dieselben wurden von Herren und Damen in und
außerhalb Berlins handschriftlich übertragen und kostenlos zur Ver
fügung gestellt. Tic Anstalt lieferte das Papier und besorgte den
Einband.